Vom Gefängnis zum Geschichtsort: Das Römische Museum findet seinen Platz
Am gestrigen Montag, den 1. Dezember, tagte der – bisweilen wegen seines geringen Publikumsinteresses als „Blümchenausschuss“ titulierte – Kulturausschuss vor ungewöhnlich vollen Zuhörerreihen. Auf der Tagesordnung stand die zentrale Frage nach dem künftigen Standort eines neuen Römischen Museums.
Von Bruno Stubenrauch

Der Beschlussvorschlag in Kürze: Die Stadt verfolgt – auf Basis der vorliegenden Machbarkeitsstudie – den Standort Karmelitengasse/ ehemalige JVA weiter. Die Verwaltung erhält den Auftrag, alle nötigen Schritte einzuleiten, darunter Gespräche mit dem Freistaat Bayern über Finanzierung und Erbbaurecht sowie Verhandlungen zur Planung, zum Bau und zum 30-jährigen Betrieb des Museumsgebäudes durch einen Generalunternehmer.
Identität und Hartnäckigkeit
Kulturreferent Jürgen K. Enninger führte einfühlsam in das Thema ein: „Die römische Vergangenheit ist Kern unserer Augsburger Stadtidentität. Wir wurden schon als Stadt gedacht, als wir geboren wurden.“
Stadtdirektor Thomas Schmidt-Tancredi schilderte den Ausgangspunkt: Die Aussage von Ministerpräsident Markus Söder am 5. Dezember 2023, er wünsche sich die Wiederbelebung eines Römischen Museums in Augsburg, habe die Stadt sofort veranlasst, Kontakt aufzunehmen, „und diese Aussage möglichst schnell mit Leben zu erfüllen“. Man habe mit einem von Dr. Sebastian Gairhos, Leiter der Stadtarchäologie, erstellten Raumprogramm rasch konkretisiert, was man wolle – und zugleich um Unterstützung bei der Grundstücksfrage gebeten. Dank der Hartnäckigkeit von OB Eva Weber in vielen Gesprächen sei dies schließlich gelungen.
Richtiger Standort zu leistbaren Kosten
Im Anschluss stellte die Kultur- und Strategieberatung actori ihre Machbarkeitsstudie vor (DAZ berichtete inhaltlich). Als Favorit präsentierte actori den Standort Karmelitengasse: zentral im historischen Stadtkern gelegen – ein Vorteil, den kein anderer Standort bieten könne.
Zu den Kosten übernahm erneut Schmidt-Tancredi: Die erste Einschätzung liege deutlich über 70 Millionen Euro. Nun müsse man gemeinsam auf das Bauvolumen blicken. „60 Millionen könnten wir uns aber leisten“, so der Stadtjurist. Die WBG-Entwicklungsgesellschaft solle als Generalunternehmer (GU) auftreten und wäre damit 30 Jahre für den Betrieb der Liegenschaft verantwortlich (DAZ berichtete). Der Museumsbetrieb selbst wäre Aufgabe der Stadt.
Einhellige Begeisterung
Die elf anwesenden Stadträte (fehlend: Dr. Friedrich Baur, AfD, und Lisa McQueen, Die Partei) zeigten sich geschlossen begeistert. Einige Auszüge:
- Bernd Kränzle, CSU: „Das ist ein exzellenter Vorschlag, eine Punktlandung.“
- Matthias Fink, CSU: „Augsburg braucht dieses Museum. Die Karmelitengasse ist der Ort, der sich aufdrängt; da gehört das Museum hin. Die Beschlussvorlage ist seriös, da ist alles drin. Das Museum wird etwas Neues sein, nicht das, was 2012 geschlossen hat. Ich freue mich darauf.“
- Meinolf Krüger, Grüne: „Das Interim im Zeughaus war eine schöne Lösung, aber es hat immer etwas gefehlt. Die Karmelitengasse ist der Standort, der uns allen, glaube ich, am besten gefällt. Die Kosten sind vorstellbar, es könnte Realität werden. Bedanken möchte ich mich bei Eva Weber, die dem Ministerpräsidenten so tief in die Augen geschaut hat, dass er nicht mehr anders konnte. Wir sollten diesen Weg weitergehen.“
- Dr. Pia Haertinger, Grüne: „Ich bin begeistert, dass aus der Justizvollzugsanstalt jetzt ein Kulturort werden soll. Ich hoffe, ich erlebe die Fertigstellung noch, vielleicht zusammen mit dem Staatstheater? Dann bewerben wir uns als Kulturhauptstadt.“
- Christine Wilholm, SPD: „Ein Römisches Museum ist wichtiger als ein Staatstheater oder die Kahnfahrt. Es geht nämlich um unsere Herkunft.“
- Regina Stuber-Schneider, Freie Wähler: „Mich fasziniert dieser Standort. Er hat auch eine Vorgeschichte: Alexander Süßmair von den Linken hatte ihn in der vergangenen Legislatur bereits ins Spiel gebracht. Aber damals war halt nicht die Zeit, sonst wären wir heute vielleicht schon weiter. Das Modell mit dem GU beruhigt mich, das ist tatsächlich eine Superlösung, nicht so wie beim Staatstheater.“
- Sieglinde Wisniewski, SPD: „Ich wünsche mir, dass Augsburgs römische Identität positiv dargestellt wird. Wir müssen die Bürger mitnehmen, brauchen Publicity für’s Römische Museum. Nicht dass es dann heißt, ‚jetzt fangen sie das nächste Millionengrab an‘.“
- Andreas Jäckel, CSU: „Wir dürfen vor Großprojekten keine Angst haben, sonst bringen wir nichts mehr hin. Bei uns darf es nicht so laufen wie in Frankreich, wo sich alles in der Hauptstadt Paris konzentriert. Wir müssen auch in der Fläche was machen. Es ist eine ideale Symbiose, dass hier Freistaat und Stadt zusammenarbeiten. Es ist wichtig, dass wir diesen Gleichklang bewahren.“
Stadtdirektor Schmidt-Tancredi hielt auf Nachfrage eine Fertigstellung Ende 2032 oder Mitte 2033 für realistisch – vorausgesetzt, die politischen Beschlüsse folgen rasch. Der Kulturausschuss verabschiedete die Beschlussvorlage zum Standort Karmelitengasse schließlich einstimmig. Die endgültige Entscheidung fällt am 11. Dezember im Stadtrat.



