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Freitag, 19.12.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Polit-Thriller auf der Brechtbühne

Mit der Uraufführung des Recherchestückes „Auf dem Paseo del Prado mittags Don Klaus“ bringt das Staatstheater Augsburg ein spannendes Stück Dokumentationstheater auf die Bühne

Von Halrun Reinholz

Auf dem Paseo del Prado mittags Don Klaus – Foto © Jan-Pieter Fuhr

Der Titel ist sperrig und macht zunächst nicht viel Lust, sich auf den (über drei Stunden dauernden) Theaterabend einzulassen. Doch bei näherem Hinsehen wird die Neugierde geweckt. Klaus Barbie, der berüchtigte „Schlächter von Lyon“, war, das ist manchen bekannt, nach dem Krieg für den amerikanischen Geheimdienst in Augsburg tätig. Danach gelangte er, auch unter aktiver Mitwirkung der katholischen Kirche, nach Bolivien, wo er aufgespürt und schließlich 1987 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. In seinem Fall waren das gerade noch vier Jahre, die er vor seinem Tod absitzen musste. Soweit die dürren Fakten, die, wenn überhaupt, noch  im heutigen kollektiven Bewusstsein sind.

Dem Inszenierungsteam „Futur II Konjunktiv“ ist es ein Anliegen, den Einzelheiten solcher Fälle auf den Grund zu gehen. 2014 haben sich Mathias Naumann und Johannes Wenzel unter diesem Namen zusammengeschlossen, um das Ergebnis ihrer soliden Recherchen in eine theatrale Ausdrucksform zu bringen. Nun eben den Fall Klaus Barbie ins Augsburger Theater.

„Irgendwas stimmt hier nicht, also in größerem Zusammenhang“, ist die Prämisse, die eine Kette von unglaublichen Vorkommnissen wie einen Polit-Thriller vor den Zuschauern ausbreitet. Der Plot entwickelt sich anhand von drei zentralen Figuren: Klaus Barbie kann in Diensten des amerikanischen Geheimdienstes seine Kenntnissen und seine Vernetzung zunächst in Augsburg anwenden. Als seine NS-Vergangenheit den Amerikanern zu heiß wird, sorgen sie für seine Abschiebung nach Bolivien, wo er mit seiner Familie unter der neuen Identität die Geheimdienste der wechselnden Militärdiktaturen schult und gleichzeitig sein Netzwerk aus Nazi-Zeiten weiter pflegt. 

Eine weitere Protagonistin ist Monika Ertl, Tochter des NS-Kameramannes Hans Ertl, die ebenfalls in Bolivien aufwächst, wo ihr Vater Minenbesitzer ist. Barbie kennt sie als „Onkel Klaus“, einen Freund ihres Vaters. Die Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft führt sie in den späten 1960er Jahren zu der einst von Che Guevara gegründeten linksrevolutionären Guerillaorganisation ELN. Als Rächerin von Che Guevara ermordet sie Roberto Quintanilla Pereira, der seinerzeit für dessen Ermordung verantwortlich war. 

Der Bolivianische Geheimdienst (unter maßgeblicher Mitwirkung von Klaus Barbie) sorgt dafür, dass sie mit nur 35 Jahren („das Durchschnittsalter eines Bergmanns in Bolivien“) liquidiert wird. Die dritte  Figur des Plots ist Michel Cojot-Goldberg, der in Lyon als Kind die Verhaftung und Deportation seines Vaters durch Klaus Barbie miterleben musste. Auch er gelangt beruflich nach Südamerika und wird mit der dort kaum verhohlenen Nazi-Szene konfrontiert („Mit der Zeit sieht man, Nazis sind überall“). Als er die wahre Identität von Klaus Altmann erfährt, will er Rache nehmen. Als Journalist getarnt sitzt er ihm gegenüber, zieht aber die Waffe nicht. Erst Serge und Beate Klarsfeld gelingt es, durch ihre hartnäckige Recherche die Auslieferung und den Prozess gegen Barbie zu erwirken, der schließlich zu seiner Verurteilung führt.

Naumann und Wenzel bringen diese Erzählstränge nicht linear, aber in schnellen Szenen schlüssig auf die Bühne. Da es sich um Dokumentartheater handelt, sprechen die Fakten, was den Zuschauern, aber vor allem dem Schauspielteam, ein Höchstmaß an Konzentration auf sehr viel Text abverlangt. Es handelt sich dabei jedoch nicht um philosophische Überlegungen (wie es die Grundfrage um Recht und Gerechtigkeit nahelegen könnte), vielmehr werden die Geschehnisse in fast comichaften (und durchaus manchmal auch komischen) Szenen rekonstruiert. 

Den Hauptakteuren sind zwar feste Rollen zugeordnet, doch stellen alle Darsteller wechselweise mit schneller Verkleidung auch andere Figuren dar. Thomas Prazak  gibt im Brustton der Überzeugung Klaus Barbie, Marlene Hoffmann verkörpert Monika Ertl, Roman Pertl und Sebastian Müller-Stahl teilen sich (auch, indem sie immer mal ihre Sakkos und Jacken tauschen) die Rolle von Michel Cojot-Goldberg, letzterer verkörpert aber auch  den fürsorglichen Ehemann Serge Klarsfeld, dessen Frau Beate (Karoline Stegemann) den Fall Barbie schließlich zum Gerichtsfall werden lässt.

