DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Freitag, 19.12.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Abwärtsspirale zum Schaden der Kunst

Die schrumpfende „Große Schwäbische“ wurde am Samstag zum 63. Mal eröffnet

Von Frank Heindl

Die Musik des Uli Fiedler Trios war schön und dezent, als am Samstagvormittag die „Große Schwäbische Kunstausstellung“ zum 63. Mal eröffnet wurde. Doch in den Eröffnungsreden zeigte sich schnell, dass die Situation für den veranstaltenden Berufsverband Bildender Künstler (BBK) nicht ganz so harmonisch aussieht: Der Vorsitzende Norbert Kiening klagte bitter über mangelnde Finanzhilfen seitens der Stadt, Kulturreferent Peter Grab revanchierte sich mit Klagen über falsche Zahlen und einen fehlenden Wirtschaftsplan – mit Mühe rettete man sich vor den versammelten Vernissagepublikum in die Vereinbarung alsbaldiger Gespräche.

Schon in einer Pressekonferenz zwei Tage zuvor hatte Kiening detailliert über die Nebenumstände der „Großen Schwäbischen“, wie sie bei Eingeweihten kurz genannt wird, geklagt und seine Sorgen mit Zahlenmaterial unterlegt. So hat sich etwa die Zahl der Einreichungen in den letzten zwanzig Jahren halbiert – noch 1992 konnten die Juroren aus 482 eingereichten Kunstwerken für die Bestückung ihrer Ausstellung auswählen, im vergangenen Jahr waren es noch 184, diesmal nur noch 143. Für die üblicherweise im „abraxas“ stattfindende Sonderausstellung „Installation“ wurden in diesem Jahr gar nur drei Werke eingereicht, von denen die Jury nur eines akzeptierte. Konsequenz: Die Sonderausstellung entfällt.

Liegt also den schwäbischen Künstlern nichts mehr an „ihrer“ Ausstellung? Kiening sieht ein ganzes Bündel von Ursachen für die Misere: Das Ausstellungssystem der Toskanischen Säulenhalle mit seinen kojenartig nebeneinandergereihten, gleichformatigen Wänden ist in der Tat veraltet – hier sehe „eigentlich jede Ausstellung gleich aus“, sagt Kiening, es gebe Beschwerden über schlechte Beleuchtung und blendende Scheinwerfer. Der fehlende Kunstpreis sei ein weiteres Hindernis: Mancher Künstler fahre seine Werke aus Kempten an Augsburg vorbei nach Donauwörth – dort hat man Chancen auf einen Preis, und dort kann man außerdem seine Arbeiten bequem ausladen, während es vor der Augsburger Halle nicht mal eine legale Parkmöglichkeit gibt. Ein weiterer Grund für die sinkende Zahl der Einreichungen ist der damit verbundene wirtschaftliche Aufwand: Hauptberufliche Künstler, wie sie im BBK organisiert sind, gehören nicht zu den Großverdienern, ihre nebenberuflichen Kollegen eher auch nicht. Für Einreichungen zur Großen Schwäbischen fallen allerdings 40 Euro Gebühr an – für manchen Künstler mag das eine Investition sein, deren Sinn nicht unbedingt einleuchtet.

Schrumpfende Finanzhilfen und strukturelle Probleme

Denn stetig sinkt gleichzeitig der Umsatz der Großen Schwäbischen – auch und vor allem, weil Stadt und Staat nichts mehr kaufen. Dieser Rückgang wiederum trifft nicht nur die Künstler, sondern auch die Ausstellung und den Verband – denn der kassiert bei Verkäufen ein Drittel des Erlöses. Daneben stammen seine Haupteinnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen (280 Mitglieder zahlen derzeit einen Jahresbeitrag von 160 Euro). Doch spätestens an diesem Punkt muss man auch nach strukturellen Problemen des BBK fragen – denn heutzutage ist eine Mitgliedschaft im Künstlerverband längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Kiening ärgert sich zu Recht, der BBK habe dafür gesorgt, dass vor und in der Neuen Stadtbücherei in „Kunst am Bau“ investiert worden ist – die profitierenden Künstler allerdings waren weder vorher Mitglieder im BBK, noch konnte er sie später zum Eintritt überreden.

