Erinnerungskultur
Denkort Halle F 116 – Erinnerungskultur im Würgegriff von Tragwerksplanern und Betonsanierern
Vor knapp vier Wochen hat Peter Bommas in der DAZ die plötzliche Schließung des Erinnerungs- und Lernorts F116 im Sheridan-Areal kommentiert, deren Bedeutung für die Erinnerungsarbeit unterstrichen sowie die Informationspolitik der Stadt dazu kritisch beleuchtet und Vorschläge für Zwischenlösungen gemacht. Jetzt scheint aus dem Fall ein Drama in mehreren Akten zu werden. Die Diskussion um die Bausubstanz und die Tragfähigkeit der Halle 116 geht in die nächste Runde.
von Peter Bommas
Aktuelle Aussagen zur weiteren Nutzung des Erinnerungs- und Lernorts deuten auf eine eingeschränkte Sofortnutzung unter Auflagen und eine fünfmonatige Vollsanierung mit Kompletteröffnung im Spätherbst 2025 hin. Auf Anfrage sprechen die für die Standfestigkeit und den Bauunterhalt zuständigen städtischen Ämter davon, dass die Druckfestigkeit des untersuchten Stahlbetons nach Untersuchung des Betons im Inneren der Stützen und des Fundaments die „vorübergehende Standfestigkeit“ garantiert und somit die Räume im Erdgeschoss mit „baustellenbedingten Einschränkungen“ genutzt werden können. Während der notwendigen mehrmonatigen detaillierten Betonsanierung könne die Halle zwar betrieben werden, doch während der Sanierungsarbeiten mit temporären Abstützungen müssten wohl jeweils bestimmte Abschnitte gesperrt werden.
Viele Fragen bleiben offen
Das klingt nicht so, als hätte man in Abstimmung mit der zuständigen Fachstelle für Erinnerungskultur einen guten Weg für eine provisorische Besuchsanordnung gefunden. Für diejenigen, die sich mit Museumspädagogik und Erinnerungskultur auskennen, bleiben da zu viele Fragen offen. Es bleibt also abzuwarten, was dies konkret für den Betrieb der Halle F116 bedeutet, welche der drei ganz unterschiedlich erinnerungskulturell aufgeladenen Schotten das zu welchem Zeitpunkt betrifft und wie das in der Planung von Zeitfenstern für Schulklassenbesuche und Veranstaltungen funktionieren wird. Bei der Fachstelle ist man offensichtlich bemüht darum, Wege zu finden, dass zumindest nach detaillierter Absprache einzelne Gruppen zu Recherchezwecken den Ort aufsuchen können.
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Problematische Kommunikation zwischen Kultur und Technik
Die deutlich verschwurbelten Mitteilungen der Stadt lassen vermuten, dass es zwischen dem zuständigen Liegenschaftsamt und der Fachstelle für Erinnerungskultur deutliche Kommunikationsprobleme gibt. Man hat die Halle F116 offensichtlich ohne Absprache und ohne Rücksicht auf museumspädagogische Expertise voreilig geschlossen und rudert jetzt zurück. Das mag auch erklären, warum es keinerlei Überlegungen dazu gibt – wie vorgeschlagen, möglichst zentral – Ausweichräumlichkeiten zu finden und zu etablieren, die fürs nächste halbe Jahr umfassende Zugänglichkeit zu den ausgestellten Exponaten herstellen könnten. Was ja sowohl für das Jubiläum des Friedensfestes als auch für das Gedenken an 80 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus eigentlich zwingend notwendig wäre – und erst recht für die zur Zeit laufenden erinnerungskulturellen Projekte an den Schulen! So gibt es für die Lern- und Erinnerungsarbeit mit Schulklassen und Studierenden in 2025 lediglich ein schwer zugängliches Provisorium, das unter fachlicher Anleitung zu betreten eine riesige, auch personelle Herausforderung für die zuständige Fachstelle werden wird. Sie werden ihr Bestes geben und in Absprache den einen oder anderen Besuch ermöglichen, aber das übereilte Vorgehen des Liegenschaftsamtes erscheint vor diesem Hintergrund noch unverständlicher. Und niemand kann garantieren, dass die Halle F116 wirklich saniert ab Dezember wieder voll zugänglich sein wird.
Ehrgeizig: Sanierung plus Erweiterung
Foto: Peter Bommas
Umso erstaunlicher, dass die Stadtverwaltung in ihrer Verlautbarung darauf hinweist, dass mit Fertigstellung der Sanierung und der dann uneingeschränkten Nutzung im Spätherbst eine Erweiterung um die Schotte 4 realisiert wird. Dies ist schon lange eine Forderung der zivilgesellschaftlichen Organisationen, von Lehrkräften und wissenschaftlichen Expertinnen und Experten, um das museumspädagogische Angebot in Richtung Workshops, Podiumsdiskussionen, Lesungen, Forschungs-Colloquien und Coachings von Ausstellungs-Guides abzusichern. Wie das im Rahmen der partiellen Schließung bei gleichzeitig angespannter personeller Struktur der Fachstelle professionell und didaktisch angemessen geschehen soll, bleibt ein Geheimnis. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und man wird sehen, wie die für die inhaltliche Arbeit zuständige, im aktuellen Fall nicht unbedingt zu beneidend Fachstelle für Erinnerungskultur mit dieser Situation planerisch und besuchertechnisch umgehen kann. Zu hoffen ist auch, dass im Umfeld der Halle entsprechende Informationstafeln und Hinweisschilder angebracht werden, die potentiellen Besucherinnen und Besuchern den Stand der Dinge erklären.