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Dienstag, 01.10.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Wohin entwickelt sich die Augsburger SPD?

Für die Augsburger SPD ist von großer Bedeutung, wie die SPD-Lage im Bund ist. Bahnhofstunnel oder Theatersanierung sind lokale Probleme, die das Wahlverhalten der Augsburger wohl weniger beeinflussen als die parteipolitische Großwetterlage. 2026 wird wieder der Augsburger Stadtrat gewählt. Das lokale SPD-Ergebnis lässt sich ziemlich genau ein Jahr vorher ablesen, bei den Bundestagswahl 2025.

 

Die oben angezeigte Grafik erzählt von einem halben Jahrhundert sozialdemokratischer Geschichte. Ab den 60er Jahren bis 1990 war die SPD in Augsburg eine Macht. Als SPD-OB Wolfgang Pepper aus seiner Sicht an der Gebietsreform scheiterte, gab er den Stab an Hans Breuer weiter. Breuer sollte 18 Jahre unangefochten Oberbürgermeister bleiben. Ludwig Kotter 1972, Hermann Knipfer 1978 und Stefan Höpfinger 1984: So die Namen der OB-Kandidaten der CSU, die alle gegen Hans Breuer antraten – und scheiterten. Nur Kotter verlor knapp, die anderen waren chancenlos. Von 1969 bis 1982 regierten in Bonn die SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt. Beide glänzten und scheiterten später an sich selbst. Die große sozialliberale Zeit der Bonner Republik wurde in Bayern als Untergang dargestellt. Franz Josef Strauß inszenierte sich selbst und den Freistaat als Bollwerk gegen die rote Gefahr. Er machte die CSU zur bayerischen Staatspartei mit 50%+x Wählerzustimmung.

Auf dem Land sorgte ein tief verwurzelter Katholizismus für das kulturelle Fundament der CSU, während in den drei Großstädten Bayerns die Gewerkschaften, die Betriebsräte, Wohlfahrtsverbände und die Vereine politisch stärker wirkten als die politische Ausrichtung der katholischen Kirche. Damals machten Agenturen Fotos und klebten Plakate. Für den Wahlkampf sorgten die großen Räder des Kalten Krieges und die kulturellen Gesinnungsformer der gesellschaftlichen Gruppierungen. Es gab die atomare Bedrohung, die Ölkrise, die Studentenbewegung und die RAF. Bürgerinitiativen und andere soziale Bewegungen sollten erst in den 80ern Fahrt aufnehmen. Davor war die Frage, wen man wählt, keine temporäre Abwägungsangelegenheit, sondern eine Geisteshaltung.

In den 70er und in den 80er Jahren war die lokale SPD stärker als die Bundes-SPD, weil Augsburg eine problematische Arbeiterstadt im Wandel war. Hans Breuer hatte dafür ein Gespür. Er galt als OB der “kleinen Leute”, wie es damals hieß. Seine private Leidenschaft: das Angeln. Als er Ende der 80er Jahre seinen Rückzug ankündigte, machte die SPD, wohl noch mit dem Bewusstsein, dass ihr die Stadt gehöre, Arthur Fergg zum OB-Kandidaten. Fergg entpuppte sich für Augsburgs SPD als ein Untergeher im Stil von Armin Laschet. Niemand wollte sich ihn als OB vorstellen, weshalb nach einer langen SPD-Phase die Augsburger CSU zurückkam und mit Peter Menacher den OB stellte. Die Augsburger SPD verlor 1990 über 15 Prozent der Wählerstimmen, war plötzlich hoch verschuldet und schien am Boden zerstört. SPD-OB Kandidat Karl-Heinz Schneider schien aus dem alten SPD-Holz geschnitzt, um dem Abwärtstrend 1996 entgegenzuwirken, was ihm nur bedingt gelang.

In Bonn/Berlin regierte längst Helmut Kohl mit Hans-Dietrich Genscher, die nicht nur in Sachen Wiedervereinigung zu überzeugen wussten. Sie dominierten in den 80ern den politischen Zeitgeist. 1994 zeigte die Regierung Kohl die ersten Ermüdungserscheinungen. Die Zeit für einen Wechsel schien gekommen, zumal sich die Grünen nach vielen Jahren der Selbstzerfleischung zu einer normalen Partei entwickelten. Gerhard Schröder und Joschka Fischer konnten die Wechselstimmung klug verwerten und bildeten 7 Jahre eine Rot-Grüne Bundesregierung. Schröder sorgte für ein SPD-Hoch, von dem auch die lokale SPD profitierte: Mit Paul Wengert gab es ab 2002 wieder einen SPD-Bürgermeister in der “Fuggerstadt”.

Doch Schröder/Fischer verloren von Jahr zu Jahr Wählerzustimmung im Bund und die Umfragewerte der SPD zeigten rasant nach unten. Als in Augsburg 2008 wieder gewählt wurde, waren Schröder/Fischer längst im Orkus der Geschichte verschwunden. Die Bundes-SPD befand sich im Sinkflug, der auch die lokale SPD nach unten zog.

Kurt Gribl (CSU) konnte davon profitieren. Er löste 2008 einen amtierenden SPD-OB ab. Ein erstmaliges Ereignis. Die Augsburger SPD verzeichnete ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis. Und verlor weiterhin zunehmend ihre Wählerschaft. Bis 2021, als Olaf Scholz für die Bundes-SPD wieder Zuwächse erzielte. Für die Augsburger SPD kam dieser Bundestrend zu spät. Seit der Kommunalwahl 2020 gibt es nur noch 9 SPD-Sitze im Stadtrat.

Geht es der Bundes-SPD gut, geht es der Augsburger SPD gut. Sinken die Sozi-Werte im Bund, sinken die Werte der Augsburger SPD. So einfach ist das.



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