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Montag, 03.11.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Aus dem Stadtrat

Realschule Augsburg-Ost: Beschluss gefasst – und das politische Armutszeugnis gleich mit

Nach Jahren des Zauderns hat der Augsburger Stadtrat Ende Oktober endlich entschieden: Die neue Realschule im Osten der Stadt soll an der Albrecht-Dürer-Straße entstehen. Nach langem Ringen und zahl­reichen Standort­vergleichen fiel der Beschluss einstimmig. Bildungs­bürger­meisterin Martina Wild sprach von einem „Mehrwert“ durch die Nähe zum Bayernkolleg, CSU-Stadtrat Horst Hinterbrandner lobte die gute Erreich­barkeit, und am Ende gab es sogar Applaus. Was wie ein Fort­schritt klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Dokument der Mutlosigkeit. Denn die Stadt plant eine Schule, die sie dringend braucht – aber so, als hätte sie alle Zeit und alles Geld der Welt.

Von Alexander Meyer

Baufeld an der Albrecht-Dürer-Straße, links das Bayernkolleg – Foto: Alexander Meyer

Ein Zeitplan, der jeden Ehrgeiz vermissen lässt

Baureferent Steffen Kercher nennt 2036 als voraus­sicht­liches Fertig­stellungs­jahr. Elf Jahre für Planung und Bau – das ist kein Zeitplan, das ist ein Offen­barungseid. Schon jetzt pendeln jedes Jahr mehrere Hundert Augsburger Schülerinnen und Schüler in Nachbar­gemeinden, weil die Stadt zu wenig Schulplätze bietet. Trotzdem kalkuliert man so, als ginge es um ein zweites Stadt­theater und nicht um eine Realschule.

In der Privatwirtschaft würde ein Bauprojekt dieser Größen­ordnung in 5 Jahren stehen – mit vergleich­barer Qualität, aber klareren Entschei­dungen und kürzeren Wegen. Doch Augsburg scheint sich an die Langsamkeit gewöhnt zu haben. „Konservativ planen“ heißt im Verwaltungs­deutsch: Wir rechnen lieber mit Stillstand und nennen es Sicherheit. So entsteht ein Paradox: Weil man Risiken vermeiden will, riskiert man das Offen­sichtliche – die Kinder, die eine Schule dringend brauchen sind längst erwachsen, bis die Schule fertig ist.

Die 120-Millionen-Frage

Mindestens so irritierend wie die Zeitplanung sind die Kosten. In der offiziellen Beschluss­vorlage ist von rund 121 Millionen Euro Baukosten die Rede. Davon entfallen knapp 18,4 Millionen Euro auf die Erschließung – also auf Straßen- und Verkehrs­anpassungen. Für den eigentlichen Schulbau bleiben damit gut 102 Millionen Euro. Konkrete Flächen- oder Quadrat­meter­angaben nennt die Stadt nicht. Doch auf Basis üblicher Richtwerte lässt sich eine realistische Nutzfläche von etwa 8.700 Quadrat­metern einschließlich einer Dreifach­turnhalle schätzen.

Legt man diese Schätzung zu Grunde, kostet jeder Quadrat­meter dieser Schule rund 11.700 Euro. Der bayerische Richtwert liegt bei 6.900 Euro. Augsburg plant also rund 70 Prozent teurer als der Landes­durch­schnitt. Zieht man die Dreifach­turnhalle (rund 11 Millionen Euro) und eine Tiefgarage mit 100 Stellplätzen (etwa 3 Millionen Euro) ab, bleiben rund 88 Millionen Euro für das eigentliche Schul­gebäude mit ca. 6.800 Quadrat­metern Nutzfläche. Das entspräche dann einem Wert von fast 13.000 Euro pro Quadratmeter!

So teuer wie Gold

Umgerechnet auf den einzelnen Schulplatz ergibt das 85.000 bis 100.000 Euro. Zum Vergleich: Realschulen ähnlicher Größe kosten andernorts wesentlich weniger. Als Beispiele aus den letzten Jahren seien genannt:

Vor diesem Hintergrund stellt sich im Übrigen die Frage, warum in Augsburg der Neubau der Johann-Strauß-Grund­schule für 425 Kinder 60 Millionen Euro kostet, während andere Städte für den gleichen Betrag eine Realschule für 1.000 Schüler realisieren.

Bürokratie als Bauform

Es besteht der Verdacht: Was Augsburg plant, kostet nicht wegen der Architektur oder der besonders guten Aus­stattung, sondern wegen Bürokratie, besonderen Auflagen und der Absiche­rung der Verwaltung gegen befürchtete Vorwürfe bei Kosten­steigerungen.

Jede Planänderung zieht neue Gutachten und Abstim­mungen nach sich, jede büro­kratische Schleife verzögert den Prozess. So wächst ein Apparat, der mehr Energie darauf verwendet, Ent­schei­dungen abzu­sichern, als sie zu treffen. Verant­wortung wird verteilt, bis sie verdampft. Das Ergebnis ist ein Verfahren, das auf Trans­parenz zielt, aber Unbeweg­lichkeit und enorme Kosten erzeugt. Und eine Stadt, die sich in der eigenen Vorsicht verliert.

Mut wäre billiger

Dass Augsburg in Zeiten knapper Kassen und steigender Baupreise ein Schul­projekt über elf Jahre streckt, ist nicht einfach ein Verwaltungs­problem – es ist ein politisches. Der Mangel an Ent­schlossen­heit kostet Millionen. Mit straffer Planung und klarer Verant­wortung ließe sich dieses Projekt vielleicht für 80 Millionen Euro und in sechs bis sieben Jahren umsetzen.


Weiterführende Links:

Festsetzung von Kostenrichtwerten
(Stand 14. Februar 2025; Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat)

Johann-Strauß-Grundschule Augsburg
(59,1 Mio. Euro, 425 Schüler)

Realschule Donaueschingen
(55,9 Mio. Euro, 1.000 Schüler)

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