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Freitag, 18.07.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Kommentar zur Gewalttat am Königsplatz: Die Augsburger Staatsanwaltschaft hat sich selbst überführt

Der Gewaltakt am Königsplatz ist ein Verbrechen und bleibt ein Verbrechen. Daran ändert die Herabstufung der Anklage von Totschlag auf Körperverletzung mit Todesfolge nichts. Dass dieser Fall dennoch ein „merkwürdiges Verbrechen“ bleibt, ist auch der Augsburger Staatsanwaltschaft geschuldet. 

Kommentar von Siegfried Zagler

© DAZ

Als in den späten Abendstunden des 6. Dezember ein erwachsener knapp 50-jähriger Mann von einem 17-jährigen Jugendlichen mit einem einzigen Schlag niedergestreckt wurde, konnte niemand ahnen, dass dieser Vorgang eine offensichtlich tief verankerte Befangenheit der Augsburger Staatsanwaltschaft freilegen sollte. Eine Befangenheit, die den Blick auf einfache Sachverhalte vernebelt. Eine Befangenheit, die von der öffentlichen Betroffenheit bezüglich des tragischen Unglücks und der öffentlichen Hetze gegen die vermeintlichen Straftäter geleitet wird, statt von einem klaren Blick auf das Geschehen und der damit verbundenen Gesetzeslage.

Das Opfer, Roland S. – von Beruf Feuerwehrmann – verstarb an den Folgen des Schlages, sein Freund wurde von allen angeklagten jungen Männern offensichtlich verprügelt. Diese Vorgänge wurden von Kameras aufgezeichnet. Gegen zwei junge Gewalttäter ist nun von der Staatsanwaltschaft Augsburg Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben worden, gegen den 17-jährigen Jugendlichen ist Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge erhoben worden.

Gegen die anderen vier jungen Männer der 7-köpfigen Gruppe wurde keine Anklage erhoben. Wenn man von den fast drei Monaten Untersuchungshaft absieht, kommen sie unbeschuldigt, also „clear“ aus dem Verfahren heraus – im juristischen Sinn. Doch erst der Gang zum Bundesverfassungsgericht und dessen Spruch, dass es jeweils den dringenden Tatverdacht in Hinblick auf Beihilfe zu einem Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge für sie nicht gibt, dürfte dazu geführt haben. Sechs der 7-köpfigen Gruppe saßen demnach zu unrecht im Gefängnis und säßen wohl heute noch dort, hätte der Anwalt eines Verdächtigen nicht am ganz großen Rad gedreht.

„Allen drei Angeschuldigten (jetzt 17, 18 und 20 Jahre alt) wird vorgeworfen, nach einer unmittelbar nach diesem Geschehen folgenden Schubserei zwischen dem 50-jährigen Begleiter des Getöteten und einem weiteren 19-jährigen Heranwachsenden aus der Gruppe, den Geschädigten derart geschlagen und getreten zu haben, dass dieser unter anderem einen Jochbeinbruch erlitt.“ So heißt es nun in der aktuellen Pressemitteilung der Oberstaatsanwaltschaft.

Vergessen wir nicht, dass gegen den mutmaßlichen Haupttäter wegen des Vorwurfs des Totschlags ermittelt wurde und gegen die anderen sechs wegen Beihilfe zum Totschlag. Somit wurden die Inhaftierungen gerechtfertigt. Beim Totschlag gehen die Ankläger davon aus, dass der Tod des Opfers gewollt oder in Kauf genommen wurde. Dies wurde trotz Videoaufnahmen von der Augsburger Staatsanwaltschaft angenommen. Davon ist nichts mehr übrig geblieben. Die beunruhigende Frage lautet also, warum sich die hiesige Staatsanwaltschaft von der Tatvermutung „Totschlag“ leiten ließ. Ist der Tod gewollt oder „gebilligt“, ist Totschlag gegeben, ist er eine unbeabsichtigte Folge einer Körperverletzung, ist „Körperverletzung mit Todesfolge“ gegeben. Das macht nicht nur einen großen Unterschied im Strafmaß aus, sondern auch Welten hinsichtlich der Relevanz der Schuld.

