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Sonntag, 13.07.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

„Gas“ im Gaswerk: Vorgriff auf die virtuelle Welt

Mit der Aufführung der Gas-Trilogie von Georg Kaiser eröffnete das Staatstheater Augsburg seine Schauspiel-Spielzeit auf bemerkenswerte Weise. Ein Nachtrag

Halrun Reinholz

GAS im Gaswerk © Jann-Pieter Fuhr

Das Improvisieren gehört zum Theater. Das Theater Augsburg musste in der letzten Spielzeit durch die abrupte Schließung der Hauptspielstätte besondere Improvisationskünste entwickeln, was nicht geschadet hat, denn auch die geordnete Improvisation für die Sanierungsdauer stellt André Bücker und sein Team vor Herausforderungen. Die Spielstätte auf dem Gelände des Gaswerks ist noch nicht fertig, die Brechtbühne aber bereits geschlossen. Es gibt also ein Interim im Interim und das heißt „Kühlerhaus“ und befindet sich ebenfalls auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerks. Eine einmalige Gelegenheit, die Trilogie „Gas“ des expressionistischen Autors Georg Kaiser mal auf einem authentischen Schauplatz aufzuführen. Regisseurin Antje Thoms hat aus der Not eine Tugend gemacht, ein berührendes und irgendwie lebensnahes Theatererlebnis.

Denn im Kühlerhaus ist nichts umgebaut. Man hat tatsächlich den Eindruck, dass die Arbeiter das Gelände gerade erst verlassen haben. Auch das „Foyer“, die Halle daneben, ist gleichzeitig Kartenverkauf und Künstlergarderobe, alles zwischen irgendwelchen herumstehenden Maschinenteilen. Der Glühweinverkauf in der Pause des gut drei Stunden dauernden Stückes ist im übrigen gerechtfertigt, trotz der wärmenden Decken, die auf den Stühlen bereit liegen.

Doch was für eine Kulisse für so ein Stück! Kaiser, Zeitgenosse von Brecht, war von ähnlichen Themen beseelt: die Fragen von Kapitalismus und Gerechtigkeit, von Proletariat und Prekariat. Deutliche Anklänge an heutige Zustände ergeben sich von selbst, obwohl – oder gerade weil – die Regisseurin es bewusst in der Zeit um den Ersten Weltkrieg spielen lässt, wie von Kaiser vorgesehen.  Es handelt sich letztlich um eine Familiensaga über drei Generationen, die alle daran scheitern, das beste Konzept für ein gerechtes und glückliches Leben zu  entwickeln. 

Der erste Teil der Trilogie, „Die Koralle“ ist am besten ausgearbeitet. Der Milliardär (alle Figuren sind namenlos, daher als Typen angelegt), Inhaber einer Gasfabrik, hat sich aus prekären Verhältnissen hochgearbeitet. Am „offenen Donnerstag“ empfängt er ausgewählte Bittsteller, die er großzügig unterstützt. Dennoch muss er sich von Sohn und Tochter vorwerfen lassen, dass er sein Geld durch Ausbeutung verdient hat. Sie wenden sich von ihm ab und entscheiden sich, unter den Arbeitern zu leben. 

Konsequenterweise ist der Milliardärssohn im zweiten Teil Arbeiter in seiner Fabrik, wo alle gleichermaßen am Gewinn beteiligt sind. Durch eine Explosion, deren Ursache letztlich nicht geklärt werden kann, wird die Fabrik zerstört. Die Arbeiter fordern den Wiederaufbau, damit sie wieder arbeiten können, aber gleichzeitig wollen sie auch die Entlassung des Ingenieurs, den sie für den Schuldigen an der Explosion halten. Der Milliardärssohn hat aber eine andere Vision: Statt das Werk wieder aufzubauen, will er auf dem Gelände Wohnungen für die Arbeiter bauen. 

Im dritten Teil ist das Werk verstaatlicht, der Kriegszweck erfordert, dass Giftgas hergestellt wird. Der Milliardärsenkel, dritte Generation, scheitert daran, das Erbe wieder zum Wohl der Belegschaft zu verwalten. Um die Atmosphäre ohne Umbauten oder Bühnenbild in Szene zu setzen, lässt sich die Regisseurin, die auch für die Kostüme verantwortlich ist, zusammen mit der Bühnenbildnerin Ute Radler einiges einfallen. Die Mitte des Kühlerhauses nimmt ein großer Gasbehälter ein (den man gut auch für ein Relikt aus der aktiven Zeit des Gaswerks halten kann). Auf diesem Teil und rundherum spielt sich alles ab, einiges aber draußen und das wird über die Kopfhörer, die jeder Zuschauer zu Beginn der Vorstellung bekommt, ins Stück geholt. Zusätzlich spielen sich Szenen vor den großen Fenstern der Halle ab, die man schemenhaft sehen und über die Kopfhörer erleben kann. Ein gelungener Vorgriff auf die virtuelle Welt, der das Spiel lebensecht und intensiv erlebbar macht. 

