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Freitag, 26.12.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Verkehr

Urteil: Verwaltungsgericht Augsburg sieht Klimacamp vom Grundgesetz gedeckt

Schlappe für die Stadt Augsburg: Verwaltungsgericht erklärt Klimacamp für rechtlich zulässig

Klimacamp auf dem Fischmarkt © DAZ

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat mit seinem Urteil vom 6. November 2020 einer Klage eines Vertreters der örtlichen „Fridays For Future“-Gruppierung (Kläger) gegen den Feststellungsbescheid der Stadt Augsburg, in dem für das sogenannte „Klima-Camp“ die Eigenschaft als Versammlung verneint wird, stattgegeben und somit den Bescheid der Stadt Augsburg vom 10. Juli 2020 aufgehoben.

Mit ihrem Bescheid vom 10. Juli 2020 stellte die Stadt Augsburg ihre Rechtsauffassung dar, dass die seit dem 1. Juli 2020 auf dem Fischmarkt stattfindende Veranstaltung keine öffentliche Versammlung darstelle und nicht mehr von Art. 8 des Grundgesetzes gedeckt sei. Die durchgeführten Demonstrationszüge würden eigene Versammlungen darstellen. Anderen Aktionen habe der räumliche oder inhaltliche Zusammenhang mit dem „Klima-Camp“ gefehlt. Aktionen wie das Malen von Bannern oder Workshops dienten der Vorbereitung weiterer Versammlungen. Zahlreiche Aktionen hätten keinen Bezug zur Meinungskundgabe oder zum Versammlungsthema „Klimagerechtigkeit“. Das „Klima-Camp“ stelle daher in einer Gesamtbetrachtungkeine eigenständige Versammlung (mehr) dar.

Gegen diesen Feststellungsbescheid der Stadt Augsburg erhob Ingo Blechschmidt (Friday for Future) Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg – mit Erfolg: Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburg kam nämlich zu dem Ergebnis, dass die getroffene Feststellung der Stadt, die Veranstaltung der Klimaaktivisten sei keine Versammlung (mehr), nicht zutreffe.

Im Urteil führt die 8. Kammer u.a. aus, das „Klima-Camp“ stelle nach seinem Gesamtgepräge eine Versammlung im Sinne des Bayerischen Versammlungsgesetzes dar, weil es überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sei. Es ziele darauf ab, die Öffentlichkeit auf die aus Sicht des Klägers bestehende klimapolitische Situation aufmerksam zu machen. Dies komme durch die dauerhafte Präsenz der Veranstaltungsteilnehmer am Veranstal- tungsort unter Verwendung von Transparenten zum Thema „Klimagerechtigkeit“ zum Ausdruck. Außerdem fänden Aktionen wie Sprechchöre und Reden zum Versammlungsthema, Umfragen der Bevölkerung und Vorträge zum Versammlungsthema am Veranstaltungsort statt. Angesichts dieses Schwerpunkts sei es nach Überzeugung des Ge- richts unschädlich, dass im Rahmen des Klima-Camps auch Aktionen und Workshopsangeboten würden, die nicht unmittelbar mit dem Versammlungsthema „Klimagerechtigkeit“ in Zusammenhang stünden.

Wegen des inhaltlichen Bezugs zum Versammlungsthema falle auch das dauerhafte Kampieren auf öffentlichem Grund vorliegend unter den Schutz der Versammlungsfreiheit. Für eine Versammlung bestünden keine zeitlichen Höchstgrenzen. Das vorübergehende Ruhen oder Schlafen der einzelnen Versammlungsteilnehmer lasse in diesem Zusammenhang den Schutz der Versammlungsfreiheit nicht entfallen. Soweit einzelne der Infrastruktur der Versammlungsteilnehmer dienende Mittel nicht vom Schutz der Versammlung umfasst seien, stehe es der Stadt frei, hierüber eine Entscheidung zu treffen.

Seit dem 1. Juli wohnt und lebt Kläger und Klimaaktivist Ingo Blechschmidt im Klimacamp auf dem Fischmarkt – Foto © DAZ

Gegen das Urteil (Au 8 K 20.1179) kann die Stadt Augsburg Antrag auf Zulassung der Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof stellen. Die Stadt reagierte zeitnah und kündigte an, die Begründung des Gerichts zu prüfen und „darauf aufbauend entscheiden, ob die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beantragt wird“. Anders gesagt: Falls die Stadt Erfolgsaussichten erkennen sollte, wird sie Berufung in München einlegen, da die Klimacamper der Stadt unaufhörlich um die Ohren hauen, dass die Stadt mit ihren Klimaschutzmaßen weit hinter ihren selbst formulierten Zielen liegt.

Das Klimacamp ist für die Stadt ein schmerzhafter Stachel im Fleisch, denn während die Schwarz-Grüne Augsburger Stadtregierung gebetsmühlenhaft proklamiert, dass Klimaschutz ihr ein zentrales und wichtiges Anliegen sei, kritisieren die Klimaaktivisten Stadtregierung und Stadtspitze scharf: „Wir weisen Tag und Nacht darauf hin, dass die Stadt Augsburg entgegen ihres öffentlichen Images Klimagerechtigkeit nicht ernst nimmt und plant, das Augsburg zustehende Treibhausgasrestbudget um das Dreifache zu überschreiten. Die Stadt begegnete diesem friedlichen Protest junger Menschen mit einem Räumungsbescheid, den das Gericht nun für unrechtmäßig erklärte.“

Dass die Stadt das Thema nicht verstehe, würde man auch an ihren Begründungsversuchen im Rahmen des Gerichtsprozesses erkennen, da die Stadt unsere Unterschriftensammlung für mehr und sicherere Radwege nur ‚im weitesten Sinne‘  in einen Bezug zu unserem Versammlungsthema Klimagerechtigkeit setzen wollte. Dabei sei der motorisierte Verkehr Deutschlands drittgrößte Quelle an Treibhausgasemissionen. Augsburg zu einer echten Fahrradstadt zu machen, liege vollständig im Wirkungskreis der Stadt. So das Klimacamp in einer Presseerklärung kurz nach Bekanntgabe des Verwaltungsgerichtsurteils. – „Wir hoffen, dass die Stadt mit uns nun ein inhaltliches Gespräch sucht. Ein solches gab es seit Beginn des Camps nicht“, so Klimacamp-Aktivistin Stefanie Bauer.

 

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