Der „atmosphärische Eindruck“ ist positiv
Mozartfest 2010 steuert auf die Halbzeit zu
Eine Zwischenbilanz sei noch nicht möglich, sagt Thomas Weitzel, Leiter des Kulturamtes und künstlerischer Leiter des Mozartfestivals. Es ist schließlich noch nicht mal Halbzeit – für Zahlen über Kartenverkauf und Publikumszuspruch ist es zu früh, nächste Woche wird man mehr wissen.
Sein „atmosphärischer Eindruck“ allerdings sei positiv, betonte Weitzel. Der Kooperationspartner Bayerischer Rundfunk sei hoch zufrieden mit den Mitschnitten des Eröffnungskonzerts im Goldenen Saal und des Konzerts in Evangelisch Heilig Kreuz mit den Domsingknaben. Das Eröffnungskonzert hatte am Freitag stattgefunden, für besondere Aufregung hatte dabei gesorgt, dass der eigentlich vorgesehene Dirigent Marco Armiliato wegen Erkrankung sehr kurzfristig absagen musste – eingesprungen war Jonathan Stockhammer. Der 40-Jährige gilt unter anderem als Experte für Neue Musik, und so wurde im Goldenen Saal auch die Uraufführung der „Sinfonia Terza für Orchester“ mit Spannung erwartet, die der 1956 geborene Komponist Alessandro Solbiati im Auftrag des Mozartfestes geschrieben hatte.

Venezianische Mehrchörigkeit im modernen Gewand: Komponist Alessandro Solbiati (Foto: Cristina Moregola)
Doch zunächst begann der Abend vor viel Augsburger Prominenz im gut gefüllten Goldenen Saal mit Mozarts früher Sinfonie D-Dur KV 95, gefolgt von Auszügen aus seiner Oper „Mitridate, Re di Ponto“ – hier ernteten vor allem Sopranistin Simone Kermes und Tenor Bernard Richter heftigen Applaus. Nach der Pause dann das Wagnis des Abends, Solbiatis neutönende Sinfonie. Er habe Sorge gehabt, man werde von ihm „die Verwendung gewisser historischer Zitate“ verlangen, sagt der Komponist, stattdessen habe ihn Kulturamtsleiter Weitzel mit touristischem Infomaterial eingedeckt. So ließ sich Solbiati schließlich von der architektonischen Struktur des Goldenen Saales (die auf den venezianischen Palazzo Ducale zurückgeht) inspirieren. Ergebnis dieser und vieler anderer Überlegungen war eine einsätzige Sinfonie, die „durch die Aufteilung des Raumes eine gewissen Duplizität“ erhalten habe – klassische Sinfonie und venezianische Mehrchörigkeit also in neuem, ganz neuem Gewand und ohne direkten Bezug auf Mozart. Beim Publikum kam das sehr gut an – wenn man von einem jener Null-Toleranz-Pöbler absieht, die nicht nur Neuer Musik ablehnend gegenüberstehen (was jedem erlaubt ist), sondern über die Tatsache, dass es so etwas gibt, derart in Wut geraten, dass sie sich fäkalsprachlich Luft machen müssen (was wohl eher Mitleid als Kritik verdient). Kontraproduktiv aus der Sicht des Schreiers war seine Aktion ohnehin: Der lang anhaltende Applaus schien auch angespornt durch die engstirnige Maulerei und als Replik auf diese gedacht. Ganz und gar mozartlich verlief dann der Rest des Programms – mit der Sinfonie D-Dur KV 84 und einer weiteren Sopranarie ging das Eröffnungskonzert zu Ende – während das Mozartfestival immer noch „mittendrin“ ist. Man darf sich beispielsweise noch auf die Premiere von „I hate Mozart“ am Freitagabend im Großen Haus freuen (19.30 Uhr). Kevin John Edusei dirigiert das Musiktheater in zwei Aufzügen von Bernhard Lang, das „eigentlich“ eine Liebeserklärung an Mozart ist – und wiederum nichts für Puristen. Langs Stilmittel reichen von HipHop und Minimal-Music bis zum Einsatz von Elektronik, auf der Bühne sollen sich Neue Musik und Boulevardtheater mischen. Wem das zu aufregend ist, der kann ins Schaezlerpalais ausweichen, wo am selben Abend (20 Uhr) Streichquartette von Mozart, Boccherini, Vacchi und Cherubini auf dem Programm stehen.
Viele weitere Programmpunkte, die Aufführungsorte und -zeiten der kostenlosen Mittagskonzerte, Vortragsthemen und vieles mehr findet man im Internet: » www.mozartstadt.de