DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Samstag, 06.09.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Lokalpolitik

Augsburger Theatersanierung: Planung steht vor dem Aus

Die Stadtregierung in Augsburg legte am 19. Juni 2020 die ersten belastbaren Zahlen bezüglich der Kostenplanung auf den Tisch und steht seitdem im Feuer. Statt 186 Millionen darf man nun davon ausgehen, dass die Gesamtsanierung mit möglicherweise 321 Millionen zu Buche schlägt.

Von Siegfried Zagler 

Woher die zusätzlichen 100 + x Millionen Euro kommen sollen, steht in den Sternen. Im Zeichen der Coronakrise werden vom Staat und den Kommunen Steuermittel für Konjunkturpakete und Pflichtaufgaben verwendet – und Luxusprojekte auf die lange Bank geschoben. „Nice-to-have“ war gestern. In Augsburg hat diese schlichte Formel die neue Stadtregierung in eine Krise gestürzt – noch vor dem Verstreichen der 100-Tage-Frist. Kollektives Schweigen scheint das Gebot der Stunde zu sein. Die Grünen sind darüber hinaus in der Versenkung verschwunden und hoffen wohl darauf, dass man mit Klima-Statements und einem CSU-Amigo-Deal wie bei der Verfristung des 28-Millionen Zuschusses über die Runden kommt. Rettung kann demnach nur von der Staatskanzlei kommen. Kommt sie nicht, wird man sich von der Sanierung, wie sie aktuell geplant ist, verabschieden müssen und dem Drängen auf ein Moratorium nachgeben.

Eva Weber vor der Wahl: Augen-zu-und-durch ist nicht meine Politik und würde es auch mit mir als Oberbürgermeisterin nicht geben

„Weitere Kredite und Zuschüsse“ sagt unverblümt mit einem „hörbaren Achselzucken im Unterton“ CSU-Bezirkschef Volker Ullrich auf die DAZ-Frage, wie er sich denn die weitere Finanzierung in der aktuellen Wirtschaftssituation mit der aktuellen Kostenexplosion vorstelle. Viel mehr als das Prinzip Hoffnung steht dabei allerdings nicht dahinter. Dabei stand das Projekt lange als Versprechen einer seriösen Kostenplanung im Raum. So sagte im August 2019 die damalige OB-Kandidatin Eva Weber im DAZ-Interview, dass „der Stadtrat zur Theatersanierung einen Grundsatzbeschluss gefasst hat, der an einen Kostendeckel gebunden ist. Daran haben wir uns zu halten, daran hat sich der Architekt zu halten. Augen-zu-und-durch ist nicht meine Politik und würde es auch mit mir als Oberbürgermeisterin nicht geben.“ Momentan sieht es allerdings so aus, dass „Augen-zu-und-durch“ für Eva Weber die einzige Option zu sein scheint.

Kurt Gribl 2017: Ich bin mir sicher, dass wir da nicht blauäugig reingegangen sind

Im Oktober 2017 sprang der damalige Augsburger OB Kurt Gribl dem Architekten Walter Achatz zur Seite, als dieser wegen der Mehrkostenentwicklung des Münchner Gärtnerplatztheaters von Landtagspolitikern angegangen wurde: Man habe bei der Planung in Augsburg Vorsorge getroffen, Erfahrungen aus anderen Projekten berücksichtigt und ein externes Controlling für Bauablauf und Baukosten eingerichtet. „Ich bin mir sicher, dass wir da nicht blauäugig reingegangen sind.“ (Quelle: Augsburger Allgemeine). An diesen Aussagen der beiden großen Sanierungspolitiker Gribl und Weber wird das umstrittene Projekt nun vom neuen Stadtrat zu messen sein. Kurt Gribl hat sich in die Frühpension verabschiedet, seine Nachfolgerin muss jetzt die Suppe auslöffeln, die Kurt Gribl und ein gutgläubiger Stadtrat der Stadt Augsburg eingebrockt haben.

„Staatstheater nicht entscheidungsreif“ – Opposition fordert Aufschub

Es ist sogar denkbar, dass sich der neugewählte Stadtrat bereits am 23. Juli in der letzten Stadtratssitzung vor der Sommerpause von dem aktuellen Sanierungsprojekt distanziert. Die Grünen, die noch für die erste Kreditaufnahme ihre Mitglieder befragten, stellten sich zwar bisher inhaltlich vor das Projekt, doch je näher der 23. Juli rückt, desto unentschlossener wirken einige Fraktionsmitglieder. Vorstellbar ist auch, dass die Grünen in dieser Angelegenheit – um eine Zerreißprobe zu vermeiden – den Fraktionszwang aufheben. Eine Mehrheit des Stadtrates könnte somit den Anträgen auf ein Moratorium folgen, eine Idee von Bruno Marcon (AIB), die von mehreren Gruppierungen und Fraktionen aufgegriffen wurde.

