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Montag, 03.11.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Wirtschaftspolitik

Digitalisierung: Die gleiche Arbeit wird in absehbarer Zeit von der Hälfte der Mitarbeiter erbracht werden

Wird es in Zukunft noch genug Arbeit geben? Oder wird die Digitalisierung den Menschen aus Arbeitsprozessen fast komplett ausschließen? Vor rund 400 Gästen im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses sprachen Philosoph Prof. Peter Sloterdijk und Prof. Gordon Rohrmair, Präsident der Hochschule Augsburg, bei der Auftaktveranstaltung des vom Freistaat Bayern und der EU geförderten Weiterbildungsprojekts „TEAM 4.0.“ über die Herausforderungen der Gegenwart.

Peter Sloterdijk im Goldenen Saal

Peter Sloterdijk im Goldenen Saal Foto: Regio Augsburg Wirtschaft GmbH


„Eine Gesellschaft, die keinen Verpackungsverschluss an der Kondensmilch hinbekommt, der beim Öffnen nicht spritzt, wird auch so schnell keine künstliche Intelligenz schaffen, die die Welt auslöscht“, witzelte Rohrmair eingangs, um als IT-Experte bei der Bewertung zukünftiger Entwicklungen am Arbeitsmarkt aus gewerkschaftlicher Sicht eine düstere Prognose zu geben: „Die gleiche Wertschöpfung wird in absehbarer Zeit von der Hälfte der Mitarbeiter erbracht werden.“ Treiber dieser Entwicklung ist nicht nur die rasant wachsende Effizienz in der Produktion, die durch Digitalisierung und Industrie 4.0. weiter vorangetrieben wird. Auch neue digitale Geschäftsmodelle wie Amazon oder UBER drehen an der Effizienzschraube: Als Plattform-Innovationen zielen sie darauf, die Märkte transparenter zu machen. Was für den Kunden gut sei, erhöhe den Druck auf die Zulieferer der angebotenen Leistungen enorm und krempelt ganze Branchen um.

Seit der Antike haben Gesellschaften neue Qualifikationen erwerben müssen

„Der Ausdruck digitale Transformation täuscht darüber hinweg, dass es eigentlich eine Metamorphose ist. Von einer neuen Technologie führt also kein Weg zurück“, so Prof. Rohrmair. In der Dimension sei der Wandel vergleichbar mit der Erfindung der Dampfmaschine, die durch die Ablösung der Muskelkraft einen enormen Wohlstandsschub bewirkt habe. „Nun stehen wir vor der Erweiterung der geistigen Kraft“, prognostizierte Rohrmair. Dies erfordere den Aufbau völlig neuer Qualifikationen, wie zum Beispiel bei der Medienfähigkeit und beim Umgang mit einer Vielzahl komplexer Informationen. Dass beschleunigte Strukturrevolutionen klassische Merkmale der Zivilisationsgeschichte sind, arbeitete Peter Sloterdijk heraus: „Wir leben in einer Generation, die von dem Gefühl heimgesucht wird, dass ihr Leben von einer Zäsur durchschnitten wird, die ihresgleichen sucht.“ Aber seit der Antike hätten ganze Gesellschaften neue Qualifikationen erwerben müssen, so etwa im alten Athen, das erstmals eine umfassende Alphabetisierung seiner Bürger anstrebte. Heute stehe die Gesellschaft vor der Herausforderung einer Art „Hyperalphabetisierung“ um die Fertigkeiten „Lesen – Schreiben – Programmieren“. Dass diese beschleunigten Entwicklungen Menschen beunruhigen, liege in der Natur des Menschen.

