DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Freitag, 18.07.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Paris im Corona-Modus – Die Chronik einer Krise

Seit den Faschingsferien war es mir nicht mehr möglich zu meiner Lebensgefährtin nach Paris zu fahren. Erst durch ein offizielles Dokument öffnete sich die Grenze nach Frankreich, in dem bestätigt wurde, dass ich meinen Aufenthalt zu Recherchen und einer DAZ-Reportage über Paris in der Corona-Krise nutzen würde.

Von Udo Legner

Der Ausbruch der Corona-Krise in der Region Grand Est

Bekanntlich war nicht Paris, sondern das Elsass der Ausgangspunkt der Coronavirus-Krise in Frankreich. An einer Großveranstaltung der evangelischen Kirche vom 17. – 24. Februar in Mulhouse mit der  ominösen Bezeichnung «Les portes ouvertes chrétiennes“ nahmen mehr als 2500 Gläubige aus allen Landesteilen teil und sorgten dafür, dass sich das Virus in ganz Frankreich und einigen Nachbarländern ausbreitete. Insbesondere im Elsass waren die Folgen verheerend. Da die Kliniken mit der großen Zahl der Corona-Infizierten hoffnungslos überlastet waren, kam es zum Worst Case Szenario, der „Triage“, was wörtlich übersetzt „Sichtung“ und „Auswahl“ bedeutet und ursprünglich aus der Militärmedizin stammt.

An der Straßburger Klinik wie auch in Pflegeheimen in der Region Grand Est wurden nach dem Ausbruch des Coronavirus diejenigen Patienten, die älter als 80 Jahre waren, nicht mehr beatmet. Stattdessen erhielten sie durch den Rettungsdienst eine schnelle Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln. Bilanz der Triage bis Ende März im Epizentrum der Coronavirus-Krise in Frankreich: 5000 Corona-Virus Fälle, was auf ganz Frankreich bezogen fast 20 Prozent bedeutete (29.155 Fälle), wobei das Verhältnis der Todesfälle sogar noch krasser war (500 Corona-Opfer in der Region Grand Est gegenüber 1500 in Frankreich).

Das Confinement: Der Krieg gegen den Corona-Virus

„Wir sind im Krieg“, hatte Präsident Emmanuel Macron am 16. März erklärt, als er in einer dramatischen TV-Ansprache eine zunächst zweiwöchige Ausgangssperre verhängte. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, durften die Bürger ihre Wohnungen nicht mehr verlassen, es sei denn sie hatten zwingende Gründe (Gang zur Arbeit, Einkauf, Arztbesuch, Gassi-Gang mit dem Hund und kurze sportliche Betätigung beschränkt auf die unmittelbare Umgebung der Wohnung). Verstöße gegen diese Maßnahmen wurden mit drastischen Bußgeldern geahndet.

Corona-Plakate in Paris

Grossplakate verweisen auf die Corona-Regeln (Fotos: Udo Legner)

Trotz dieser fast zweimonatigen Kasernierung, in der ein Verlassen der Wohnung nur mit Passierschein gestattet war, hat die Pandemie bis zu diesem Zeitpunkt fast 30.000 Menschen im Land das Leben gekostet, fast vier mal so viele wie in Deutschland. Während in andere Regionen in Frankreichs bald wieder das Deconfinement Einzug hielt, die Auflockerung der strengen Einschränkungen und die langsame Rückkehr zum Alltagsleben, zählte Paris weiterhin zur roten Zone, in der die Beschränkungen nur langsam gelockert, als sie zur „Zone Orange“ wurde.

Paris s’éveille: Paris erwacht

Als mein TGV am Gare de L‘Est einfuhr, wunderte ich mich erst einmal, dass es am Bahnhof wie  im Zug keinerlei Kontrolle gab. Auch auf dem Weg vom Gare de‘Est nach Belleville, der am Canal Saint Martin entlangführte, überwog der Eindruck, dass sich Paris kaum verändert hatte. Lebensfreude, Liberalität  und das soziale Leben pulsierten wie eh und je – ganz wie in dem Chanson „Paris s’éveille“ von Jacques Dutronc. Zwar trug ein Drittel der Passanten Gesichtsmasken, aber an den Ufern des Kanals tummelten sich die jungen Leute, als hätte es den Coronavirus nie gegeben. Die Terrassen der umliegenden Cafés waren bis auf den letzten Platz gefüllt und erst auf den zweiten Blick dämmerte mir, dass dies auch an der noch verbotenen Innenbewirtung lag. Die Kinoposters ließen erkennen, dass die Zeit irgendwie stehen geblieben war.