Gerald Fiedler gibt generell (und nicht ohne Komik) den Typen im steifen Hut ab, Kurt Merk, aber auch Staatsanwälte und sonstige Beamte. Das Bühnenbild von Christina Nyffeler ist ein raffiniertes Arrangement in rosa, das sowohl an ein Schwimmbad (oder an einen Folterkeller), als auch im rechten Teil mit Säulen an einen Gerichtssaal erinnert. Unebenheiten erschweren die allzu glatte Spielweise. Trotz der hohen Textdichte und der langen Dauer wirkt die Aufführung nicht langatmig. Keine Fiktion hätte einen besseren Thriller-Effekt als die nackten Fakten, die einem um die Ohren fliegen – als hohe Theaterkunst. Der lange Applaus des Premierenpublikums zeigt, dass der Nerv getroffen wurde.

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AEV schlägt Iserlohn

Die Augsburger Panther haben die 1. Playoff-Runde der DEL erreicht. Drei Spieltage vor Schluss siegten die Panther gegen die Iserlohn Roosters hochverdient mit 4:1 und sind damit vom zehnten Tabellenplatz nicht mehr zu verdrängen. Die Treffer für die Panther erzielten Daniel Schmölz (18.), Drew LeBlanc (32., 58.) und Patrick McNeill (34.). Für die Roosters war […]

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Kommentar: Ein Hoch auf Hopp und Schalke 04

Dietmar Hopp ist kein dubioser Geschäftmann, kein Öl-Oligarch, kein geltungsbedürftiger Börsenmakler oder etwas in der Art. Er hat ähnlich wie Gates, Jobs und viele andere aus dem Nichts im Digitalzeitalter ein Milliarden-Vermögen aufgebaut, das er – längst nicht mehr im Geschäft – nun in seine Region auch in soziale Projekte zurückfließen lässt. Seine romantische Idee, […]

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FCA verliert erneut nach Koubek-Patzern

Der FC Augsburg verliert am 24. Spieltag der Fußballbundesliga gegen Borussia Mönchengladbach vor knapp 30.000 Zuschauern in der WWK-Arena mit 2:3. Die Tore erzielten Ramy Bensebaini (49.) und Lars Stindl (53./79.) für Borussia Mönchengladbach sowie Eduard Löwen (57.) und Alfred Alfred Finnbogason (83.) für den FCA. Von Udo Legner Augsburgs Coach Martin Schmidt veränderte sein Team nach der 0:2 Niederlage in Leverkusen gleich auf vier Positionen: Für Kapitän Baier (gesperrt), Framberger, Uduokhai [...]

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Kulturwahlkampf – das Finale im Martinipark

Die Ständige Konferenz lädt am Dienstagabend (3. März) ins Staatstheater Augsburg ein. Im Martinipark sollen die Defizite und die Stärken der Augsburger Kulturpolitik herausgearbeitet werden: Was darf man hoffen, was ist zu befürchten? Wenige Tage vor der Kommunalwahl 2020 stellen sich prominente Kandidaten von CSU (Eva Weber), SPD (Dirk Wurm), den Grünen (Martina Wild), den […]

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AEV holt Punkt gegen Ingolstadt und kann sich am Sonntag gegen Iserlohn für die Playoffs qualifizieren

Die Augsburger Panther haben beim ERC Ingolstadt nach ordentlicher Leistung immerhin einen Punkt im Kampf um die Playoffs eingefahren, verloren am Ende aber im Penaltyschießen mit 2:3. Die Treffer für die Panther erzielten David Stieler (17.) und Drew LeBlanc (41.). Für Ingolstadt waren Wayne Simpson (25., 66.) und Brandon Mashinter (29.) erfolgreich.  Tray Tuomie musste […]

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Kommentar: Der Feind auf meiner Liste

Man kann sich bei jeder Kommunalwahl köstlich amüsieren. Heuer zum Beispiel darüber, dass man die WSA-Liste einem Casting-Büro als Besetzungsliste für einen Fassbinder-Film hätte verkaufen können. Kommentar von Siegfried Zagler Ein in die Jahre gekommener Vorstadtcasanova, eine junge Schönheit mit ukrainischen Wurzeln, ein Besitzer einer Hausmeisterfirma, eine Prokuristin eines Bestattungsinstituts schließen sich zusammen, um der […]

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Eine ganz persönliche Brechtfestival-Bilanz

Es ist vorbei! Und als es vorbei war, dachte ich, es ist gut, dass es vorbei ist. Ich dachte nicht: endlich! oder Gottseidank! Auch nicht: schade! Ich dachte nur: gut, dass es vorbei ist. Von Knut Schaflinger Denn: • der Kopf rauschte – das kam vom Hören, vom Schauen, vom Wegsehen, vom Staunen, vom Reden […]

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Brechtfestival: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner dürfen weitermachen

