„Evita“ auf der Freilichtbühne
In diesem Jahr kommt die Freilichtbühne ohne Feuerwerk aus. Eine stimmige Inszenierung von Harold Prince mit hervorragenden Darstellern setzt mehr auf nachdenkliche Überraschung als auf billige Show-Effekte.
Von Halrun Reinholz
Ensemble mit Evita (Katja Berg) und Juan Peron (Alexander Franzen)
Es ist kein Wunder, dass man bei „Evita“ immer wieder an „Jesus Christ Superstar“ erinnert wird. Nur ein paar Jahre zuvor hatten Andrew Lloyd Webber und Tim Rice die Passionsgeschichte Jesu als erfolgreiches Musical lanciert. „Evita“ ist ein spröderer, weil weniger bekannter Plot. Doch die Idee dahinter ist höchst aktuell: Aufstieg einer einfachen Frau in die höchsten Kreise. Eva Duarte (Evita) wird als Evita Peron „First Lady“ in Argentinien. Damit zieht sie in der Nachkriegszeit alle Blicke auf sich und wird nicht zuletzt auch durch ihren frühen Krebstod zur Legende. „Che“ (Hannes Staffler) ist derjenige, der als moderierender Erzähler Evita Perons Leben im Rückblick aufrollt. Katja Berg zeigt als Hauptdarstellerin pausenlos Bühnenpräsenz und besticht mit ihrem nuancierten Gesang. Alexander Franzen als Juan Peron ist in Augsburg auch kein Unbekannter mehr. Bekannt ist dem Publikum auch Gerhard Werlitz, eigentlich Mitglied des Opernchors, der immer wieder solistisch in Erscheinung tritt. Sein komisches Talent kommt ihm in der Rolle des Agustin Magaldi sehr zugute.
Evita (Katja Berg) auf den Balkon – Fotos: Jan-Pieter Fuhr
Das sind dann auch schon alle Darsteller, die in dem Musical vorkommen. Eine stumme Person „La Vida“ kommt noch hinzu, deren Bedeutung nicht so klar ist: das junge Spiegelbild von Evita? Die Allegorie des Todes? Die wenigen Personen sind deshalb ordentlich gefordert in den zweieinhalb Stunden. Unterstützt werden sie von einem Sängerensemble, vom Opernchor mit Verstärkung durch den Chor der Young Stage Akademie und natürlich wie immer vom Augsburger Ballett. Sebastiaan van Yperen dirigiert gut gelaunt das mit allerlei Zusatzinstrumenten verstärkte Orchester.
Die Geschichte um einen „guten“ Herrscher, der „das Volk“ liebt, ist so alt wie die Welt und offenbar auch im Moment gerade wieder aktuell. Wieviel Skrupellosigkeit braucht es, um zur Macht zu kommen und wie schnell ist sie wieder verflogen? Doch die Inszenierung tut gut daran, nicht zu konkret zu werden. „Evita“ ist ein „Kammer-Musical“, es kommt ohne große Show-Effekte aus. Höhepunkt ist natürlich „Don`t cry for me Argentina“, auf dem Balkon des Präsidentenpalastes, das die Menschen im Saal zum Weinen bringt. Auch die Kulisse verzichtet auf Pomp, zeichnet gemalte Häuserfassaden, die sich zur Balkonszene öffnen. Und von Anfang an steht der Sarg im Blickpunkt, aus dem Evita aufsteht, um ihre Geschichte zu erzählen – bzw. sie von Che erzählen und kommentieren zu lassen. Feuerwerk wäre da unverhältnimäßig. Dem Theater und seinen Zuschauern seien noch viele laue Sommerabende mit „Evita“ gewünscht.