Theatersanierung: Terminverschiebung bringt Stadtregierung in Erklärungsnot
Die Verschiebung des Beginns der Sanierung des Großen Hauses des Augsburger Stadttheaters sorgt in der politischen Stadt für Irritationen und bringt die Augsburger Stadtregierung in Erklärungsnot.
Von Siegfried Zagler
Die von Kulturreferent Thomas Weitzel am 22. März en passant verkündete Verschiebung des Sanierungsbeginns des Augsburger Stadttheaters zeigt Wirkung: Es steht nicht viel weniger als die Glaubwürdigkeit der Stadtregierung auf dem Spiel. Wie Thomas Weitzel im Sonderkulturausschuss am 22. März beiläufig erwähnte, soll mit der Sanierung des Großen Hauses nicht (wie ursprünglich geplant) nach dem Opernball im Januar 2017 begonnen werden, sondern erst nach der Spielzeit 2017, also im Herbst 2017. Die Frage, wann diese Umplanung beschlossen wurde, lässt sich grob erfassen: Die Erstellung eines Spielplans setzt für die Theaterleitung eine langfristige Planungssicherheit voraus, sodass davon auszugehen ist, dass die zeitliche Umplanung der Theatersanierung bereits vor vielen Monaten beschlossen wurde.
Als Grund für diese Umplanung wurde vom Augsburger Kulturreferenten Thomas Weitzel in der Hauptsache der laufende Bürgerbeteiligungsprozess in Sachen „Zukunft der Theaterlandschaft“ genannt. Ein vorgeschobenes Argument, wie politische Beobachter und Stadträte aus den Reihen der Opposition vermuten, da in diesem Bürgerbeteiligungsprozess weder der Brandschutz noch die statische Ertüchtigung des Großen Hauses eine Rolle spielen. Diese Sanierungsmaßnahmen wurden von der Stadtregierung zuletzt als „alternativlos“ dargestellt. Wahrscheinlicher sei es, dass das zuständige Kulturreferat mit der Einrichtung und Planung der Interimsspielstätten in Schwierigkeiten gekommen sei. Dies sei eher der Anlass dafür, dass der Sanierungsbeginn verschoben wurde. In einer Anfrage an Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl will nun die Fraktion von Pro Augsburg wissen, warum weder der Kulturausschuss noch die Öffentlichkeit über diesen Aufschub informiert wurden: „Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wie können Sie den Verdacht entkräften, dass hier (wieder einmal) in der Kultur Hinterzimmerpolitik betrieben wurde?“ So endet die Anfrage Pro Augsburgs, die „nur“ die defizitäre Öffentlichkeitsarbeit der Stadtregierung thematisiert, aber nicht nach den Gründen der Verschiebung fragt.
Auch Stadtrat Volker Schafitel vermutet, dass das Problem wohl bei der unbefriedigenden Interimssituation zu verorten ist, verweist aber auf Anfrage auf eine andere Schwachstelle: „Ich erkenne als Architekt nicht, dass der Brandschutz im Großen Haus derart auf Kante liegt, dass deshalb eine sofortige Schließung beziehungsweise eine Generalsanierung erfolgen muss. Meine Einschätzung wird dadurch bestätigt, dass mir OB Gribl die Antwort auf meine Anfrage im Januar 2016 zu den Brandschutzanforderungen und die dafür kalkulierte Kosten bis heute schuldig geblieben ist.“ Schafitel sieht in Sachen Brandschutz nicht zuletzt deshalb keinen überbordenden Handlungsbedarf, weil ihn die Vermutung plagt, dass „es noch gar kein Brandschutzgutachten gibt.“
Schafitels ungeprüfte Denkungsart wurde vom obersten Brandschützer der Stadt, Frank Habermaier, nicht entkräftet. Bei der Komödie, so Habermaier in einem Gespräch mit der DAZ, habe sich die Brandschutzbehörde über einen sehr langen Zeitraum immer wieder auf halbjährige Verschiebungsfristen eingelassen, bis schließlich nach zirka zehn Jahren das Ende der Fahnenstange erreicht worden sei und das Haus wegen nicht erfüllten Brandschutzauflagen geschlossen werden musste. Natürlich gebe es im Großen Haus auch unerfüllte Brandschutzauflagen, die Mängel seien aber längst nicht so gravierend wie seinerzeit in der Komödie. Die erneute Aufschiebung des Sanierungsbeginns sei deshalb nicht so dramatisch zu bewerten, so Habermaier zur DAZ auf Anfrage.
Schwer erfüllbare Brandschutzauflagen waren der Anlass für die Generalsanierung des Augsburger Stadttheaters. Stets wurde von der Stadtregierung angeführt, dass die Schließung des Theaters durch die Brandschutzbehörde ohnehin käme, würde man das Haus zum Zwecke der Sanierung nicht im Januar/Februar 2017 schließen. Im Grundsatzbeschluss zur „Generalsanierung und Neukonzeption des Theaterstandortes Augsburg“ heißt es hierzu: „Der Spielbetrieb kann derzeit nur noch mit erheblichen organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen aufrecht erhalten werden, die seitens der Aufsichtsbehörden nur noch begrenzt bis zur einer Instandsetzungsmaßnahme geduldet und mitgetragen werden. Somit droht die Schließung des Großen Hauses.“
Aus dem Flurfunk der Verwaltung war zu erfahren, dass Sanierungsarchitekt Walter Achatz Anfragen von OB Gribl abzuarbeiten hatte. Sogar ein Treffen soll anberaumt worden sein. Kontakte zwischen Baureferent Gerd Merkle und Walter Achatz hätten nicht die Bedeutungsschwere wie ein Treffen Achatz/Gribl, weshalb man vermuten könne, dass möglicherweise größere Umplanungen in der Schwebe seien. Genaues aber wisse man nicht.
Die Antwort auf die Frage, wer die Verschiebung der Theatersanierung wann und aus welchem Grund beschlossen hat, ist entgegen allen Transparenzversprechungen auf der Homepage der Stadt nicht aufgeführt. Stadtrat Volker Schafitel reagierte auf diesen Hinweis mit Fatalismus: „Auch eine mögliche Begründung mit dem Bürgerbeteiligungsverfahren müsste man nicht glauben, da es ja das Große Haus gar nicht einschließt und laut OB Gribl ein derartiges Beteiligungsverfahren immer schon geplant war.“
—— Grafik: Stadt Augsburg