„Die Szene hat sich verändert“, sagt ein Augsburger Künstler und verweist auf freie Studios und Künstlergemeinschaften, die heutzutage Ausstellung wie „contemporally“ oder Kunstaktionen wie die „Jean Stein“-Initiative stemmen, ohne dazu einen Verband zu benötigen. Auch der Weg in renommierte Galerien wie das Höhmannhaus führt längst nicht mehr zwingend über den Berufsverband. Einen weiteren Hinweis auf solche internen Probleme gibt auch die Altersstruktur der ausstellenden Künstler: „Das Durchschnittsalter ist hoch“, gibt Kiening unumwunden zu, dabei sei es durchaus der Wunsch des Verbands, dass sich die Ausstellung auch als Forum junger Künstler behaupten könnte.

Steigende Kosten, sinkende Zuschüsse und weniger Besucher



Doch von den eigenen Strukturproblemen spricht man beim BBK weniger gern als von der fehlenden Unterstützung von außen. In der Tat sind die Zuschüsse gesunken und die Kosten gestiegen – davon kann nicht nur der BBK ein Lied singen. 2002 wurde ihm der Staatszuschuss gestrichen, seither auch kauft die Bayerische Staatsgemäldesammlung bei der Großen Schwäbischen nichts mehr – zusammen ein Verlust von 7000 Euro jährlich. Direkte Folge: Die Große Schwäbische kann sich keinen Katalog mehr leisten, die Eintrittsgebühr wurde schrittweise von null auf vier Euro erhöht – mit spürbaren Konsequenzen: Kamen 1990 bei kostenlosem Eintritt noch 10.000 Besucher in die Ausstellung geschneit – nebenan ist Weihnachtsmarkt, da macht man gerne mal einen Abstecher zur Kunst – so sanken die Besucherzahlen nach jeder Eintrittserhöhung drastisch, 2010 schauten gerade noch 2200 vorbei. Die sprichwörtliche Katze beißt sich hier also heftig in den eigenen Schwanz: Weniger Geld bedeutet weniger Attraktivität bedeutet weniger Künstler bedeutet weniger Besucher bedeutet weniger Geld … – eine Abwärtsspirale, die Kiening hinter vorgehaltener Hand zu der Befürchtung veranlasst, die diesjährige Große Schwäbische „könnte die letzte sein.“

Doch obwohl er sich bei seiner Rede zur Vernissage nur sehr vorsichtig äußerte, erntete er deutlichen Widerspruch. Während Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert vorgab, er lese „die Zeitung“ nie schon vormittags und sich so um eine Stellungnahme zum samstäglichen AZ-Artikel herumschummelte, der ebenfalls den Untergang der Ausstellung befürchtete, ging Kulturreferent Peter Grab trotz viel angeblichem „Verständnis“ in der Sache den BBK-Vorsitzenden frontal an. Er habe der Presse Zahlenmaterial überlassen, ohne mit seinem Referat Rücksprache zu halten, und habe dabei auch noch mit falschen Zahlen gearbeitet. In der Tat hatte Kiening versehentlich zu hohe Heizungskosten angegeben und die betreffenden Zahlen schon am Tag zuvor per Email zurückgenommen. Und in der Tat täte dem BBK bei der Bilanzierung seiner Tätigkeiten wohl ein buchhalterisch erfahrener Helfer gut – das gibt Kiening unumwunden zu. Trotzdem kann Grabs Stellungnahme weder den BBK noch die Öffentlichkeit zufriedenstellen. Zwar sicherten Kulturreferent wie Bezirkstagspräsident zu, sie würden die Große Schwäbische nicht sterben lassen – doch dass einmal mehr Hilfe erst versprochen wird, wenn bereits Feuer auf dem Dach ist, und dass es dabei einmal mehr nur um Notreparaturen geht – damit können weder Künstlerverband noch Öffentlichkeit zufrieden sein. Immerhin versprachen beide Politiker in ihren Redebeiträgen, es werde über die anstehenden Probleme schnellstmöglich gesprochen werden.

» Gastkommentar „Ohne Ende kein Anfang“

gesamten Beitrag lesen »



Ohne Ende kein Anfang

Die Große Schwäbische in einer unwürdigen Endlosschleife Gastkommentar von Frank Mardaus Der BBK und die Große Schwäbische Kunstausstellung müssen sich ändern – und das rasch. Es wird wohl, wie Wolfgang Mennel, ein bekannter schwäbischer Künstler, am Rande der Vernissage äußert, „auf eine Operation am offenen Herzen“ hinauslaufen. Wie konnte es so weit kommen, dass anlässlich der Eröffnung einer lange Zeit bedeutsamen Ausstellung zeitgenössischer Kunst in Bildern der Medizin, nicht aber der Bildenden [...]

gesamten Beitrag lesen »