Mit einem Dringlichkeitsantrag fordert zum Beispiel die Soziale Fraktion (SPD/Linke) die Oberbürgermeisterin auf, in der Juli-Sitzung des Augsburger Stadtrates keine Entscheidung zu den jetzigen Planungen der Sanierung herbeizuführen. Der Stadtrat soll stattdessen über ein Moratorium zum Staatstheater beschließen. „Jetzt eine Entscheidung zu treffen, mit dem Hintergedanken, wir rücken von den Planungen nicht mehr ab, koste es was es wolle, ist mit der SPD/DIE LINKE-die soziale fraktion nicht zu machen. Augsburg kann sich ein Staatstheater von über 300 Millionen Euro nicht leisten!“, so Fraktionschef Florian Freund. Christine Wilholm, bildungspolitische Sprecherin der Linken kritisiert bei der neuen Stadtregierung auch deren taktisches Verhältnis zur Wahrheit: „Ich halte es übrigens für unredlich, die Kostenexplosion beim Staatstheater am Rande einer Pressekonferenz zur schwierigen Haushaltslage aufgrund der Corona-Krise kurz zu verkünden. Die Corona-Krise hat mit der massiven Kostensteigerung beim Theater aber schon überhaupt nichts zu tun!“

Aus guten Gründen nicht vermittelbar

Die Fraktion der Bürgerlichen Mitte schließt sich wohl der Forderung nach einem Moratorium an, da sie die Planung für altbacken hält: „Wenn ich einem jungen Menschen aus Augsburg erkläre, dass wir ein Theater sanieren, in dem nach der Fertigstellung immer noch bemalte Leinwände als Kulissen an Seilen aus einem Turm heruntergelassen werden, hält er das Projekt in der Tat für ziemlich aus der Zeit gefallen. Weitere Einsparungen an der derzeitigen Planung halte ich für nicht realistisch, denn die Kostenexplosion findet ja bereits bei der reduzierten Sparvariante statt. Andererseits kann es auch kein Einfach-weiter-so-egal-was-es-kostet-die-Leute-regen-sich-jetzt-mal-auf-vergessen-das-aber-wieder geben. Das ist weiten Teilen der Stadtgesellschaft aus guten Gründen nicht vermittelbar.“ So Peter Hummel auf Anfrage. Hummel, der für die Fraktion Bürgerliche Mitte (FW/FDP/PA) im Kulturausschuss sitzt, würde den Theaterstandort Augsburg gerne zu einem weltweiten Hotspot für digitale Bühnentechnik machen: „So, wie wir früher als Schülerinnen und Schüler in die Bavaria Filmstudios gefahren sind, kommen die Schulklassen künftig nach Augsburg. Um sich verblüffen zu lassen, zu staunen – und um Zugang zum Theater der Zukunft zu erlangen.“

Falls der Stadtrat dennoch an dem aktuellen Projekt festhalten sollte und ein Moratorium ablehnt, wird eine ernstzunehmende Bürgerinitiative versuchen das Projekt zu stoppen. Ein erstes Treffen fand bereits am Montag statt. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die Kritiker der Theatersanierung eben gegen diese Sanierung vorgehen und nicht gegen das Augsburger Vier-Sparten-Theater, das in seinem Fortbestand nicht zur Disposition steht. —- Grafik: DAZ

 

gesamten Beitrag lesen »



Rolf von Hohenhau zur Augsburger Theatersanierung: „Eine totale Verarschung des Stadtrats und der Bürger“

Rolf Baron von Hohenhau ist sekundenschnell „auf der Palme“ – in seiner Eigenschaft als Präsident des Bundes der Steuerzahler in Bayern – wenn er zur Planung der Augsburger Theatersanierung befragt wird. Im Telefongespräch mit der DAZ verliert er bereits nach Sekunden die Fassung und sagt, dass sich das gesamte Theatersanierungsprojekt zur „totalen Verarschung des Stadtrats […]

gesamten Beitrag lesen »



Volker Schafitel im DAZ-Interview zur Theatersanierung: Das Projekt ist kostenmäßig und planerisch längst aus dem Ruder gelaufen

Die Geschichte der aus dem Ruder laufenden Kosten und einer von Einsparungen verhunzten Planung kennt außerhalb des Büros Achatz und der zuständigen städtischen Verwaltung wohl nur Volker Schafitel genau, der von 2014 bis 2020 im Stadtrat saß. Schafitel, von Beruf Architekt, gilt als einer der kompetentesten Kritiker der Theatersanierung. DAZ: Herr Schafitel, die neue Stadtregierung, […]

gesamten Beitrag lesen »



