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Dienstag, 26.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Coronakrise: Stadtregierung in der Kritik

Die am Wochenende bekannt gewordenen organisatorischen und personellen Probleme im Gesundheitsamt führen zu heftiger Kritik an der Stadtregierung. Die größte Oppositionsfraktion SPD / Die Linke geht nun die Stadtspitze an: Die Stadt “schludere” bei der Pandemiebekämpfung.

„Bislang haben wir uns mit Kritik zurückgehalten. Vor allem, weil wir das Vertrauen der Bevölkerung in die notwendigen Maßnahmen und das Handeln der politisch Verantwortlichen nicht beschädigen wollten. Die nun bekannt gewordenen erneuten schweren Versäumnisse der Stadtregierung – nicht nur während der Sommermonate, sondern auch in jüngster Zeit – führen in der Abwägung dazu, dass wir die Zustände nicht länger unkommentiert lassen können“, erklärt Fraktionschef Dr. Florian Freund.

Gesundheitsreferent Erben im Feuer der Kritik

Die Kritik der Fraktion richtet sich vor allem gegen das Agieren von Gesundheitsreferent Reiner Erben. „Es kann doch nicht sein, dass wir nach acht Monaten Pandemie einen völlig unvorbereiteten Gesundheitsreferenten vorfinden, der nicht in der Lage ist, für ausreichende Lizenzen für Erfassungsprogramme oder für ausreichende Headsets in der Nachverfolgung zu sorgen“, so Stadträtin Sieglinde Wisniewski. „Wenn wir jetzt erfahren, dass es in Augsburg entgegen der Berichte im Stadtrat und im Allgemeinen Ausschuss an allen Ecken und Enden bei der Nachverfolgung hapert, wundert es uns auch nicht mehr, dass Augsburg seit Wochen zu den bundesweiten Hotspots der Corona-Pandemie gehört, während andere Städte ein anfangs schnelleres Infektionsgeschehen relativ zügig in den Griff bekommen haben“, so Wisniewski weiter. „Besonders ärgert mich, dass mich CSU und Grüne im Ausschuss persönlich angegriffen und ausgelacht haben, als ich nach den Headsets für das Gesundheitsamt gefragt habe“, so Wisniewski weiter. Nun habe sich herausgestellt, dass nicht nur die Frage berechtigt gewesen ist, sondern durch ein Reagieren auf die Nachfrage auch Schaden am Ansehen der Stadt hätte vermieden werden können.

Aus Sicht der Sozialfraktion aus SPD und Linken müsse sich aber nicht nur Gesundheitsreferent Reiner Erben die Frage stellen, ob er insbesondere den nach der Kommunalwahl hinzugekommenen neuen Aufgaben gerecht werden kann. „Als Chefin der Verwaltung hat die Oberbürgermeisterin Eva Weber die Pflicht dafür zu sorgen, dass die städtischen Dienststellen ihren Aufgaben nachkommen können und über eine ausreichende Personal- und Sachmittelausstattung verfügen“, erläutert Fraktionsvize Frederik Hintermayr. „Noch in der ersten Welle im Frühjahr wurde Eva Weber nicht müde zu betonen, dass die Corona-Bekämpfung Chefsache sei.

Mitarbeiter des Gesundheitsamtes würden durch miserables Verwaltungsmanagement zusätzliche Steine in den Weg gelegt bekommen

Die Fraktion SPD / Die Linke betont, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, die seit Monaten weit über das normale Maß hinaus für die Eindämmung und Bekämpfung der Pandemie arbeiten, durch das miserable Verwaltungsmanagement letztlich noch zusätzlich Steine in den Weg gelegt bekommen. „Bei der Bevölkerung kommt doch an, dass die Stadt die Corona-Pandemie nicht im Griff hat. Das führt doch dazu, dass die Akzeptanz der Maßnahmen sinkt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamts immer öfter auch noch Überzeugungsarbeit bei den von den Maßnahmen betroffenen Bürgerinnen und Bürgern leisten müssen“, erklärt Fraktionschef Freund. „Mal ganz abgesehen davon, dass es all jenen, die persönlich, finanziell oder wirtschaftlich unter den nach wie vor notwendigen Maßnahmen leiden, wie blanker Hohn vorkommen muss, dass die Stadtspitze bei der Corona-Bekämpfung schludert“, so Freund abschließend.

Erben auch im Fokus der Kritik bei der Bürgerlichen Mitte

Bereits am 23. Oktober hagelte es Kritik von der Fraktion Bürgerliche Mitte, die ebenfalls Missmanagement bei der Verwaltung erkannt haben will und das Gesundheitsamt in die Hände des Ordnungsreferenten Pintsch verlegt haben wollte: “Für die aus Freien Wähler, FDP und Pro Augsburg gebildete Fraktion ist das chaotische Corona-Management ein Beweis dafür, dass es ein Fehler war, den Bereich Gesundheit aus dem Ordnungs- in das Umweltreferat zu verlagern.”

Die Fraktion Bürgerliche Mitte forderte damals, den Themenbereich Corona kurzfristig aus dem Referat für Umwelt und Gesundheit sowie dem Referat für Schule und Bildung auszugliedern und dem Ordnungsreferat zuzuordnen. „Nur mit einer solchen Stabsstelle lässt sich das Chaos und das Zuständigkeitswirrwarr aufheben“, so Hans Wengenmeir. „Wir müssen jetzt alles daran setzen, die Infektionszahlen in Augsburg zu senken. Die Bürgerinnen und Bürger verhalten sich aktuell sehr vorbildlich. Insofern erwarten sie auch von den zuständigen Behörden ein höheres Maß an Professionalität.“