Sheridanpark-Weg wird Mietek Pemper gewidmet

Mieczysław "Mietek" Pemper, der Ehrenbürger der Stadt Augsburg, verstarb am 7. Juni dieses Jahres. Nun beschloss der Stadtrat in seiner Sitzung am 24. November einen "Mietek-Pemper-Weg". Zuvor hatte der Ältestenrat zugestimmt, dass die zweijährige Sperrfrist für Ehrungen nach dem Ableben ausnahmsweise aufgehoben wird. Der "Mietek-Pemper-Weg" soll einmal den Sheridanpark zwischen "Stadtberger Straße" im Norden und "Leitershofer Straße" im Süden erschließen. Das bereits fertiggestellte Mittelstück zeigt die Attraktivität dieser 1,3 Kilometer langen [...]

gesamten Beitrag lesen »



Autorenlesung:

ÖDP-Bundesvorsitzender Frankenberger liest aus seinem Buch Der Bundesvorsitzende der ÖDP und Initiator des Nichtraucherschutz-Volksbegehrens, Sebastian Frankenberger, wird am Montag, den 28. November 2011, zu einer Lesung aus seinem neuen Buch "Volk entscheide! Visionen eines christlichen Polit-Rebellen" nach Augsburg kommen. Die Veranstaltung beginnt um 19:30 Uhr im Vortragssaal der Neuen Stadtbücherei Augburg (S-Forum, Ernst-Reuter-Platz 1). Auch Sie sind dazu herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei. Im Anschluß an die Lesung stellt sich [...]

gesamten Beitrag lesen »



„Babylon“ – der Beginn der Verständigung

Neue Musik beim Festival der 1000 Töne mit einem spannenden Podiumsgespräch Von Frank Heindl Ein Abend gegen Vorurteile und Kurzschlüsse, ein musikalischer Abend, der Kopf und Seele gleichermaßen beschäftigte, und damit wieder ein voller Erfolg für „Mehr Musik!“ und das Augsburger Projekt „Zukunft(s)musik“. Passen Ägypten und Neue Musik zusammen? Das Programm „Babylon“ zeigte am Mittwochabend […]

gesamten Beitrag lesen »



HipHop, Grusel, Religion

Bei CampusKunst darf jeder Künstler sein Von Kristin Ruckschnat Ein paar Minuten muss das Publikum warten, dann springt Verena Reger endlich auf die Bühne. Mit der Entschuldigung für ihre Verspätung erntet die 27-jährige Studentin gleich den ersten Lacher: „Ich habe gehört, dass man für seine Stimme ein bisschen Wodka trinken soll – und es stimmt!“ […]

gesamten Beitrag lesen »



Die großen Betriebe müssen keine Angst vor der „Giftliste“ des Kämmerers haben

Keine Angst vor der „Giftliste“
Der Kämmerer möchte den Hebesatz der Gewerbesteuer von 435 auf 445 Prozentpunkte anheben, die CSU will statt dessen einen radikaleren Sparkurs. Einzig die zwei Stadträte der LINKEN glauben, dass der Kämmerer zu moderat ist und fordern eine deutliche Erhöhung der Gewerbesteuer.

gesamten Beitrag lesen »



Stadtrat: Es darf getwittert werden

Mit großer Mehrheit verabschiedete der Augsburger Stadtrat am gestrigen Donnerstag eine Selbstverpflichtungsvereinbarung zum Thema „Twittern“. Den Stadträten ist künftig die Nutzung sozialer Netzwerke in öffentlichen Sitzungen mit Einschränkungen erlaubt. Kernpunkte der Vereinbarung: Wichtigste Aufgabe der Stadträte bleibt die aktive Teilnahme an den Sitzungen. Die Nutzung von sozialen Netzwerken wie dem Kurzmitteilungsdienst „Twitter“ – mit dem […]

gesamten Beitrag lesen »



City of Peace wieder 2013

Richard Goerlich soll ein Gesamtkonzept erarbeiten Das Festival City of Peace soll Kultur und Sport zukünftig unter dem Dach der Friedensstadt Augsburg verbinden – das ist die Grundlage, auf der das Kultur- und Sportreferat für das Jahr 2013 ein Gesamtkonzept erarbeiten will, das neben inhaltlichen Aspekten auch ein solides Sponsoringkonzept sowie alle wichtigen Netzwerkpartner der […]

gesamten Beitrag lesen »



IHK begrüßt Reform der Insolvenzordnung

Ende Oktober hat der Bundestag das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) beschlossen. Mit dieser Reform der Insolvenzordnung haben vor allem Familienunternehmen bei Schieflagen bessere Sanierungschancen. Darauf wies die IHK Schwaben am Dienstag hin. Das Gesetz, das im ersten Quartal 2012 in Kraft treten soll, ermöglicht Unternehmern künftig selbst, das heißt in […]

gesamten Beitrag lesen »