Der Mensch ist das Tier, das ausweicht, weil es mit einem angeborenen Gefühl Schmerz zu erwarten ins Leben startet

„Menschen sind geborene Eskapisten, der Mensch ist das Tier, das ausweicht, weil es mit einem angeborenen Gefühl Schmerz zu erwarten ins Leben startet“, so Sloterdijk. Dass wir mit unserem „Sinn für das Unheimliche“ nicht immer richtig liegen, zeige unsere häufig falsche Überschätzung von Risiken. „Es ist mir leider nicht immer gelungen, selbst hochrangigen Politikern den Unterschied zwischen Risiko und Gefahr begreiflich zu machen“, resümmierte der Philosoph. „Das Hauptereignis unserer Generation ist Migration. Seit dem 18. Jahrhundert haben wir eine beispiellose Abwanderung aus der Landwirtschaft in die Städte erlebt“ und heute erfolge eine „robotische Invasion“, denn „die eigentlichen Einwanderer sind Maschinen“. Am Beispiel der Automobilindustrie erklärte Sloterdijk, wie wir bereits gelernt haben, uns an eine „Invasion smarter Maschinen“ anzupassen: „Wir haben heute in Deutschland bei 82 Millionen Einwohnern 45 Millionen zugelassene Fahrzeuge – diese Fahrzeuge sind irgendwoher gekommen, dies ist als eine Art Einwanderung zu beschreiben.“ Redewendungen in Bezug auf unser Auto wie „Ich stehe da hinten“ würden zeigen, dass eine Identifizierung mit Maschinen im Bereich der Automobile weit fortgeschritten sei. Für die Akzeptanz weiterer Maschinen in Zukunft sei auch entscheidend, wie die „robotische Einwanderung fiskalisch interpretiert werden und als Nettobeitragszahler erschlossen werden kann.“

Deutschland ist auch ein Auswanderungsland für Maschinen

Deutschland sei mit seinem Exportüberschuss aktuell auch ein Auswanderungsland für Maschinen, deswegen stellt sich derzeit die Situation für den Produktionsstandort Augsburg noch etwas anders dar. Der Mangel an adäquat qualifizierten Fachkräften sei aktuell ein Produktionshemmnis für zahlreiche Unternehmen. „Wir können diesen Fachkräftemangel nicht lösen, indem wir nur Fachkräfte von außen hinzuziehen. Wir werden nicht umhin können, unser eigenes Potenzial zu qualifizieren“, fügte Andreas Thiel, Geschäftsführer der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH hinzu. ————-

Das Projekt TEAM 4.0 soll Beschäftigte auf die technologischen Umbrüche am Arbeitsmarkt vorbereiten und wird getragen von der Hochschule Augsburg, der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH und dem BBZ Berufsbildungszentrum. Es wird in den nächsten drei Jahren Weiterbildungen rund um das Thema Arbeit 4.0. anbieten. Es wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds in Bayern und aus Landesmitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration gefördert. Projektträger ist die Hochschule Augsburg, Projektpartner sind das Berufsbildungszentrum Augsburg der Lehmbaugruppe gGmbH sowie die Regio Augsburg Wirtschaft GmbH. Kooperationspartner sind die weiteren Partner des TEA-Netzwerkes der Transfereinrichtungen Augsburg, das Anwenderzentrum Material- und Umweltforschung der Universität Augsburg, das FZG Projekthaus Augsburg sowie die Fraunhofer-Einrichtung für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV und das Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie des DLR in Augsburg.

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Vortrag: Prof. Dr. Jürgen Prien über sein Buch „Luthers Wirtschaftsethik“

„Den Fuckern ein Zaum ins Maul legen“ – Luthers Kapitalismuskritik und Wirtschaftsethik. – So heißt ein Vortrag von Jürgen Prien, der am Donnerstag, den 28. September 2017 um 19.00 Uhr im Annahof 4 stattfindet. Martin Luther war ein leidenschaftlicher Kritiker des Handelskapitalismus seiner Zeit. Hans-Jürgen Prien widmet sich in seinem Buch „Luthers Wirtschaftsethik“ der historischen […]

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Pettinger: IHK verdreht die Sachlage

Die Augsburger ÖDP bewertet den Sachverhalt bezüglich des Augsburger Gewerbesteuerhebesatzes im Gegensatz zur Industrie- und Handelskammer Schwaben als eine „Neufestlegung“, die die Steuergerechtigkeit wiederhergestellt habe. Vor Kurzem hat die Regierung von Schwaben als Aufsichtsbehörde den Doppelhaushalt der Stadt Augsburg für die Jahre 2017/18 genehmigt. Dies nahm die IHK zum Anlass, die Stadt aufzufordern, den Gewerbesteuerhebesatz […]