Die Entscheidung, ob das Duo Tom Kühnel und Jürgen Kuttner als künstlerische Leiter des Augsburger Brechtfestivals weitermachen dürfen oder nicht, ist gefallen. Die Augsburger CSU ist nach Informationen der DAZ nun doch auf die Linie des Augsburger Kulturreferenten Thomas Weitzel eingeschwenkt und wird am kommenden Montag im Kulturausschuss geschlossen einem Antrag zustimmen, der Kuttner und […]

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Überwerfungen bei WSA: Marcella Reinhardt tritt aus – Vorstand spricht von „gezielter Diffamierungskampagne“

Die Augsburger Kommunalwahl hat ihren ersten Skandal: Marcella Reinhardt, die dem Regionalverband der Sinti und Roma vorsitzt und auf Platz 6 der Liste „Wir sind Augsburg“ steht, hat heute ihren Austritt aus dem Verein erklärt und sich gegenüber der DAZ  erklärt. Sie könne sich nicht mit einer Liste identifizieren, deren Frontmann sich in einer Ausschussgemeinschaft […]

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Operettenglanz im Martinipark

Das Hallen-Flair des Martiniparks wurde am Rosenmontag schon zum zweiten Mal zur Glitzerkulisse der BR-Gala mit Verleihung des  Operettenpreises Von Halrun Reinholz „Die wilden 20er“ waren das Motto der Operettengala, die der Bayerische Rundfunk im Martinipark zelebrierte. Die Operette – ein totes Genre? Den Eindruck hatte man nicht, wenn auch das zahlreich anwesende Publikum doch […]

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Brechtfestival: Schwejk im Nebel der Verfremdung

Große Erwartungshaltung bei der Schauspielpremiere zum Brechtfestival: Armin Petras verwob den braven Soldaten Schwejk von Jaroslav Hasek mit der Arbeit an Brechts „Schwejk im Zweiten Weltkrieg“. In Zusammenarbeit mit den Städtischen Bühnen Prag entstand auch noch eine (zweisprachige) „Spurensuche“ nach Hasek und Schwejk im Tschechien der Gegenwart. Aus den vielversprechenden Ideen entwickelte sich einiges, aber […]

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DAZ heute

Kurznachrichten

Kommunalwahl: Unterstützer können diesen Samstag unterschreiben



Wer unter der Woche berufsbedingt keine Zeit hat, zu normalen Öffnungszeiten ins Bürgerbüro zu gehen, hat am kommenden Samstag, 20. Dezember, die einmalige Gelegenheit, einer der drei Parteien BSW, Volt und WerteUnion zur Teilnahme an der Kommunalwahl zu verhelfen. Mit dem Auslegen der Listen für Unter­stützer­unter­schriften in der Stadtbücherei von 9 bis 13 Uhr kommt die Stadt ihrer […]

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Kreative Auszeit vor Weihnachten: Acryl-Workshops mit Künstlerin Caro Keller



Die stressige Vorweih­nachts­zeit ruft nach einer kreativen Pause! Die Augsburger Künstlerin Caro Keller (CK Modern Art) lädt im Dezember zu insgesamt vier Acryl-Mal-Workshops ein, die eine kleine Flucht aus dem Alltag versprechen und helfen, ein persönliches Kunstwerk zu erschaffen. Die Intensiv-Workshops unter dem Motto „Kreative Auszeit, Paint your wish“ wollen die Chance bieten, den Alltags­stress […]

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Neuer Mietspiegel jetzt gedruckt erhältlich



In der Bürgerinfo am Rathausplatz gibt es jetzt den gedruckten Miet­spiegel 2025 für Augsburg. Seit 1. Dezember steht er bereits online. Er gilt für die nächsten zwei Jahre. Screenshot, Quelle: Stadt Augsburg Der qualifizierte Mietspiegel informiert trans­parent über die ortsüb­lichen Ver­gleichs­mieten in Augsburg. Er zeigt die durch­schnitt­liche Miete für unter­schied­lichen Wohnraum. Damit ist er die Grundlage […]

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Die letzte Lesebühne 2025 – Literatur zum Jahresausklang



Zum Abschluss des Jahres lädt die Lesebühne Augsburg am Donnerstag noch einmal zu einem lite­rari­schen Kurztrip ins Annapam ein. Von Bruno Stubenrauch Fünf Autor*innen präsentieren pointierte Texte – mal kriminell, mal ein bisschen böse, dann wieder romantisch und mit einem Hauch von Weihnachten. Die lite­rari­schen Quickies sorgen für Abwechslung, Über­raschungen und beste Unter­haltung. Wer noch […]

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Zeichenkurs im Römerlager



Einen völlig anderen Zugang zu den Römerexponaten vermitteln die Kunst­sammlungen & Museen Augsburg am 4. Advent. Foto: KMA In einem Workshop können Interessierte beim gemein­samen Zeichnen einen genauen Blick auf die Aus­stellungs­stücke im Römerlager im Zeughaus werfen. Durch das Zeichnen eröffnen sich neue Per­spektiven auf die Objekte und man erhält einen tieferen Zugang zur Gestaltung und […]

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