„Integration statt Innenpolitik“

Der Grüne Arbeitskreis Migration fordert, dass der Integrationsbeirat und vor allem sein Vorsitzender Ahmet Akcay endlich seine Aufgaben wahrnimmt und sich für die Integration einsetzt und nicht für die Ausgrenzung. Dies teilte der Stadtverband Augsburg von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit. Ahmet Akcay müsse begreifen, dass jede völkisch-nationale Entgleisung der türkischen Seite Wasser in die Mühlen […]

gesamten Beitrag lesen »



Integrationsbeirat: Akcays Rücktritt würde eine zweite Chance eröffnen

Warum Ahmet Akcay zurücktreten muss Kommentar von Siegfried Zagler Man muss nicht lange ausholen: Dass Ahmet Akcay Vorsitzender des Augsburger Integrationsbeirats wurde, ist einer der unverständlichsten Vorgänge, die es aus personalpolitischer Sicht je in dieser Stadt gegeben hat. Übertroffen wird dieser Missstand nur noch von der Tatsache, dass Akcay – nach den Vorgängen am 31. […]

gesamten Beitrag lesen »



« neuere Artikel ältere Artikel »

DAZ heute

Kurznachrichten

Kommunalwahl: Unterstützer können diesen Samstag unterschreiben



Wer unter der Woche berufsbedingt keine Zeit hat, zu normalen Öffnungszeiten ins Bürgerbüro zu gehen, hat am kommenden Samstag, 20. Dezember, die einmalige Gelegenheit, einer der drei Parteien BSW, Volt und WerteUnion zur Teilnahme an der Kommunalwahl zu verhelfen. Mit dem Auslegen der Listen für Unter­stützer­unter­schriften in der Stadtbücherei von 9 bis 13 Uhr kommt die Stadt ihrer […]

gesamten Beitrag lesen »



Kreative Auszeit vor Weihnachten: Acryl-Workshops mit Künstlerin Caro Keller



Die stressige Vorweih­nachts­zeit ruft nach einer kreativen Pause! Die Augsburger Künstlerin Caro Keller (CK Modern Art) lädt im Dezember zu insgesamt vier Acryl-Mal-Workshops ein, die eine kleine Flucht aus dem Alltag versprechen und helfen, ein persönliches Kunstwerk zu erschaffen. Die Intensiv-Workshops unter dem Motto „Kreative Auszeit, Paint your wish“ wollen die Chance bieten, den Alltags­stress […]

gesamten Beitrag lesen »



Neuer Mietspiegel jetzt gedruckt erhältlich



In der Bürgerinfo am Rathausplatz gibt es jetzt den gedruckten Miet­spiegel 2025 für Augsburg. Seit 1. Dezember steht er bereits online. Er gilt für die nächsten zwei Jahre. Screenshot, Quelle: Stadt Augsburg Der qualifizierte Mietspiegel informiert trans­parent über die ortsüb­lichen Ver­gleichs­mieten in Augsburg. Er zeigt die durch­schnitt­liche Miete für unter­schied­lichen Wohnraum. Damit ist er die Grundlage […]

gesamten Beitrag lesen »



Die letzte Lesebühne 2025 – Literatur zum Jahresausklang



Zum Abschluss des Jahres lädt die Lesebühne Augsburg am Donnerstag noch einmal zu einem lite­rari­schen Kurztrip ins Annapam ein. Von Bruno Stubenrauch Fünf Autor*innen präsentieren pointierte Texte – mal kriminell, mal ein bisschen böse, dann wieder romantisch und mit einem Hauch von Weihnachten. Die lite­rari­schen Quickies sorgen für Abwechslung, Über­raschungen und beste Unter­haltung. Wer noch […]

gesamten Beitrag lesen »



Zeichenkurs im Römerlager



Einen völlig anderen Zugang zu den Römerexponaten vermitteln die Kunst­sammlungen & Museen Augsburg am 4. Advent. Foto: KMA In einem Workshop können Interessierte beim gemein­samen Zeichnen einen genauen Blick auf die Aus­stellungs­stücke im Römerlager im Zeughaus werfen. Durch das Zeichnen eröffnen sich neue Per­spektiven auf die Objekte und man erhält einen tieferen Zugang zur Gestaltung und […]

gesamten Beitrag lesen »



Suche in der DAZ

  

DAZ Archiv

Dezember 2025
M D M D F S S
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
293031