„Der Clubb is a Debb“
Der FC Augsburg steht am kommenden Samstag in der vierten Runde der Bundesliga beim 1. FC Nürnberg vor der nächsten Herkulesaufgabe. Nürnberg gegen Augsburg, das Spiel heißt Fußball, womit gesagt sein soll, dass es sich in Wahrheit nicht um ein Spiel, sondern um eine wirklich wichtige Angelegenheit handelt.
Von Siegfried Zagler
Dem Club kann der FCA in keiner Hinsicht das Wasser reichen, und damit sind nicht nur Glanz und Elend in der Geschichte der beiden von der eigenen Vergangenheit traumatisierten Vereine gemeint, sondern das Hier und Heute. Der Club hat die besseren Einzelspieler, das bessere Team, das fanatischere Publikum und hinreichend Erfahrung im Bundesliga-Alltag. Bei den Buchmachern, ein Gewerbe, das stets schwarze Zahlen schreibt, weil es sich nüchtern von der Wahrscheinlichkeit nährt, ist der Club haushoher Favorit: Quote 1,8 für einen Club-Sieg, 4,5 für einen FCA-Sieg. – Und was spricht für den FCA? Abgesehen von dem schönen Herberger-Bonmot, dass der „Ball rund ist“, nichts. Man könnte aus Sicht der Augsburger darauf hoffen, dass sich der Club an diesem Tag einen jener berühmten Aussetzer leistet, wofür der Traditionsverein berühmt ist.
„Der Clubb is a Debb“ – eine Floskel des Clubanhangs, die achselzuckend jene Ohnmacht zur Sprache bringt, die man als Club-Zugewandter seit 1969 empfindet, wenn sich die Spieler des Clubs auf dem Spielfeld selbst ein Bein stellen – oder vom Schicksal geschlagen werden, wie anno 1999, als es dem Club “gelang”, als Zwölfter der Tabelle am letzten Spieltag in die Abstiegszone zu stürzen.
“Nicht denken, einfach schießen”
Keiner steigt so glorreich ab wie der 1. FC Nürnberg. 1969 als amtierender Meister, 2008 als amtierender Pokalsieger. Wenn der 1. FC Nürnberg wieder wie gewohnt in den Schlussminuten um „eine Niederlage bettelt“ (Clubfan und Radioreporter Günther Koch), wird das den Spielern im Franken-Stadion weniger übel genommen als andernorts. „Nicht denken, einfach schießen“, so die Fans der vom Schicksal der bitteren Niederlagen heimgesuchten Nürnberger. „Im Elend sind wir eben routiniert“, wie der inzwischen verstorbene Ex-Manager Edgar Geenen konstatierte. „Rekordmeister“ war der Club, als Adi Dasslers Schraubstollen noch der letzte Schrei waren, heute muss man sich am Valznerweiher mit dem zweifelhaften Ehrentitel „Rekordabsteiger“ herumplagen.
42 Jahre sind eine lange Zeit. Doch der Abstieg der 68er Meistermannschaft prägt bis auf den heutigen Tag das Image des Clubs, der sich in jenem ominösen Jahr vom Glanz der alten Tage für immer verabschiedete. Meistertrainer Max Merkel ließ damals Leistungsträger wie Franz Brungs, Karl-Heinz Ferschl oder Gustl Starek ziehen und trudelte mit einem neu formierten Team immer weiter in den Tabellenkeller. Als Merkel acht Spieltage vor Schluss den Laufpass bekam, war das Blatt nicht mehr zu wenden. Der „Debb“ war geboren und kickte von nun an als notorischer Verlierer neun Jahre in der Zweiten Liga. Franz Brungs ist heute noch davon überzeugt, dass damals alle Voraussetzungen gegeben waren, um auf „Jahre hinaus in Deutschland die Nummer eins zu bleiben.“ Eine Rolle also, die man dem FC Bayern aus Blödheit überlassen hat. Sieben Mal ist der Club in seiner Geschichte bisher aus der Bundesliga abgestiegen.
Dominik Reinhardt vor Comeback
Wäre der FCA in der Lage, eine weitere Wunde in das Buch der Verletzungen am Valznerweiher zu schreiben, wäre das – Buchmacher hin, Buchmacher her – keine Sensation, sondern ein Ereignis, das in etwa so wahrscheinlich ist, wie die richtige Zahl, die man bei einem einzigen Wurf mit einem Würfel fürs Gewinnen braucht. Für Dominik Reinhardt, der sich vor 15 Monaten in der Relegation gegen den Club schwer verletzte, könnte der verletzungsbedingte Ausfall von Paul Verhaegh ausgerechnet gegen den Club das Comeback im FCA-Trikot bedeuten. Reinhardt spielte bereits in der Jugend für den Club und kam nach zehn Jahren Nürnberg, also nach einem halben Fußballerleben, nach Augsburg. Andreas Rettig, Geschäftsführer des FCA, zeigt nach der ehrenvollen Heimniederlage (in Augsburg gibt es das) gegen Hoffenheim eine ausgesprochen breite Brust: „Wir haben mit Nürnberg noch eine Rechnung offen. Damals waren sie besser, jetzt wollen wir zeigen, dass wir aufgeholt haben.“ Allmächt. Soviel Selbstbewusstsein könnte Club-Trainer Dieter Hecking glatt den Angstschweiß auf die Stirn treiben.