Enninger und Schenkelberg machen Augsburgs Stadtspitze komplett

Mit Martin Schenkelberg und Jürgen Enninger hat der Stadtrat am vergangenen Donnerstag die Chefs für das Sozialreferat und für das Referat Kultur/Sport gewählt Mit Martin Schenkelberg und Jürgen Enninger ist die Referentenriege der neuen Augsburger Stadtregierung unter Oberbürgermeisterin Eva Weber komplett. Nach ihrer Vorstellung im Stadtrat wurden die beiden Kandidaten in ihre Ämter als berufsmäßige […]

gesamten Beitrag lesen »



Wegen Baupreisteigerung schießen die Kosten der Theatersanierung durch die Decke – Stadt Augsburg steckt in einer Finanzkrise

Die Stadt will trotz schwieriger Haushaltslage wegen Corona handlungsfähig bleiben – Strategisch stehen nicht generelle Haushaltskürzungen, sondern Projektverschiebungen im Vordergrund – In Sachen Theatersanierung ist eine neue Grundsatzdebatte zu erwarten. Nach finanziell vergleichsweise guten Zeiten bringt die Corona-Krise auch den Haushalt der Stadt Augsburg in eine schwierige Lage. „Während das erste Jahr des Doppelhaushalts 2019/20 ohne […]

gesamten Beitrag lesen »



Stadtregierung: Jürgen Enninger wird Kulturreferent und Martin Schenkelberg Sozialreferent

Die Entscheidung ist gefallen, die beiden letzten offenen Referentenstellen sind besetzt Als die DAZ im vergangenen März, wenige Tage nach der Kommunalwahl, die ersten Zeichen erhielt, dass der bisherige Kulturreferent Thomas Weitzel keine weitere Amtszeit erhalten soll, stand sofort die Frage im Raum, wer sein Nachfolger werden könnte. Doch selbst aus den innersten Kreisen der […]

gesamten Beitrag lesen »



Auswahlverfahren steht vor dem Abschluss – Am Donnerstag wählt der Stadtrat die ausgeschriebenen Referenten

Nach Informationen der DAZ steht die Findungskommission der Stadt Augsburg bezüglich der zwei ausgeschriebenen Referentenposten für das Kultur- und Sozialreferat kurz vor dem Abschluss des Auswahlverfahrens. Insgesamt haben sich für das Kulturreferat 66 Personen und für das Sozialreferat 53 Personen beworben. Nicht darunter sind Horst Thieme (Grüne) und Ruth Hintersberger (CSU), die als heiß gehandelte […]

gesamten Beitrag lesen »



Coronakrise: Stadt vor Einstellungsstop

Mit dem Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland Mitte März 2020 haben sich die finanziellen Grundlagen der Kommunen in dramatisch verschlechtert. Aus diesem Grund liegt dem kommenden Stadtrat eine Beschlussvorlage vor, die empfiehlt, die Besetzung von neu geschaffenen Planstellen zum Stellenplan 2020 zurückzustellen. Davon betroffen sind diejenigen Stellen, für die bis zum 04.05.2020 noch keine Ausschreibungsaktivitäten gestartet […]

gesamten Beitrag lesen »



Über die Verpflichtung der Politik zum Gemeinwohl – Eine Kunstaktion im öffentlichen Raum: Der Alternative Kulturausschuss im Augustanasaal

Die letzte Kulturausschuss-Sitzung der alten Stadtratsperiode fiel im März Corona-bedingt aus. Nun wurde die am 15. Juni vorgesehene konstituierende Sitzung des neuen Kulturausschusses abgesagt. Begründung: Mangel an Themen, die zu besprechen wären. Kreative Reaktion der Kulturschaffenden: Eine „alternative“ Ausschuss-Sitzung  zur vorgesehenen Zeit im Augustanasaal. Tagesordnung: Themen für den Kulturausschuss, die vorher über eine „Spendensammlung“ eingingen. […]

gesamten Beitrag lesen »



ANA: AVV soll Mitnahmemöglichkeit wieder einführen

Die angekündigte Tariferhöhung im AVV wird nach Einschätzung der ANA nicht aufzuhalten sein, obwohl sie besonders die Fahrgäste trifft, die trotz Corona weiter den ÖPNV nutzen und damit den Straßenverkehr entlasten. Die gleichzeitig zur Tariferhöhung angekündigte Senkung der Umsatzsteuer von 7 auf 5 Prozent führt nach Auffassung der ANA für ein halbes Jahr zu einer […]

gesamten Beitrag lesen »



Suche in der DAZ

  

DAZ Archiv

September 2025
M D M D F S S
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
2930