Kommentar: Ein Hoch auf Hopp und Schalke 04
Dietmar Hopp ist kein dubioser Geschäftmann, kein Öl-Oligarch, kein geltungsbedürftiger Börsenmakler oder etwas in der Art. Er hat ähnlich wie Gates, Jobs und viele andere aus dem Nichts im Digitalzeitalter ein Milliarden-Vermögen aufgebaut, das er – längst nicht mehr im Geschäft – nun in seine Region auch in soziale Projekte zurückfließen lässt. Seine romantische Idee, den Klub, in dem er einst in seiner Jugend kickte, zu einem Erstligisten zu entwickeln, mag eine Milliardärsschrulle sein, mehr aber auch nicht: Die TSG Hoffenheim 1899 gibt nicht nur im Profifußball eine gute Figur ab, sondern auch in der Jugendarbeit und im Breitensport. Das Stadion ist schmuck und die überschaubare Fanszene friedlich. Kurzum: Am Modell Hoffenheim gibt es wenig auszusetzen.
Dass Hopp als pars-pro toto-Sündenbock für die Kommerzialsierung des Fußball herhalten muss, hat nichts mit seinem Charakter, seinem Lebenslauf oder SAP zu tun. Hopp ist ins Visier der Fanszenen geraten, weil es lange Zeit möglich war, ihn ungestraft zu verunglimpfen. Einen Milliardär öffentlich zu beleidigen, ist zu einem Ulk der “Ultras” geworden. Natürlich ist das menschenverachtend und natürlich hat man seitens des DFBs viel zu lange zugesehen. Hetze, Rassismus, Homophobie darf man nirgendwo rechtsfreie Räume geben.
Wer die Kommerzialisierung des Fußballs anprangern will, sollte politisch denken – und sollte vor allem daran denken, dass die Fanszenen einen hohen Anteil daran mitentwickelt haben. Sie sind der “menschliche Faktor”, die Stimmungsmacher, also diejenigen, die den Wettbewerben, den Tabellenständen große Bedeutung abgewinnen. Ohne die Gesänge und die Begeisterung der Fans ließe sich der Fußball viel schwerer an die Medien verkaufen.
Auf den deutschen Fußballplätzen stehen in allen Ligen Pöbeleien gegen Schiedsrichter auf der Tagesordnung, sind rassistische Beleidigungen gegen dunkelhäutige Spieler etwas Normales, sind Schmähgesänge gegen Spieler ein Teil dessen, was unter “Fankultur” zu verstehen ist. Dazu gehört auch das aberwitzige Abbrennen von sogenannten “Bengalos”, das weder DFB noch die Vereine in den Griff bekommen.
Damit soll nun Schluss sein! Der DFB stand selbst lange im Fadenkreuz staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, überlässt die Fußballnationalmannschaft der Männer einer Trainerwitzfigur und erzielte mit der Einführung des Videoschiedsrichters den Effekt, dass sich Stadionbesucher veräppelt vorkommen. Der DFB ist am wenigsten in der Lage, an den Missständen in den deutschen Stadien etwas zu ändern, weil er als Instanz selbst angreifbar war und ist.
Will man die Probleme lösen, muss die Liga (DFL) hart und konsequent durchgreifen. Müssen sich die Vereine auf einen Ethik-Kodex verständigen, der jenseits von Betroffenheitsgesten auf den Fantribühnen keine Sprache mehr zulässt, die menschenverachtend ist. Den ersten Schritt haben nun Christian Streich und die Veranwortlichen von Schalke 04 unternommen.
“Diese Hetze gegen Menschen ist nicht hinnehmbar”, so Freiburgs Trainer Christian Streich. “Die Menschen lieben Fußball in diesem Land, er hat eine wichtige Funktion. Wenn es so weitergeht, stehe ich dahinter, dass ein Spiel einfach beendet wird und man nach Hause geht. Man darf auf keinen Fall darüber hinwegsehen.”
Konkret und deutlich kündigte der FC Schalke 04 eine kompromislose Haltung an: “Sollten am kommenden Dienstag (3.3.) im Pokalspiel gegen den FC Bayern München, beim Spiel gegen die TSG Hoffenheim (7.3.) oder auch bei zukünftigen Spielen derartige Vorkommnisse in der Veltins-Arena sichtbar werden, wird unsere Mannschaft den Platz verlassen – ungeachtet der Spieldauer, des Resultats oder etwaiger Konsequenzen”, heißt es in einer Stellungnahme des Vorstands um Alexander Jobst, Peter Peters und Jochen Schneider.
“Vielleicht brauchen wir einen Einstufenplan: Ein Transparent – Spielabbruch!” So die Schalke-Chefs, die somit den den Dreistufenplan des DFB als untauglich charakterisieren. Bei Schmähungen ist laut DFB vorgesehen, im Stadion erst die Partie zu unterbrechen und eine Stadiondurchsage zu veranlassen, in einer etwaigen zweiten Stufe die Spieler in die Kabine zu schicken und im letzten Schritt notfalls die Partie abzubrechen.
Auf ein Hetz-Transparent soll auf Schalke der sofortige Spielabbruch folgen. “Wir werden die Verursacher dieser Diffamierungen ausgrenzen”, so Jochen Schneider.
“Der FC Schalke 04 legt Wert darauf, eines unmissverständlich klarzustellen: Wir distanzieren uns ganz klar von derartigen Plakaten, diffamierenden Äußerungen und persönlichen Beleidigungen und akzeptieren keinerlei Bagatellisierung”, heißt es in dem Schreiben weiter. Man muss sich dabei nicht mit großer Geste aufs Grundgesetz berufen, die Stadionordnung reicht aus, wie die Schalke-Chefs festgestellt haben: “Die Werte unseres Vereins und des Leitbilds, das wir uns selbst gegeben haben, lassen keinerlei Spielraum für Toleranz angesichts von Hass, Intoleranz und Diffamierung.”
Mit dieser großartigen Ansage steht der FC Schalke bisher allein an weiter Front. Es ist zu hoffen, dass der FC “Friedensstadt” Augsburg schnellstmöglich nachzieht.