Ein Hauch von Adele beim 47. Ballmertshofer Filmfest
Was die bayerische Landeshauptstadt auch am letzten der zehn Adele-Auftritte in München nicht schaffen wird, das lief im 400-Seelenort Ballmertshofen wie von selbst: Schon am zweiten Festivaltag zählte man bei diesem kulturellen Highlight des Härtsfelds mehr Besucher als Einwohner, die das 47. Ballmertshofer Filmfest zum Place to Be machten.
Von Udo Legner
Auch in Sachen Nachhaltigkeit und Preisgestaltung hatte die Musterländle Teilgemeinde die Nase vorn. Kostete das Gros der Tickets für die Adele-Konzerte in der bayerischen Landeshauptstadt zwischen 220 und 1200 Euro, mussten die Kino- und Konzertbesucher in Ballmertshofen lediglich fünf Euro pro Vorstellung berappen, wobei die Filme im Scheunenkino für die Kinder sogar gratis waren.
Die Mischung macht’s
Freilich sollte man der Besucherschar zugute halten, dass sie sich nicht (nur) wegen dieser Schnäppchenpreise auf den Weg auf die Schwäbische Alb macht. Vielmehr dürfte es an dem speziellen Mix aus Film- und Rahmenprogramm und dem ländlichen Charme des Festivals liegen. So war die Scheune beim Oberbauern nicht nur die Spielstätte für die drei Kinderfilme, sondern auch die Location für das Konzert beim Filmfest, das von der Allgäuer String Bean Party bestritten wurde.
Auch am Sonntag Vormittag sorgten Film- und Rahmenprogramm gleichermaßen für frühen Festival Flair. Während oben, im Kinosaal des ehemaligen Schulgebäudes, als Matinee der Film „Joan Baez, I Am a Noise“ lief, spielte unten die Brass Band „Moscht Mega“ beim Weisswurstfrühstück auf und sorgte für die richtigen Filmfest Vibrations.
Nicht nur der Joan Baez-Film, sondern auch der anschließende Bob Dylan-Vortrag „Nobody Sings Dylan Like Dylan“ mit dem Dylanologen aus der Oberpfalz im Zusammenspiel mit dem Heidenheimer Lokalmatador, dem Sänger und Guitaristen des You ‘n’ Me Duos, waren erste Liga und boten dem Filmfestpublikum deutlich mehr Dylan-Songs als dies Adele in München tat.
Zukunftsmusik
Bezüglich der Besucherzahlen muss der vierzigköpfigen Filmfestk(r)uh bestimmt nicht bange sein. Lokale und überregionale Berichterstattung und nicht zuletzt die beiden Filmfest-Websites – www.filmfestkuh.de und www.filmfestkruh.de – mit dem Link zum Filmfest-Spreadshirt-Shop sorgen dafür, dass das Filmfest Ballmertshofen auch noch nach der Verleihung des Bürgerpreises in der Rubrik Lebenswerk – die DAZ berichtete – noch ein Nachleben hat.
Bei Bob Dylan sollte man nie nie sagen
Damit sich auch die Jugendträume der Festivalbegründer erfüllen – bei seiner ersten Deutschlandtournee im Jahr 1978 begrüßte die Festivalcrew Bob Dylan mit einem Banner auf dem Nürnberger Zeppelinfeld und lud ihn ein zum Filmfest – will ein kleines neugegründetes Team alles daran setzen, das Unmögliche möglich zu machen und den Song- and Danceman aus Minnesota auf die Ostalb locken. Was dabei helfen könnte: eine Gedenkschrift zu Bob Dylans nächstem Geburtstag, ein Dokufilm zum 50. Filmfest-Jubiläum, Kontakte zu Wolfgang Niedecken …
Um die Finanzierung hierfür zu sichern und um die Preisgestaltung des Filmfests auch in Zukunft familienfreundlich zu gestalten, ist daran gedacht, sich erstmals um öffentliche Förderung zu bemühen. Das Leaderprogramm zur Förderung von Wirtschaft und Kultur im ländlichen Raum könnte in Frage kommen und erste Vorgespräche mit Ortsvorsteher und langjährigen regionalen Kooperationspartnern – Familienbrauerei HALD, Gasthof Hirsch, Filzsattel Firma, Reifen Zeyer, Bäckerei und Metzgerei Dischingen, etc. – verliefen vielversprechend. Auch eine entsprechende Förderung dürfte an dem fast Alleinstellungsmerkmal des Ballmertshofer Filmfests wenig ändern, von dem Independence Day-Regisseur Roland Emmerich sagte:
„Es gibt nur zwei richtige unabhängige Filmfestivals auf der Welt und eines davon findet in Ballmertshofen statt.“
Das Filmfest aus der Sicht zweier Zweitligisten
Das Schlusswort gehört Filmfestbesuchern aus Paderborn, für die das 47. Ballmertshofer Filmfest eine Premiere war:
“Inspiriert vom Chrismon-Artikel in 2020 über die Filmfestkuh hatten wir uns einen Besuch schon im gleichen Sommer vorgenommen … aber Corona kam dazwischen. In diesem Jahr zum 47. Filmfest hat es dann endlich geklappt.
Atmosphärisch wie im Chrismon-Artikel beschrieben – ganz unkompliziert, kommt einfach vorbei, ohne Voranmeldung – für jeden ist Platz auf den Kuhwiesen mit Toilettenwagen und Schlauchdusche, für Groß und Klein, Alt und Jung, zum Teil schon von Geburt an dabei … ein entspanntes, lockeres und offenes Miteinander, sodass wir sofort auch mit den “alten Hasen” ins Gespräch kamen.
Hier einige Auszüge aus dem vielfältigen Programm:
- Filme lokaler Filmemacher, mit denen man bereits beim gemeinsamen Abendessen am Biertisch in Kontakt kam,
- Arthouse Filme,
- Kinderfilme,
- eine große Wiese für Spike Ball, Volleyball, Fußball oder einfach nur zum Toben,
- Livemusik,
- dazwischen alle möglichen Wettbewerbe – unter anderem Kickern, Backgammon,
- Lagerfeuer,
- Bob Dylan.”
“Das Filmfest hat sich seine Ursprünglichkeit bewahrt: keine professionelle Vermarktung des Catering, vor Ort gekochtes Mittagessen, Grillwürstchen, gespendete Kuchen, zivile Preise, kein Merchandising, kein Wettbewerb um die besten Filme. Es ist bodenständig geblieben. Alle packen mit an, ob Küchen- oder Theken- oder Toilettendienst. Man verbringt gemeinsam eine gute Zeit miteinander. Wir werden wiederkommen!“