Krieg und Frieden
Stadt will minderjährige Geflüchtete aus den Lagern Lesbos aufnehmen
Die Friedensstadt Augsburg will Flüchtlingskinder aus Lagern auf Lesbos aufnehmen und sich an weiteren Aufnahmeprogrammen beteiligen
Von Siegfried Zagler
Am kommenden Montag soll der Augsburger Stadtrat eine Beschlussvorlage der Stadtregierung auf den Weg bringen, die das Vorhaben proklamiert, Kinder aus den Flüchtlingslagern in Lesbos aufzunehmen und in humanitärer Notlagen Entwicklungszusammenarbeit beabsichtigt.
Die Vorlage, die am morgigen Donnerstag im Stadtrat beschlossen werden soll, solle den Zweck verfolgen, schnell und entschieden den Geflüchteten auf den griechischen Inseln zu helfen. Leo Dietz, CSU-Fraktionsvorsitzender, formuliert das Vorhaben folgendermaßen: „Die Corona-Krise hat die ohnehin schon katastrophale Lage in den Lagern auf Lesbos noch weiter verschärft. Gerade Kinder und Jugendliche leiden besonders unter diesen Bedingungen und können dort weder richtig Kind sein noch in ausreichendem Maß zur Schule gehen. Wir kommen daher nun unserer Verantwortung und Haltung als Friedensstadt nach und wollen, dass die in unserer Stadt bereits vorhandenen Kapazitäten genutzt werden, um humanitäre Hilfe zu leisten. Wir wollen diesen jungen Menschen eine neue Perspektive ermöglichen und sie – unseren gesetzlichen Pflichten entsprechend – aufnehmen und bestmöglich integrieren. Darüber hinaus verstärken wir unsere kommunalen Bemühungen in der Entwicklungszusammenarbeit, damit Menschen sich gar nicht erst auf die Flucht begeben müssen.“
Die Stadtregierung würde sich mit diesem Beschluss zukünftig auch dafür einsetzen, dass Menschen in besonderen Notlagen sich nicht auf lebensgefährliche Fluchtrouten begeben müssen, sondern auch weitere legale Wege in die EU nutzen können. Verena von Mutius-Bartholy, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sieht darin auch eine historische Verpflichtung : „So wie Deutschland in seiner Geschichte schon oftmals Kontingent-Flüchtlinge gezielt ins Land geholt hat, um sie vor Krieg und Elend zu schützen, wollen wir auch zukünftig so genannte Resettlement-Programme im Rahmen der UNHCR unterstützen und in Augsburg etablieren. Wir werden der Bundes- und Landesebene mitteilen, dass wir auch über die Kinder aus Lesbos hinaus als Friedensstadt für weitere humanitäre Aufnahme im Rahmen unserer Möglichkeiten und Kapazitäten bereitstehen.“
Die Stadt Augsburg wird, laut Beschlussvorlage, in einem Schreiben an das Bundes- und das Landesinnenministerium ihre Bereitschaft ausdrücken, Flüchtlingskinder aus dem Lager in Lesbos im Rahmen der vorgesehenen Verfahren aufzunehmen und das vom Bundesministerium des Inneren und dem UNHCR entwickelte staatlich-gesellschaftliche Aufnahmeprogramm „NesT – Neustart im Team“ für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge unterstützen.
„Mit diesem Beschluss wird der „Augsburger Dreiklang“ aus Erfüllung der rechtsstaatlichen und vom Grundgesetz gebotenen Pflichten in Augsburg einerseits, der aktiven Entwicklungszusammenarbeit zur Bekämpfung lokaler Fluchtursachen andererseits, und nunmehr der humanitären Unterstützung von Personen, die in besonderem Maße und Flucht und Vertreibung leiden, komplettiert“, wie es in der Vorlage heißt. Der Beschlussvorlage gingen Anträge der Grünen (bereits am 2. Februar 2020), der ÖDP, der Polit-WG sowie ein dramatischer Appell des Arbeitskreises unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge voraus.
Die Zahl der Unterbringungsplätze für minderjährige Geflüchtete (Stand Mai 2020), die von den Trägern der Jugendhilfe zur Verfügung gestellt werden könnten, beträgt aktuell 47. Aufgenommen sollen unbegleitete minderjährige Geflüchtete, die im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen von der Bundesrepublik Deutschland oder dem Freistaat Bayern aufgenommen und verteilt werden.