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Sonntag, 21.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Karambo, Karacho, Kachunga

Am heutigen Samstag (15.30 Uhr) ist der SC Paderborn in Augsburg zu Gast. Die SGL Arena dürfte ausverkauft sein, womit verbürgt ist, dass die Ostwestfalen in der Bundesliga zu einer Attraktion geworden sind.

Von Siegfried Zagler

Paderborn liegt an der Pader, die mit vier Kilometer Länge der kürzeste Fluss Deutschlands ist. Dieser Fluss und eine ehemalige Quelle (Born) sind die Namensgeber einer Stadt, die neben ihrem alles überragenden Dom seit zwei Jahren eine weitere Attraktion zu bieten hat: den SC Paderborn 07, der im vergangenen Jahr mit einem Mini-Etat von 6 Millionen Euro als potentieller Abstiegskandidat in der Zweiten Liga den zweiten Platz belegte und ins Oberhaus aufstieg. Doch damit nicht genug: Der SC Paderborn nimmt in der Fußballbundesliga in diesem Jahr mit einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit eine Rolle ein, die der FCA in der zurückliegenden Saison innehatte. Eine Feststellung, die dem FCA allerdings schmeichelt, denn die Augsburger waren letztes Jahr eine Überraschungsmannschaft, die Paderborner sind eine Sensationsmannschaft, die sich vom FCA vor allem in einer Hinsicht unterscheidet: Sie haben Mittelstürmer in ihren Reihen , die in der Lage sind, Tore zu schießen. Das traf in der vergangenen Saison auf Mahir Saglik zu, der mit 30 Jahren und 25 Treffern Torschützenkönig der Zweiten Liga wurde, aber lange an einem schweren Muskelbündelriss laborierte und in dieser Saison noch kein einziges Spiel bestritt. Und das trifft in der laufenden Saison auf Elias Kachunga (22) zu, der zur aktuellen Erfolgsbilanz der Paderborner (Platz 7) mit vier Toren und einer Torvorlage nicht unwesentlich beitrug.



Paderborn besticht durch taktische Präzision


Kachunga ist aber nicht nur ein torgefährlicher und spielstarker Angreifer, sondern auch ein Stürmer, der mit seinem Laufspiel die Innenverteidiger sofort unter Druck setzt, wenn sie mit der Spieleröffnung zögerlich sind.  Die Mannschaft von Andre Breitenreiter agierte auswärts nicht selten mit einem klassischen 4-1-4-1-Mittelfeldpressing. Es ist gut möglich, dass Breitenreiter mit der gleichen Taktik wie in Hamburg spielen lässt, wo die Ostwestfalen ihren großartigen Auswärtserfolg landeten. Also Kachunga auf der linken Seite anlaufen lässt, um das Augsburger Spiel auf die rechte Seite zu zwingen, wo sie in der Offensive schwächer bestellt sind. Die beiden Achter Vrancic und Bakalorz spielten in Hamburg sehr weit vorne und standen somit in der Rückwärtsbewegung höher als die beiden Außen. In der Mitte sind die Paderborner auf Balleroberung aus und von den Außen wird rasch die Mitte eng gemacht, wenn die hoch stehenden Achter überspielt werden. Der Erfolg der Paderborner ist kein Zufall oder eine rasch vorübergehende Form-Erscheinung, die sich mit mystischen Bewertungsformeln („geschlossenen Mannschaftsleistung-hohe Kampfbereitschaft“) verklären lässt. Die Mannschaft von Andre Breitenreiter ist natürlich gut organisiert und sehr diszipliniert agierend, aber ihre eigentliche Stärke liegt in ihrer taktischen Präzision und an der mutigen Spielweise in die Spitze, wo Karamba-Karacho-Kachunga für Gefahr sorgt. Das unheimlich Aufregende an der Paderborner Mannschaft, die wahre Sensation besteht aber darin, dass sich diese Mannschaft aus Spielern zusammensetzt, die alle in ihren Karrieren Brüche zu verzeichnen haben. Wenn es in einer Profikarriere darum geht, das Ziel zu verfolgen, in der Ersten Liga zu spielen, dann kann man nachvollziehen, welch ein Feuer in dieser Mannschaft brennt: Die Ostwestfalen stellen eine Mannschaft von ehemals in diesem Sinn gescheiterten Begabungen. Paderborns Keeper Lukas Kruse, der zum Beispiel zwei Jahre beim FCA in der Zweiten Liga Ersatztorhüter war, erreicht nun, wie alle anderen Spieler der Paderborner mit Verzögerung und auf Umwegen, sein Ziel und berichtet mit seiner Leistung und seinem Verein von einem Irrtum der anderen, die sein Talent seinerzeit nicht angemessen bewerteten.

Eine richtungsweisende Partie?

Den Augsburgern kann das alles egal sein. Sie haben zuletzt gegen Freiburg zu Hause überzeugend gespielt und waren auf Schalke den Knappen in allen Belangen überlegen, aber allerdings zu dumm, ihre spielerische Überlegenheit in ein passendes Ergebnis umzumünzen. Unabhängig davon, sollte der FCA mit seinem „Heimgesicht“ ( Daniel Baier) in der Lage sein, die Paderborner in die Knie zu zwingen. Wenn es Sinn machen sollte, von richtungsweisenden Partien zu sprechen, dann war das letzte Heimspiel gegen Freiburg eine solche Partie und dann ist die heutige Partie gegen Paderborn eine solche Partie, die, falls sie vom FCA nicht gewonnen werden sollte, die Augsburger endgültig in die Abstiegsregion abrutschen ließe.