Die Vielschichtigkeit der Handlung erfordert zudem einen hohen Personalaufwand und eine leistungsfähige Maske. Die Statisterie ist bereits im Vorfeld im Einsatz, Bettler ziehen ihre Runde, Heilsbringer stehen da und man bekommt auch eine Kartoffelsuppe als „Arbeiteressen“ serviert. Danach ist die „Masse“ auch immer präsent zwischen den Zuschauerreihen, skandierend, flüsternd („Gas“), auch singend. 

Das Schauspielteam bewältigt alle (durchwegs textstarken) Rollen mit wandlungsfähiger Bravour und in einem intensiven Zusammenspiel, wobei besonders Sebastian Müller-Stahl im zweiten Teil eine tragende Rolle zukommt. Geschickt wird die Aufmerksamkeit der Zuschauer an wechselnde Orte gelenkt – zwischen Mitte, Galerie und Emporen des Raums, was besonders im letzten eher textintensiven Teil ohne überzeugende Handlung nötig ist. Das gilt auch für das „proletarische“ Begräbnisritual zum Schluss. Ein finales Scheitern, das sehr symbolträchtig zelebriert wird. – Ein großer, ein erlebenswerter Theaterabend. Weitere Vorstellungen sind am 2.Dezember 2018 (18 Uhr) sowie am 8.,19. und 29. Dezember jeweils 19.30 Uhr.

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Elias-Holl-Platz: Stadt auf der Suche nach der Mitte

Auf einen weiteren Bürgertalk setzt die Stadt Augsburg in Sachen Ruhestörung Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl wird den Talk moderieren. Dabei sollen im direkten Gespräch Anwohner, beteiligte Ruhestörer und Experten zu Wort kommen. Im Rahmen der Reihe „Bürgertalk“ soll die Problematik der Ruhestörung erörtert werden. „Dazu ist eine Analyse der Situation erforderlich“, wie es in einer […]

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Jazzclub Augsburg für „herausragendes Programm“ ausgezeichnet

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Moses fotografiert Peggy Guggenheim: Eine fotografische Erzählung in Farbe im H2

„Stefan Moses – Peggy Guggenheim. Begegnungen“, so die Headline einer Ausstellung im  H2 – Zentrum für Gegenwartskunst im Augsburger Glaspalast Im April 1969 trifft Stefan Moses Peggy Guggenheim zum ersten Mal. Gemeinsam mit dem Autor Uli Weyland besucht er sie in Venedig in ihrem privaten Domizil, dem Palazzo Venier dei Leoni am Canal Grande. Ein […]

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Erstes Sinfoniekonzert: Bruckners Testament

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AEV in Düsseldorf: Panther spielen gut und verlieren

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Sieger des Augsburger Zukunftspreises 2018 stehen fest

Bürgermeisterin Eva Weber hat zusammen mit Umwelt- und Nachhaltigkeitsreferent Reiner Erben den Augsburger Zukunftspreis 2018 an sechs Initiativen, Vereine, Schulen und ein Unternehmen verliehen Seit 2006 werden mit dem Zukunftspreis jährlich Personen und Projekte ausgezeichnet, die zukunftsweisend aktiv sind. Mit ihren Beiträgen möchten sie Augsburg ein Stück ökologischer, sozialer, wirtschaftlich besser und kulturell reichhaltiger machen. Die […]

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Einsturzgefahr am Oberen Graben: Keine Statikprobleme im Nachbarhaus

Gute Nachricht für Oberen Graben: Beim Nachbarhaus gibt es keine Einsturzgefahr. Dies ist die  Erkenntnis der gestrigen Untersuchungen der Statiker Nach der Evakuierung des Wohnkomplexes am Oberen Graben 8-12 am Freitagabend fanden in den vergangenen Tagen weitere Untersuchungen der Bausubstanz statt. Die Experten suchten weiter nach den Ursachen für die entstandenen Hohlräume. In diesem Zusammenhang nahmen […]

