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Mittwoch, 12.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Erinnerungsarbeit

„Im Gedenken der Kinder“ – Ausstellung zu den Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit

Eine Wanderausstellung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) e.V. in der Augsburger St.-Anna-Kirche erinnert an die nationalsozialistischen Verbrechen an Kindern mit Behinderung. Begleitend zeigt eine Kino-Matinee im Thalia die Lebensgeschichte von Ernst Lossa, der im Alter von 14 Jahren von nationalsozialistischen Medizinern ermordet wurde.

Vor etwa achtzig Jahren begannen die systematischen Tötungen von Menschen mit Behinderung. Mehr als 5.000 Kinder und Jugendliche wurden allein in den sogenannten „Kinderfachabteilungen“ nationalsozialistischer Krankenhäuser gequält und ermordet. Sie wurden für medizinische Experimente missbraucht und ihre Organe nach dem Tod für Forschungszwecke verwendet.

Die Ausstellung „Im Gedenken der Kinder“ in der Augsburger Annakirche zeigt, welches Ziel die Ärztinnen und Ärzten bei der Tötung ihrer Patienten entsprechend der nationalisozialistischen Rassenideologie verfolgten. Sie sollten und wollten die Gesellschaft von sogenannten „Ballastexistenzen“ reinigen. Diese Medizinverbrechen geschahen im Alltag, mitten in Deutschland. Die Täter waren keine braunen Totschläger von der Straße, sondern den weißen Kittel tragende Ärztinnen und Ärzte, die in Krankenhäusern und wissenschaftlichen Einrichtungen tätig waren und entsprechend hohes Ansehen und Vertrauen genossen.

Ausstellung "Im Gedenken der Kinder" - Bildquelle: AusstellungsflyerDie Ausrichter der Ausstellung wollen zeigen, wohin ein Regime wie das des Nationalsozialismus führt. Zur brutalen Gewalt gegen all jene, „die nicht in das Raster einer rassistischen, elitären und gewaltbereiten politischen Ausrichtung passen.“ Ein Teil der Ausstellung behandelt die Rolle und die Beteiligung örtlicher Institutionen bei der Durchführung der Verbrechen und widmet sich dem Schicksal von Augsburger Opfern – wie das des Ernst Lossa (1929-1944), der im Alter von 14 Jahren in der „Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren“ ermordet wurde (siehe unten).

Kindermorde unter Berufung auf Martin Luther
Die unmittelbare Nähe der Ausstellung zum Museum „Luther-Stiege“ (am selben Ort in der Annakirche) könnte Gelegenheit sein zur Aufklärung über die eliminatorische Gedankenwelt Martin Luthers. Der Reformator bezeichnete Kinder mit Behinderung als „Stück Fleisch ohne Seele“, „vom Teufel vertauschte Wechselbälger“ und „wahre Teufel“, die man nicht am Leben lassen solle. Im Jahr 1532 wollte er ein zwölf Jahre altes behindertes Kind eigenhändig in der Mulde ertränken, wogegen die Fürsten zu Anhalt und Sachsen widersprachen. Wie bei den gegen die Juden gerichteten Novemberpogromen 1938 beriefen sich einige der Hauptverantwortlichen für die nationalsozialistischen Kindermorde direkt auf Martin Luther.

Die Ausstellung ist noch bis zum 28. Februar zu sehen. (Text: Flyer/ BS)


„Im Gedenken der Kinder – Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit“
Ausstellung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) e.V. unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeisterin Eva Weber

Kreuzgang der St. Anna-Kirche

Im Annahof 4
86150 Augsburg

Öffnungszeiten:
Mo: 12:00 – 17:00 Uhr, Di – Sa: 10:00 – 17:00 Uhr, So: 10:00 – 12:30 u. 14:00 – 16:00 Uhr

Der Eintritt ist frei.

Weiterführende Informationen:
https://www.im-gedenken-der-kinder.de/


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Ernst Lossa – Vor 80 Jahren von den Nationalsozialisten ermordet, 09.08.2024