Energiewende
Müssen Besitzer privater Photovoltaik-Anlagen bald Netzentgelte zahlen?
Kaum vermeldet die Stadt Augsburg den erfolgreichen Abschluss ihres Solarförderprogramms, schon ziehen dunkle Wolken über den Photovoltaik-Anlagen der Bürger auf: Die Bundesnetzagentur will die Netzentgelte künftig auch auf Einspeiser von Strom umlegen.
Von Bruno Stubenrauch
PV-Anlage – Symbolbild
1.300 Augsburger haben seit Ende 2023 Förderungen für PV- und Solarthermie-Anlagen beantragt – die bereitgestellten 500.000 Euro sind nun komplett vergeben. Mehr als die Hälfte der Förderungen entfielen auf Photovoltaik-Anlagen. Deren Rentabilität könnte ab 2028 jedoch einen herben Dämpfer bekommen. Dies geht aus dem Diskussionspapier der Bundesnetzagentur „Rahmenfestlegung Allgemeine Netzentgeltsystematik Strom“ (AgNeS) vom Mai 2025 hervor. Das Verbrauchermagazin inside digital, ein Online-Fachmagazin für technische Themen im deutschsprachigen Raum, spricht bereits von einer „Sonnensteuer“.
Auch Einspeiser sollen künftig zahlen
Hintergrund: Der Europäische Gerichtshof hat bereits 2021 die deutsche Stromnetzentgeltverordnung für unionsrechtswidrig erklärt. Die Netzagentur muss nun eine neue Netzentgelt-Systematik entwickeln, die die Finanzierung der Netze sichert und auch neue Marktakteure wie Prosumer*) berücksichtigt. In Deutschland zahlen bisher nur Letztverbraucher Netzentgelte.
Wie es im Diskussionspapier heißt, würden jedoch auch die Einspeiser – insbesondere Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE) – erhebliche Netzkosten verursachen (Netzanschluss, -ausbau, -stabilisierung). Daher sollen diese künftig finanziell an den Netzkosten und dem bis 2045 geplanten Stromnetzausbau beteiligt werden.
Für Anlagenbesitzer unsozial
Das Diskussionspapier stellt sechs Finanzierungselemente vor. Diese treffen auch private Besitzer von PV-Anlagen – teils mit erheblichen finanziellen Nachteilen, auch für Bestandsanlagen. Die Ersteller der vor einer Woche gestarteten Petition „Finger weg von der Photovoltaik!“ halten mindestens vier der Elemente für unsozial. Welche der Finanzierungselemente zur Anwendung kommen, und ggf. mit welchen Anteilen, ist noch nicht bekannt. Berechnungen der Petenten und von inside digital gehen jedoch davon aus, dass auf die Anlagenbesitzer Netzentgelte bis zu 3,3 Cent pro eingespeister Kilowattstunde zukommen könnten. Da die Einspeisevergütung bereits bei nur noch 7,94 Cent pro kWh liegt, könnte dies den Anlagengewinn stark schmälern oder sogar Verluste erzeugen.
Kreative Verwaltung
Eines der sechs Elemente nennt sich „Baukostenzuschuss“. Den entsprechenden Abschnitt im Diskussionspapier muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Bisher war der Begriff „Zuschuss“ positiv belegt: Alle stellten sich darunter eine Art Förderung vor, wie sie bis vor kurzem von der Stadt Augsburg gewährt wurde. Damit ist nun Schluss. In seiner Verwendung bei der Netzagentur steht der Begriff der Wortschöpfung „Sondervermögen“ in nichts mehr nach, Zitat:
„Der Baukostenzuschuss für Einspeiser könnte ergänzend zum Einspeiseentgelt im Zuge der Anschlusserstellung und -erweiterung einmalig vom Anschlussnehmer entrichtet werden. Damit könnte ein Preissignal gesendet werden, welches einen Anreiz zum sparsamen Umgang mit Netzanschlusskapazität .. setzt (Anreizfunktion).“
Da sage noch jemand, unsere Verwaltung sei nicht kreativ!
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Diskussionspapier „Allgemeine Netzentgeltsystematik Strom“ (pdf, via Bundesnetzagentur)
Petition „Finger weg von der Photovoltaik!“
*) Der Begriff „Prosumer“ setzt sich aus „Producer“ (Erzeuger) und „Consumer“ (Verbraucher) zusammen. Prosumer ist also jemand, der Strom nicht nur verbraucht, sondern auch selbst produziert – zum Beispiel mit einer PV-Anlage auf dem Dach.