Auch im  Pariser Straßenbild war die Corona-Krise noch allgegenwärtig und beim Joggen fiel mir auf, dass viele Gruppen die Parks jetzt als Fitness Studio nutzten.

Corona-Regeln für Läufer, Radfahrer und Fußgänger (Foto: Udo Legner)

Fitnessgruppe im Buttes Chaumont, dem ältesten Park von Paris (Foto: Udo Legner)

Meine Recherchen zu den Auswirkungen der Krise beschränkten sich zunächst auf meinen Freundeskreis. Zum Thema Schule erfuhr ich, dass die Grundschüler als erste wieder Präsenzunterricht hatten. Da Paris zur roten Zone zählte, kehrten sie in der Landeshauptstadt allerdings erst Wochen später als in anderen Regionen Frankreichs an die Schule zurück. In den Collèges (bis 14 Jahre) mussten nur einzelne Jahrgangsstufen antreten und im Gegensatz zu Deutschland war der Schulbesuch nicht verpflichtend. Dies führte paradoxerweise dazu, dass die Lehrkräfte, die sich wie meine Lebensgefährtin auf ein Wiedersehen mit ihren Schülern und Schülerinnen gefreut hatten – nur im Glücksfall ihre eigenen Schüler wiedersahen bzw. unterrichteten. In den Lycées fand bis heute kein Präsenzunterricht statt und selbst das BAC, das französische Abitur wurde dort ausgesetzt. Das Gleiche gilt für die Universitäten, wobei hier allerdings im Unterschied zu den Lycées Prüfungen abgenommen wurden. Die Ankündigung des Bildungsministers, dass es an den Unis auch im nächsten Semester keine Rückkehr zum Präsenzunterricht geben wird, stieß auf Kritik. Daniel Cohen, Wirtschaftsexperte und Direktor der renommierten ENS sowie Prof. Dr. John Dean,  ehemaliger Dozent an der Universität Paris-Versailles – in Augsburg durch zahlreiche Lehrer-Fortbildungen bekannt – sind sich darin einig, dass der Präsenzunterricht auch durch ausgefeilteste Fernunterrichts-Konzepte nicht zu ersetzen sein wird. Sie befürchten vielmehr, dass der Hype um die Digitalisierung zu Einsparungen im Bildungsbereich führen könnte.

Egalité und Liberté

Noch gravierender als auf den Bildungsbereich dürfte sich die Corona-Krise auf die Gastronomie sowie den Kleinhandel auswirken. Fast ein Drittel der Pariser Cafés und Restaurants, so die Einschätzung der Tageszeitung Le Parisien, dürften die Krise nicht überleben. Dieses Schicksal droht auch auch zahlreichen  Boutiquen Gemüsehändlern, Kramläden und Buchhandlungen, die von Konkurrenz im Internet eh schon gebeutelt sind und kaum über finanzielle Reserven verfügen. Dass für die Pariser der Begriff Liberté alles andere ein Papiertiger ist, wurde bei mehreren Kundgebungen gegen Rassismus und Polizeigewalt deutlich, an denen nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners Floyd George in Minneapolis Tausende auf die Straßen gingen. Aufgerufen zu dem Protest hatte die Schwester des 2016 bei einer Festnahme gestorbenen Adama Traoré. Bei diesen Aktionen hielt sich so gut wie niemand an die Corona-Abstandsregeln und nur eine Minderheit trug Corona-Schutzmasken.

Street Art gegen Rassismus und Polizeigewalt (Foto: Udo Legner)

Macron setzt auf Erholung der Wirtschaft

In seiner gestrigen Fernsehansprache an die Nation drückte Frankreichs Staatspräsident Macron beim Lockern der Coronavirus bedingten Beschränkungen aufs Tempo. Seit dem heutigen Montag können Restaurants und Cafés im Großraum Paris wieder komplett öffnen. Das Wichtigste sei nun die Erholung und der Wiederaufbau der Wirtschaft und es ginge darum, Entlassungen so weit wie möglich zu vermeiden. Finanzieren werde Frankreich diesen Wiederaufbau ohne neue Steuern. Er werde an der bisherigen Politik festhalten, sagte Macron und kündigte für Mitte Juli ein konkretes Programm für die kommenden Jahre an.

gesamten Beitrag lesen »



FCA nach Niederlechners Bogenlampe im Fußballhimmel

Florian Niederlechners 12. Saisontor nach bereits 43 Sekunden setzte der Talfahrt des FCA am 31. Spieltag der Fußballbundesliga ein glückliches Ende. In einem kampfbetonten Kellerduell verteidigte der FCA die frühe Führung beim FSV Mainz 05 bis zum Schlusspfiff und hat somit mit dem Abstieg nur noch theoretisch etwas zu tun.  Von Udo Legner Im Vergleich […]

gesamten Beitrag lesen »



