Kommentar
Die Trennung von Thorup und Jurendic ist ein Fehler
Nach einer würdelosen Woche beim FCA herrscht nun wenigstens Klarheit: Trainer Jess Thorup und Sportdirektor Marinko Jurendic dürfen trotz laufender Verträge nicht weitermachen. Diese Trennung ist ein Fehler und zeigt, dass die FCA-Führung vom Leistungsgedanken abrückt.
Gastkommentar von Leonhard Pitz
Die Argumentation gegen Thorup nahm in den vergangenen Wochen abenteuerliche Züge an. So schrieb der Kicker noch vor der Doppel-Entlassung: „Nicht hören wollen die Klubbosse, die vergangene Saison sei ein Erfolg gewesen. Allein die Serie von elf ungeschlagenen Partien zu Jahresbeginn rettete den FCA vor dem Abstiegskampf, der in Sachen erspielte Torchancen und expected goals auf einem Abstiegsplatz einlief.“ Egal ob diese Setzung vom Kicker oder den Verantwortlichen des FCA kommt, sie führt rein logisch ad absurdum.
Natürlich landet der FCA auf einem Abstiegsplatz, wenn man das Saisondrittel herausrechnet, in welchem der FCA seine Punkte holte. „Allein die Tatsache, dass man alle zwei Wochen zuhause spielen durfte, rettete Eintracht Frankfurt die Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb“, wäre das absurde Äquivalent zur Aussage im Kicker.
Jess Thorup war der FCA-Trainer mit dem besten Punkteschnitt (1,32 Punkte). Selbst wenn man Markus Weinzierls schlechte zweite Amtszeit herausrechnet (1,16 Punkte), landet dieser hinter Thorup (1,30 Punkte). Im DFB-Pokal führte Thorup die FCA-Elf dieses Jahr ins Viertelfinale. Zusammen mit dem Viertelfinale 2018/19 war es damit die erfolgreichste DFB-Pokal-Saison seit dem Halbfinaleinzug 2010 unter Jos Luhukay.
Auch die Entlassung von Marinko Jurendic verkennt dessen Erfolge als Sportdirektor. Mit dem Verkauf von Ermedin Demirovic erzielt man 23 Millionen Euro, er ist der zweit-lukrativste Verkauf der Vereinsgeschichte. Bei Arne Engels vereinhundertzehnfachte Jurendic den Einkaufswert (von 0,1 auf 11 Millionen Euro).
Auch beim Spielerkauf kann Jurendic auf Erfolge verweisen: Mit Kristijan Jakic verpflichtete man eine defensive Säule der Mannschaft nach vorheriger Leihe. Auch die Leihen von Chrislain Matsima und Cédric Zesiger sind Erfolgsgeschichten. Alexis Claude-Maurice und Linksverteidiger Giannoulis spielten eine überragende erste Saison. Beide verpflichtete der FCA ablösefrei, nun sind sie laut transfermarkt.de 12 Mio Euro bzw. 2,8 Mio Euro wert. Als klaren Fehleinkauf kann man bisher höchstens Steve Mounié zählen, der aber immerhin ablösefrei kam.
Wie genau soll so ein goldener Transfersommer (üppiges Plus von 27 Millionen Euro) eigentlich getoppt werden? Und vom wem? Diese Fragen müssen sich die Verantwortlichen beim FCA stellen.
Doch die mediale Debatte fokussiert sich zunächst vor allem auf den Trainerposten. Sollte tatsächlich Sandro Wagner verpflichtet werden, wie manche Medien schon vermeldeten, geht die FCA-Führung ein unnötiges Risiko ein. Das Vorgehen, einen Trainer auszutauschen, nur weil ein prominenterer Name verfügbar ist, erinnert an den FC Bayern und seinen Nagelsmann-Tuchel-Tausch. Das Ergebnis ist bekannt.
Es besteht jetzt ein reales Risiko, dass der FCA wieder in sein Muster zurückfällt, indem alle 1,5 Jahre ein Trainer wegen Misserfolgs ausgetauscht wird. Hoffen wir, dass es nicht so kommt.