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„Mio, mein Mio“ im Theater: Das Gute siegt immer

Wie immer um diese Jahreszeit hatte das Kinderstück Premiere, das in den nächsten Monaten von Heerscharen von Kindern in zahlreichen Schülervorstellungen besucht werden kann. Der einschlägig erfahrene Regisseur Joachim von Burchard brachte den Kinderbuchklassiker von Astrid Lindgren „Mio, mein Mio“ auf die Bühne des Martiniparks. Von Halrun Reinholz Astrid Lindgren hat das Buch im Jahr […]

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Sündenbock Seehofer: Das reicht nicht aus, um das verlorene Vertrauen wieder zu gewinnen

Nicht die Migration ist „die Mutter aller Probleme“, sondern die Politik, die für Probleme keine Lösungen findet Kommentar von Siegfried Zagler Am 24. September 2017 verkündete der gescheiterte Kanzlerkandidat der deutschen Sozialdemokratie, Martin Schulz, dass die Große Koalition abgewählt sei und die SPD nicht mehr mit Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter regieren werde. Wie es dann […]

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FCA: Ergebniskrise und Fanproblem

Gegen Mainz drei, gegen Bremen einen, gegen Dortmund einen, gegen Nürnberg zwei und gegen Hoffenheim einen: Das sind die Punkte, die der FCA in den Schlussphasen der jeweiligen Partien verschenkt hat. Das sind in der Summe acht Punkte, die, stünden sie verdientermaßen auf dem Konto des FCA, die Augsburger in der Bundesligatabelle auf Europa League-Plätze […]

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Kurznachrichten

Klimainsel eröffnet ohne Hitze



Meteorologen und andere Experten haben gestern ihre Prognosen geändert: Die Hitzewelle in Deutschland ist abgesagt. Oberbürgermeisterin Eva Weber wird also am Montag, den 14. Juli, die „Klimainsel“ am Martin-Luther-Platz ohne Hitze eröffnen. Von Bruno Stubenrauch Prognose von wetter.com Offizieller Start ist um 11.30 Uhr. Die Experten von wetter.com, daswetter.com, wetter.de, wetteronline.de und vom BR erwarten […]

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swa-Jubiläumstag am Moritzplatz



Die Stadtwerke Augsburg feiern am heutigen Freitag, den 11. Juli, zwei Jubiläen ihrer Mobilitätsdienste: zehn Jahre swa Carsharing und fünf Jahre swaxi. Anlässlich der Jubiläen findet von 12 bis 17 Uhr am Moritzplatz ein Jubiläumstag statt, bei dem Besucher die Mobilitätsangebote kennenlernen und sich informieren können. swa Carsharing, gestartet im Jahr 2015, bietet flexible Mobilität […]

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Klimaanpassung Rathausplatz: Bürgerbeteiligung gestartet



Die Stadt Augsburg plant Maßnahmen zur Klimaanpassung am Rathausplatz. Bürgerinnen und Bürger können bis 1. August online auf der Plattform „Mach mit, Augsburg“ ihre Nutzung und Wünsche auf einer Karte eintragen. Die Rückmeldungen fließen in eine Machbarkeitsstudie des Stadtplanungsamts ein. Ziel ist es, die Aufenthaltsqualität durch z.B. mehr Schatten zu verbessern. Erste Konzepte sollen Frühjahr […]

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Stadtbücherei am 8. Juli geschlossen



Aufgrund einer internen Veranstaltung bleiben am Dienstag, 8. Juli, die Zentrale am Ernst-Reuter-Platz sowie alle Stadtteilbüchereien geschlossen. Auch der Bücherbus fährt nicht. Dies meldete die Stadt Augsburg in einer Pressemitteilung. Nur die Open-Library in der Stadtteilbücherei Lechhausen ist am 8. Juli von 10 bis 19 Uhr zugänglich. Die Open-Library in Lechausen stellt seit 2022 ähnlich […]

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Aug‘ in Auge mit dem Wasserfrosch



Schon seit Wochen ist die fußläufige Durchquerung des Erlebnisteichs im Botanischen Garten nicht mehr möglich. Was steckt dahinter? Der Teich vor dem bewirteten Kastaniengarten im hinteren Teil des Botanischen Gartens ist gerade bei Kindern in dieser Jahreszeit besonders beliebt. Ein Weg aus großen Steinquadern ermöglicht es, den Teich zu Fuß zu durchqueren. Dies eröffnet eine […]

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