ANA: AVV soll Mitnahmemöglichkeit wieder einführen

Die angekündigte Tariferhöhung im AVV wird nach Einschätzung der ANA nicht aufzuhalten sein, obwohl sie besonders die Fahrgäste trifft, die trotz Corona weiter den ÖPNV nutzen und damit den Straßenverkehr entlasten. Die gleichzeitig zur Tariferhöhung angekündigte Senkung der Umsatzsteuer von 7 auf 5 Prozent führt nach Auffassung der ANA für ein halbes Jahr zu einer […]

gesamten Beitrag lesen »



Einen schlechteren Zeitpunkt für eine Fahrpreiserhöhung gibt es nicht

Der Augsburger ÖPNV kommt aus den schlechten Schlagzeilen nicht heraus. Auch wenn sie längst angekündigt war, kommt die neue Tariferhöhung zur Unzeit. Nun entsteht starker Gegenwind aus dem Stadtrat. Während es bei den Grünen knirscht, bestehen die großen Oppositionsfraktionen auf einen Verzicht. Die FDP wendet sich gegen die angekündigte Fahrpreiserhöhung beim Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund […]

gesamten Beitrag lesen »



Absage Kulturausschuss: Hohn und Spott für neue Stadtregierung

Die Absage der Kulturausschusssitzung am 15. Juni 2020 hat nicht nur zu bissigen Kommentaren und Pressemitteilungen der Stadtratsopposition geführt, sondern auch Hohn und Spott seitens der Kulturschaffenden erzeugt, die sich sarkastisch äußern und zu einer „Themenspendensammlung“ aufrufen. Außerdem haben sich drei Kunst- und Kulturschaffende in einen ernstgemeinten Ironiemodus begeben, indem sie zu einer „alternativen Kulturausschusssitzung“ […]

gesamten Beitrag lesen »



FCA schrammt gegen Köln knapp an der Katastrophe vorbei

Wie in der Hinrunde endete die Begegnung zwischen dem FCA und dem Tabellennachbarn aus Köln 1:1 unentschieden. In einem Spiel mit zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten und einem dramatischen Finale geriet der FCA in der Schlussphase in Rückstand (85. Min.), bevor Linksverteidiger Max mit seinem achten Saisontor (88. Min.) noch der Ausgleich gelang. Von Udo Legner […]

gesamten Beitrag lesen »



Kommentar zur neuen Stadtregierung: Was können wir hoffen, was müssen wir fürchten?

Nach grauen Jahren ohne Stadtregierung hat sich die politische Kaste im Sinne der Demokratie neu formiert, so die Hoffnung, da nach der Kommunalwahl 2020 die CSU und die Grünen ein „OB-Syndikat“ aufgelöst haben, indem sie die SPD aus ihrem Hinterzimmer-Bündnis herauslösten und in die Opposition verwiesen. Kommentar von Siegfried Zagler „Graue Jahre ohne Stadtregierung“ muss […]

gesamten Beitrag lesen »



SPD/DIE LINKE – die soziale fraktion: Absetzung Kulturausschuss ist für die Kultur ein Schlag ins Gesicht

Über das Ratsinformationssystem der Stadt Augsburg wurden die Öffentlichkeit und die Fraktionen des Stadtrates informiert, dass der für den 15. Juni 2020 angesetzte Kulturausschuss des Augsburger Stadtrats mangels Themen abgesetzt wurde. Christine Wilholm, Stadträtin und kulturpolitische Sprecherin der SPD/DIE LINKE-die soziale fraktion, sieht darin ein unbegreifliches Versäumnis: „Gerade jetzt, wo unsere Kulturschaffenden von Staatstheater, über […]

gesamten Beitrag lesen »



Gastkommentar zur Kulturpolitik: Eine Absage, die wie ein Abgesang klingt

Nachdem im April die Telefonsitzung der vermeintlich letzten Kulturausschusssitzung des alten Stadtrats abgesagt wurde, weil der abservierte Altreferent keine große Lust darauf hatte, stellte sich das Gefühl ein, dass es nur noch besser werden könne – mit der Kulturpolitik in Augsburg. Doch auch die neue Stadtregierung kann es nicht besser. Gestern kam die zweite Absage. […]

gesamten Beitrag lesen »



