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Donnerstag, 18.09.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Ausstellungen

Verführung zur Kunst

Sybille Schiller las im Schaezlerpalais Emile Zola

Von Frank Heindl

Lesungen im Rahmen der Ausstellung „Irdische Paradiese“ – eine gute Idee. Die Augsburger Literaturkennerin und Journalistin Sybille Schiller las am Dienstagabend im Festsaal des Schaezlerpalais aus Emile Zolas Roman „Das Werk“ – eine passende Idee. Denn Zolas Geschichte spielt im Milieu der Pariser Impressionisten des 19. Jahrhunderts – von denen einige in den angrenzenden Räumen ausgestellt sind.

Doch „Das Werk“ ist nicht nur eine der für Zola so typischen Milieustudien, sondern gar nicht so ganz nebenbei auch die großartige Beschreibung der Erotik der Kunst – und deren Bezug zur „echten“ Erotik. Ganz unprätentiös liest Sybille Schiller die Beschreibung der ersten Nacht, die der Maler Claude Lantier mit Christine verbringt, einer jungen Frau, die er durchnässt und heimatlos vor seiner Tür aufgegabelt hat. Fasziniert betrachtet der Maler am Morgen heimlich den nackten Mädchenkörper und interessiert sich doch – vorgeblich – nur für dessen Malbarkeit, sieht in der Frau nur das Modell. Doch wie Zola nun in die Gedanken des Künstlers hinterrücks den Wortschatz der Erotik einfließen lässt, darin offenbart sich literarische Meisterschaft und ein großartiges psychologisches Einfühlungsvermögen lange vor Freuds Theorie des Unbewussten. Während der Künstler sein Modell mit den Augen geradezu frisst, „erregt von seinem starken Verlangen, dem Verlangen des Künstlers“, bewegt er, nun ja: „seinen Bleistift.“ Die Theorie von der Sublimierung des Eros in der Kunst kann man kaum prägnanter in Worte fassen! Und als Christine sich – Monate später – noch einmal für Claude entkleidet, beschreibt Zola dessen Berührtheit mit den Worten „er fand sie wieder“, was sich an dieser Stelle fast wie das biblische „und er erkannte sie“ anhört.

Aus der still-erotischen Liebesgeschichte wird schnell das dramatisch-verzweifelte Künstlerschicksal: Lantier weicht trotz verheerender Kritiken nicht von seinem künstlerischen Weg ab, endet erfolglos und verzweifelt und weist schließlich sogar Christine ab, die ihn noch einmal in ein Leben jenseits der Kunst zurückholen möchte. Ein Moment, in dem sich Sybille Schillers Lesetechnik auszahlt: Dem ganz großen dramatischen Moment leiht sie glücklicherweise nicht die ganz große dramatische Stimme, sondern lässt im moderaten Sprachduktus auch das ganz Jämmerliche dieser bewegenden Schlusssequenz aufscheinen, bemüht sich nicht, ein klägliches Scheitern mit überflüssigem Pathos zu überhöhen.

Wer auf dem Weg hinaus noch ein paar Blicke auf die Werke der „Paradiese“-Ausstellung geworfen hat, mag das unter Umständen mit anderen Augen getan haben als zuvor: Man hat sich möglicherweise den Künstler und sein Modell nicht unbedingt als glückliche Menschen vorzustellen.

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Mit den Augen des Künstlers

Eine besondere Attraktion im Rahmenprogramm der Sonderausstellung „Irdische Paradiese“ im Schaezlerpalais ist die Reihe „Künstlergespräche“. Am Donnerstag, den 24. September um 19.00 Uhr zeigt Professor Jörg Maxzin seine persönliche Sicht auf den englischen Bildhauer und Zeichner Henry Moore. Die „Künstlergespräche“ bieten den Besuchern die Möglichkeit, einzelne in der Ausstellung befindliche Werke der Alten Meister aus […]

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Moving Art II – Dialog auf dem Bauzaun