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IHK: Stadt ist mit ihrem hohen Gewerbesteuerhebesatz deutlich im Nachteil

„Die Steuersätze müssen auch wieder sinken“, so lautet der Appell der schwäbischen IHK an die Stadt Augsburg. Die Augsburger Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen machen mehrheitlich gute Geschäfte. Dies ist das Ergebnis der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage. Und dies sei der Hauptgrund für die derzeit sprudelnden Steuereinnahmen der Stadt. Im laufenden Jahr rechne die städtische Kämmerei […]

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Amerika vor der Wahl: Schwäbische Wirtschaft sorgt sich ums Exportgeschäft

Am 8. November wird entschieden, wer als Nachfolger von US-Präsident Barack Obama ins Weiße Haus einzieht. Die IHK Schwaben hat in einer telefonischen Blitzbefragung vor der US-Präsidentschaftswahl die Meinung der schwäbischen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in die USA eingeholt, was sie über die US-Wahl denken und mit welchen Auswirkungen sie auf die Wirtschaft rechnen. Im Jahr […]

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Innenstadt: Wöhrl bleibt

Entgegen anders lautenden Meldungen bleibt das Modehaus Wöhrl dem Standort Augsburg treu. Das Modehaus Wöhrl bleibt am Standort Augsburg bestehen. „Eine gute Nachricht für unsere Augsburger Innenstadt und für das Modehaus mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so Wirtschaft- und Finanzreferentin Eva Weber. Wöhrl habe sich in den vergangenen Jahren am Standort Augsburg durch umfangreiche Neustrukturierung […]

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Grüne fordern rasche Abschaltung des AKW in Gundremmingen

30 Jahre nach der atomaren Katastrophe in Tschernobyl und 5 Jahre nach dem Supergau in Fukushima ist trotz des begonnen Ausstiegs aus der Atomenergie die Sorge um die Sicherheit atomarer Anlagen in der Region groß. Besonders groß ist die Sorge um die Sicherheit des Atomkraftwerkes (AKW) Gundremmingen. Die Stadtratsfraktion der Augsburger Grünen hat deshalb einen […]

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Stadtrat: Kommt die Erhöhung der Gewerbesteuer?

In den kommenden Haushaltsberatungen steht eine Erhöhung der Gewerbesteuer im Raum. „Der Stadtrat wird als eine der ersten Amtshandlungen im neuen Jahr den Haushalt für 2016 beraten und beschließen. Wie schon in den zurückliegenden Jahren wird es dabei kaum Spielraum für neue Wunschprojekte geben. Die knappen Finanzmittel sind praktisch alle bereits verplant. Die Stadtregierung scheint […]

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Gaswerk: Bastelarbeit mit Bastaqualität

Warum die neueste Geschichte des Gaswerks eine Geschichte ist, die für Unbehagen unter den Kulturschaffenden sorgt Von Peter Bommas . Die Stadtregierung überrascht in der Vorweihnachtszeit mit Selbstgebasteltem, kostspielig in Geschenkpapier gewickelt von der armen Stadtwerke-Tochter. Der Dringlichkeitsantrag zum Gaswerkprojekt im Kultur- und die weitergehende Beschlussvorlage im Bauausschuss mit den Auswirkungen zur Diskussion um die […]

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Alfred Müllner wird neuer Energie-Geschäftsführer der Stadtwerke Augsburg

Eine wichtige Personalie für das städtische Tochterunternehmen Stadtwerke Augsburg ist entschieden: Alfred Müllner wird auf Beschluss des Stadtratsausschusses für Wirtschaftsförderung, Beteiligungen und Liegenschafen neuer Geschäftsführer der Bereiche Energie und Wasser bei den Stadtwerken Augsburg (swa). Wie bereits Dr. Walter Casazza wird auch Alfred Müllner ebenfalls Geschäftsführer der swa-Holding. Der 54jährige ist derzeit Alleingeschäftsführer der Stadtwerke […]

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