DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Donnerstag, 18.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

MEINUNG

Augsburg: Eine Stadt macht dicht – und sperrt ihre Bürger aus

Eine städtische Pressemitteilung, die darauf hinweist, dass ein öffentliches Areal knapp zwei Jahre nicht zugänglich ist, wird seitens der Augsburger Bürgerschaft nur noch mit Resignation und fatalistischem Achselzucken zur Kenntnis genommen. Gemeint ist das Olympiagelände am Eiskanal. – Es geht nicht um Corona-Sperrungen aus Infektionsschutzgründen, sondern um den ganz normalen Wahnsinn der konkret temporären wie dauerhaft strukturellen Enteignung der Augsburger Bürger.

Kommentar von Siegfried Zagler

© DAZ – Das Naturstadion des Olympiageländes bleibt ….

Wie lange ist der Perlachturm bereits für Augsburger Bürger und Touristen gesperrt? Eine Ewigkeit! Warum so lange? Die Antwort ist einfach: Weil für eine schnelle Sanierung die Mittel fehlen. Wie lange blieb aus gleichem Grund das historische Lueginsland gesperrt? Eine gefühlte Ewigkeit! Noch länger gesperrt ist die Dominikanerkirche. Die älteren unter den DAZ-Lesern erinnern sich noch dunkel daran, dass darin einmal ein Römisches Museum untergebracht war. Wie lange befindet sich der Bahnhof bereits im Umbau und funktioniert nur mit Containerbetrieb?

Das große Haus des Staatstheaters könnte eine Ewigkeitsbaustelle bleiben – und somit auf unbestimmte Zeit geschlossen werden. Wie lange blieb in den Achtziger Jahren das alte Stadtbad wegen Sanierungsarbeiten verschlossen? Ein Jahrzehnt?! Noch weiter zurück liegen die Abrissunternehmungen des Ludwigsbaus oder der alten Hochablassgaststätte – aus fadenscheinigen Gründen. Die Vernichtung des Rathausplatzes durch einen Stadtsparkassenanbau verhinderte bereits in den Sechzigern eine durch die Augsburger Allgemeine sensibilisierte Bürgerschaft. Später verhinderten starke Bürgerallianzen die Verkaufsoption des Augsburger Trinkwassers sowie die Teilprivatisierung der Augsburger Stadtwerke.

Schließen, verpachten, verkaufen, abreißen. Viel mehr als das monetäre Argument der hohen Unterhaltskosten oder Sanierungskosten fiel den zurückliegenden Stadtregierungen zur Abwicklung des Eigentums der Augsburger Bürger nicht ein, während man gleichzeitig die Personalkosten durch neue Stellenbesetzungen in astronomische Höhen trieb.

Mitten in der Stadt gibt es einen Busbahnhof statt des versprochenen Boulevards. Mitten in der Stadt gammelt eine Wiese (Lotzbeckwiese) vor sich hin, die ein Park sein könnte. Nicht weit davon entfernt ist seit Jahrzehnten bei der Kahnfahrt ein riesiges Gelände hermetisch verschlossen, weil die Stadt diesen Park an den Lechfischereiverein verpachtet hat, ohne Öffnungsauflagen. Direkt daneben unterhält die Altaugsburggesellschaft den Fünffingerlesturm, ohne ihn der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Verkauft wurde ohne Not und noch nicht einmal gewinnbringend das ehemalige Stadtarchiv.

… zwei Jahre verriegelt – ©DAZ

In der Gribl-Ära wurde die schleichende Enteignung der Augsburger Bürger eher beschleunigt als verlangsamt. Man denke nur an die Pläne, die ehemalige Stadtbibliothek zu verkaufen – oder an die Pläne, das alte Stadtbad an Privatbetreiber zu verpachten. Beides wurde ebenfalls durch starke Bürgerinitiativen verhindert. Erinnert werden soll an dieser Stelle auch an die monatelange Bürger-Aussperrung durch temporäre Vermietung städtischer Parks an “historische Vereine”, die mit pseudohistorischem Klamauk und Bratwurst die Parks am Roten Tor und am Wertachbrucker Tor zu unbetretbaren Partyzonen verwandelten.

Dass die Olympia-Kanustrecke grundlegend saniert werden muss, soll nicht ernsthaft bezweifelt werden, obwohl man die Frage der Zweckhaftigkeit stellen darf: Wem hilft das? Welcher Gemeinwohleffekt wird dadurch verfolgt? Ein paar Dutzend Hobbykanuten und der Spitzensport profitieren davon – und vermutlich wird die Kanu-WM 2022 vom BR aufgezeichnet und von ein paar Tausend Zuschauern vor Ort verfolgt. Knapp 20 Millionen soll die Sanierung kosten – zu 90 Prozent wird das Projekt vom Freistaat und vom Bund gefördert.

Kein schlechter Fischzug der Stadt, in finanzieller Hinsicht. Skandalös dagegen die zweijährige Schließung des Geländes! Warum dauert das so lange? Diese Antwort ist die Stadt den Augsburger Bürgern schuldig.