30 Künstlerinnen und Künstler traten am Samstag zur Neuauflage von „Moving Art“ an und setzten auf dem Bauzaun der Kreissparkasse am Martin-Luther-Platz farbige und lebendige Akzente in Augsburgs Innenstadt. „Dialog“ hieß dieses Mal das Motto der Kunstaktion – nach „Energie“ beim ersten Durchgang im Mai. Weiß grundierte Zaunfelder mit jeweils vier bis acht Quadratmeter Größe […]

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Viele Teigtäschchen und eine verzweifelte Vitrine

Paul Schwer im Holbeinhaus Von Frank Heindl Er hat Medizin studiert, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet und dann mit 30 Jahren noch mal neu zu studieren begonnen – diesmal die Kunst. Seit Sonntag zeigt der Kunstverein Augsburg eine Ausstellung mit außergewöhnlichen, interessanten und verblüffenden Werken von Paul Schwer, der zur Ausstellungseröffnung auch selbst anwesend […]

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Helligkeit in vielen Schichten

Christine Metz in der Galerie Evasion Von Frank Heindl Seit vergangenem Freitag zeigt die Galerie „Evasion“ in der Altstadt Bilder von Christine Metz. Unter dem Titel „Nachts ist es immer so hell“ stellt die Malerin Werke aus, die in Acryltechnik und durch teilweise mehrfache Übermalungen entstanden sind. Diese Technik sieht die Künstlerin als stark prozessorientiert: […]

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„Liegender Akt“: Gunther von Hagens zieht Klage zurück

Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gestern mitteilte, hat Gunther von Hagens seine Klage gegen die Stadt im Zusammenhang mit dem „Liegenden Akt“ zurückgezogen. Die Stadt hatte Anfang August die Darstellung zweier Leichen beim Geschlechtsakt in liegender Position verboten und eine Unterlassungsverfügung erlassen. Von Hagens hüllte darauf hin den „Liegenden Akt“ in Goldfolie und reichte beim Verwaltungsgericht […]

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Körperwelten: Grüne werfen Gribl Doppelzüngigkeit vor

Kein Verständnis zeigt die Grüne Stadtratsfraktion für die moralische Entrüstung von Oberbürgermeister Kurt Gribl angesichts der versuchten Präsentation von Sexualakten in der Ausstellung „Körperwelten“. Der OB sei als Aufsichtsratsvorsitzender der Messe GmbH in der Verantwortung, dass die Ausstellung nach Augsburg geholt wurde. Laut Reiner Erben, dem Fraktionsvorsitzenden der Augsburger Grünen, hätte jeder gewusst wie der […]

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Von Hagens will „reduzierten Sexualakt“ zeigen – Stadt Augsburg hält Verbot aufrecht

Gunther von Hagens hat Konsequenzen aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg gezogen, womit das Verbot der Stadt Augsburg zur Ausstellung des „Schwebenden Aktes“ aufrecht erhalten wurde, und hat am Wochenende in seiner Werkstatt in Guben das Plastinat auf den eigentlichen Geschlechtsakt reduziert. Diesen will er ab heute in der Körperweltenausstellung in der Schwabenhalle präsentieren. In […]

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Verwaltungsgericht Augsburg bestätigt Ausstellungsverbot für „Schwebenden Akt“

In einer Eilentscheidung vom 4. September 2009 hat das VG Augsburg das für sofort vollziehbar erklärte und mit einer Zwangsgeldandrohung versehene Verbot der Stadt Augsburg vom 27. August bestätigt, das Exponat „Schwebender Akt“ in der Ausstellung Körperwelten öffentlich zu zeigen. Ebenso wurde die Untersagung der Stadt, der Ausstellung weitere Exponate hinzuzufügen, die offen den Geschlechtsverkehr […]

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Körperwelten: eine Herzensangelegenheit des OB

Die Pressekonferenz am gestrigen Nachmittag in der Augsburger Schwabenhalle gipfelte in einem Eklat. Entgegen der Anordnung der Stadt Augsburg enthüllte Gunther von Hagens im Rahmen der Körperweltenausstellung „Eine Herzenssache“ den plastinierten Geschlechtsakt „Schwebender Akt“, der extra aus London eingeflogen worden war. Nachdem sich von Hagens der Aufforderung der Stadt-Juristin widersetzte, das Exponat wieder zu verhüllen, […]

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