Wir erinnern uns schmerzlich an den tragischen Gewaltakt und halten fest, dass es sich, wie Thomas Fischer, ehemaliger Vorsitzender des Bundesgerichtshofs (aktuell Justiz-Kommentator des Spiegels) in einem Kommentar zu diesem Fall ausführt, um ein „merkwürdiges Verbrechen“ handelt. Um ein Verbrechen also, von dem wir lernen können, nicht wegen der Tat, sondern wegen des Verfahrens und dessen Behandlung in der Öffentlichkeit. „Die öffentliche Behandlung dieses Geschehens wirft ein grelles Schlaglicht auf den Zustand der Gesellschaft“, so Fischer, der in seinem großartigen Kommentar eine Art semantische Forensik betreibt, und dabei hervorhebt, dass die Berichterstattung den Eindruck vermittelt, der Beruf des Opfers würde eine Bedeutung für die Schwere der Tat gehabt haben.

Die Feuerwehr hat ihren Korpsgeist demonstriert, als sie in Uniform in einer Hunderschaft am Tatort trauerte. Augsburgs damaliger OB, selbst einmal bei der Freiwilligen Feuerwehr, sagte, er habe einen Kameraden verloren. Dass „in Augsburg ein friedfertiger Bürger totgeschlagen wurde, schlichtweg totgeschlagen wurde. So etwas wühlt mich auf“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wörtlich im BR. Ministerpräsident Söder gab sein Statement ab, die Tagesschau berichtete darüber und zeigte Ausschnitte aus der nicht weniger merkwürdigen Pressekonferenz des „Blaulichtsektors“. In Tatortnähe wurden Passanten interviewt und nach dem Grad ihrer Betroffenheit gefragt. Die lokale AfD legte mit großem Aufwand und öffentlicher Beachtung ein Gebinde am Tatort ab.

Nahezu jeder, der sich kurz nach der Tat zu diesem Fall öffentlich äußerte, bediente, ob gewollt oder ungewollt, das archaische „Gut-Böse-Muster“. Die Staatsanwaltschaft, die Kripo, die Polizei, die Politik, die Feuerwehr und natürlich nicht wenige Medien: Hier der tadellose Feuerwehrmann, der sein Leben für Lebensrettung und Brandbekämpfung einsetzt, dort die kriminellen Schläger mit muslimischen Vornamen. Das sind vorurteilsbehaftete Klischees, die zu rassistischen Weltanschauungen führen, die in einer freien und offenen Gesellschaft nichts verloren haben. Politisch motivierte Sippenhaft und willkürliche Beschuldigungen („Beihilfe zum Totschlag“) sind mittelalterliche Methoden des „Blaulichtsektors“, die mit Wahrheitsfindung nichts zu tun haben.

Der Gewaltakt am Königsplatz zeigt in seiner gesellschaftlichen Verarbeitung, dass die bundesrepublikanische Gesellschaft bereits vor dem Auftauchen der gegen den Staat hetzenden „Covididioten“ (FAZ), außer Rand und Band war. Die Augsburger Staatsanwaltschaft hat diesem unerträglichen Szenario nicht entgegengewirkt, sondern es eher befördert. Auf der Strecke blieben dabei die Tatopfer, aber auch die Beschuldigten. Das deutsche Rechtssystem hat diese beschämende Wirklichkeitskonstruktion noch vor der Eröffnung des Hauptverfahrens repariert.

Die Augsburger Staatsanwaltschaft gibt als Tatvermutung nicht mehr Totschlag, sondern gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge an. Sie hat sich quasi selbst überführt. Dass dafür wohl auch der Spruch des Bundesverfassungsgerichts nötig war, wirft ein schlechtes Licht auf die hiesige Staatsanwaltschaft, die das allgemeine Vertrauen in den Staat nicht zum ersten Mal geschwächt hat.

 

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