Mit Taschenmesser auf den Christkindlesmarkt?
Als Reaktion auf das islamistisch motivierte Messerattentat vom 23. August 2024, bei dem in der Messerstadt (sic!) Solingen auf dem „Festival der Vielfalt“ drei Menschen getötet wurden, hat die damalige SPD-Innenministerin Nancy Faeser das Waffenrecht in Bezug auf Messer verschärft. Was bedeutet das für Menschen, die sich auch auf dem Augsburger Christkindlesmarkt nicht von ihrem geliebten Alltags-Accessoire „Taschenmesser“ trennen wollen?
Von Bruno Stubenrauch

Wer kennt es nicht: das beliebte „Schweizer Taschenmesser“
Der geänderte § 42 des Waffengesetzes (WaffG) stellt seit 31. Oktober 2024 klar, dass alle Messer – auch kleine Taschenmesser – unter das Waffenverbot auf öffentlichen Veranstaltungen fallen. Zudem darf die Polizei jetzt auf solchen Veranstaltungen – wie den Augsburger Sommernächten, dem Plärrer, der Dult oder dem Christkindlesmarkt – anlasslose Messerkontrollen durchführen.
„Die Falschen kontrolliert“
Eine solche Kontrolle auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen wurde letztes Jahr vom SWR dokumentiert, vielfach auf sozialen Netzwerken geteilt, und führte zu einem Shitstorm: Nach Meinung der Zuseher schrecke das verschärfte Gesetz gewaltbereite Täter nicht ab, sondern schikaniere nur harmlose einheimische Mitbürger; die Polizei habe mit den beiden älteren Damen „die Falschen“ kontrolliert.
Könnte das auch auf dem Augsburger Christkindlesmarkt passieren, der am 24. November startet? Die Augsburger Polizei möchte sich Vorwürfen wie in Ludwigshafen nicht aussetzen.
Kontrollen in Augsburg nicht anlasslos, sondern lageangepasst
Grundsätzlich seien seit der Gesetzesänderung in Augsburg keine flächendeckenden oder spezifisch anlassunabhängigen Kontrollen auf Veranstaltungen wie der Dult oder den Augsburger Sommernächten durchgeführt worden, so die Polizei auf Anfrage.
Auf dem Plärrer unterstütze man „anlassbezogen“ die Einlasskontrollen des Veranstalters, bei denen gezielt auf mögliche waffenrechtliche Verstöße geachtet wird. Auf dem letzten Christkindlesmarkt seien „lageangepasste“ Maßnahmen mit dem Fokus auf Verstöße gegen das Waffenrecht vorgenommen worden. Bei dieser Praxis soll es auch bleiben, so die Polizei weiter.
Messerverbot ist kein Parkverbot
Harmlos ist das verbotene Mitführen von Messern auf Veranstaltungen nicht: Wer auf dem Christkindlesmarkt ein Messer dabei hat, riskiert deutlich mehr als ein Falschparker. Mit einem Verwarnungsgeld von 25 Euro geht das nicht ab. Vielmehr muss man mindestens mit einem Bußgeld in mittlerer dreistelliger Höhe rechnen. Die maximale Bußgeldhöhe liegt bei 10.000 Euro und ist einzelfallabhängig.
Noch heftiger wird es, wenn man ein Messer auf einer Versammlung wie z.B. einer Demo von „Fridays for Future“ mitführt: Vor drei Jahren wurde eine Augsburgerin wegen Verstoßes gegen das Bayerische Versammlungsgesetz zu einer Geldstrafe von 2.250 Euro verurteilt, weil sie auf einer Corona-Demo ein Taschenmesser mit 9 Zentimeter langer Klinge dabei hatte.
Gesetzeskonforme Lösungen?
Wer auf sein geliebtes Utensil auf dem Christkindlesmarkt absolut nicht verzichten kann, kann es trotzdem gesetzeskonform mitführen: Erlaubt ist die ausnahmsweise Mitnahme, wenn das Messer „nicht zugriffsbereit von einem Ort zum anderen“ befördert wird. Anlage 1 WaffG präzisiert, was „nicht zugriffsbereit“ heißt: Man darf das Messer „nur mit mehr als drei Handgriffen“ erreichen können. Um das sicherzustellen, liefert der Hersteller BÖKER zu seinen Messern inzwischen Etuis mit absperrbarem Reißverschluss mit.
Eine weitere Ausnahme stellt das Führen von Messern „im Zusammenhang mit einem allgemein anerkannten Zweck“ dar. Notwehr gilt nicht als solcher, sehr wohl aber das Schneiden von Lebensmitteln wie Brot, Wurst, Fleisch oder Obst zum Verzehr. Wer seine Bosna oder Steaksemmel also mundgerecht zerteilen will oder muss, darf das mit seinem nicht zugriffsbereit mitgeführten Taschenmesser tun. Nach dem Schneiden muss das Messer aber unverzüglich wieder zurück ins Etui.
Taschenmesser ohne Messer
Eine ganz andere Lösung bietet der von der immer komplizierter werdenden Rechtslage genervte Hersteller Victorinox an: Das legendäre Schweizer Taschenmesser gibt es jetzt in einer Version nur mit Werkzeugen – ganz ohne Klinge.