Stadt Augsburg stützt Kulturlandschaft in Corona-Krise

Die Stadt Augsburg unterstützt in der Corona-Krise auch die Kulturlandschaft. Dazu hat der Stadtrat beschlossen, Förderzwecke zu ändern, um das Geld weiterhin an die Empfängerinnen und Empfänger ausbezahlen zu können. Ursprünglicher Förderzweck waren Kulturveranstaltungen, die jedoch ab Mitte März aufgrund des Infektionsgeschehens reihenweise abgesagt werden mussten. Auch Theater, Museen, Kultureinrichtungen und Livespielstätten wurden geschlossen. Damit […]

gesamten Beitrag lesen »



Coronavirus in New York: Wie Verharmlosung von COVID-19 den Zusammenbruch des Gesundheitssystems auslöste

Über 100.000 Todesfälle und fast zwei Millionen Infizierte – die Vereinigten Staaten sind weltweit am stärksten von der Pandemie betroffen. Fast ein Viertel der Infizierten und Todesfälle hat dabei allein der Bundesstaat New York zu beklagen – laut einer Antikörperstudie ist bereits ein Viertel der Einwohner infiziert. Warum es die Region so hart getroffen hat […]

gesamten Beitrag lesen »



FCA verliert in Berlin

Der FCA hat zum Abschluss der Englischen Woche in Berlin bei Hertha BSC mit 0:2 verloren. Nach einer Halbzeit zeigte der FCA im zweiten Durchgang eine bessere Leistung, ohne sich dafür mit einem Treffer zu belohnen. Drei Tage nach dem Remis gegen Paderborn setzte Trainer Heiko Herrlich die Rotationsmaschine in Gang und schickte eine Startelf […]

gesamten Beitrag lesen »



« neuere Artikel ältere Artikel »

Kurznachrichten

Bombenalarm in der Halderstraße wieder aufgehoben



Wegen einer Bombendrohung, vermutlich gegen ein Hotel, ist zurzeit (Freitag, 18.7.25, 11:00) die Halderstraße komplett und die Ladehofstraße bis zum Parkhaus gesperrt. Auch die Straßenbahnen „parken“ dort nur. Nach Informationen der DAZ wurde ein Sprengstoffhund angefordert. Aktualisierung um 13:40 Uhr: Die dreistündige Sperrung der Halderstraße ist aufgehoben. Auch die Straßenbahnen verkehren wieder.

gesamten Beitrag lesen »



Perlach: Turmzwiebel bleibt noch oben



Die ursprünglich für Freitag, den 18. Juli geplante Abnahme der Turmzwiebel muss verschoben werden. Grund: Die Stadtgöttin Cisa und die goldene Kugel konnten am 17. Juli nicht geborgen werden. Die Bergung hätte mit einer Hebebühne vorgenommen werden sollen. Diese war aber einige Meter zu kurz. Laut Stadt hat sich die Fachfirma, die für die Bereitstellung […]

gesamten Beitrag lesen »



Eintritt frei in der Fuggerei



Anlässlich der Jakober Kirchweih 2025 bietet die Fuggerei am kommenden Samstag und Sonntag, den 19. und 20. Juli, ab 9 Uhr freien Eintritt für ihre Besucher. Geboten wird ein abwechslungsreiches Programm für Jung und Alt. In der Fuggerei, die Teil der Kirchweih ist, öffnet an beiden Tagen ab 12 Uhr ein Waffelstand und ein Eiswagen. […]

gesamten Beitrag lesen »



Neues vom Perlach



Die neuen Treppen im Perlachturm werden flacher und damit mehr. Das ergibt sich aus einem Transparent, mit dem seit dem 14. Juli der Bauzaun am Perlach bekleidet ist. 258 Stufen mussten bis 2017 die Teilnehmer des legendären Perlachturmlaufs, einem der ältesten Treppensprintrennen in Deutschland, überwinden. In Zukunft sollen es 281 sein. Auch die Musik soll […]

gesamten Beitrag lesen »



Die Wasserspiele sind zurück



Nach seinem erfolgreichen Debüt im letzten Jahr präsentiert der Augsburger Stadtsommer vom 10. Juli bis 4. August 2025 mit der „PlayFountain“ erneut Wasserspaß und Kunst auf dem Rathausplatz. Täglich von 10 bis 20 Uhr lädt ein 100 Quadratmeter großer Wasserspielplatz mit 1024 Fontänen zum Spielen und Abkühlen ein, was vor allem von Kindern begeistert angenommen […]

gesamten Beitrag lesen »



Suche in der DAZ

  

DAZ Archiv

Juli 2025
M D M D F S S
 123456
78910111213
14151617181920
21222324252627
28293031