DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Montag, 17.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Kunst am Container – „lab binaer“ im Interview

Augsburg bekommt nächstes Jahr eine Ersatzspielstätte für die Komödie. Über Kunst am und im Bau sprach die DAZ mit den Multimedia-Designern Benjamin Mayer, Martin Spengler und Daniel Stock vom Augsburger Labor für Medienkunst „lab binaer“.

DAZ: Der Arbeitstitel „Containerlösung“ lässt befürchten, dass die temporäre Bühne beim Stadttheater kein architektonisches Highlight werden wird. Kann man da etwas machen?

Die Laboranten von lab binaer

Die Laboranten von "lab binaer"


lab binaer: Wir geben nicht allzuviel auf diesen Begriff. Es gibt tolle Beispiele an aufregender Architektur für solche temporären Lösungen, und ergänzt durch eine mediale Bespielung bietet sich hier die Chance für ein echtes Augsburger Highlight.

DAZ: Was genau ist unter medialer Bespielung zu verstehen? Ist Fassadenbespielung etwas Statisches oder eher Dynamisches?

lab binaer: Das kann viel sein, von inszenierten Lichtstimmungen über echte gebäudefüllende Displays bis hin zu tatsächlich beweglichen Elementen. Auf jeden Fall ist es etwas hoch Dynamisches, das richtig eingesetzt eine Architektur unterstreichen und bereichern kann. So könnte das Gebäude zum Beispiel sein Erscheinen verändern, je nachdem welches Stück gerade aufgeführt wird. Diese Herangehensweise kennt man ja bereits aus München, wo derartiges während Fußballspielen erfolgreich praktiziert wird.

DAZ: Der Augsburger Baureferent Gerd Merkle denkt an eine Gestaltung des Containers mit textilen Bespannungen. Läuft auch so etwas unter Fassadenbespielung?

lab binaer: Dass Herr Merkle bereits in der Öffentlichkeit seinen Wunsch äußert, dass das Gebäude nicht schmucklos-nüchtern aussehen soll, ist doch großartig! Wir denken sogar über eine derartige Bedruckung oder Bespannung hinaus. Eine textile Bespannung eröffnet ja auch wieder ungeahnte Möglichkeiten der Lichtinszenierung oder Verformung einer Fassade.

DAZ: Welche Projekte haben Sie in Augsburg bereits durchgeführt? Und wie kamen die an?

lab binaer: Auf dem letztjährigen Modular-Festival durften wir die Stadtmetzg mit einer interaktiven Fassadenprojektion inszenieren. Die Besucher konnten an Säulen auf dem Vorplatz in kleine Öffnungen pusten und somit Blasen auf der Fassade erzeugen, die dann in den Nachthimmel aufstiegen. Die Besucher des Festivals haben die Installation mit ihrem Mitmach-Charakter gern angenommen – wir haben viele positive Rückmeldungen bekommen.

Fassadenprojekt Stadtmetzg

In letzter Zeit haben wir für den Neubau der Hochschule am Roten Tor an einem Prototypen für eine Lichtinstallation gearbeitet, der gerade als Testlauf zu sehen ist. Die Vision dieses Projekts ist es, die gesamte Fassade mit Leuchten und Technik auszustatten, so dass das Gebäude die Geschehnisse auf dem Vorplatz aufnehmen und in abstrakte Lichtmuster übersetzen kann.

Und schließlich werden wir in den kommenden Monaten fieberhaft an einem Kunstwerk arbeiten, das die Jury des Kunstankaufs für die Neue Stadtbücherei ausgewählt hat und das den Vorplatz des Neubaus schmücken soll.

DAZ: Der Hamburger Theaterarchitekt Jörg Friedrich hat für den Container die Vision einer „Blechkiste“ vorgestellt, eines symbolischen „Stachels“ ohne ästhetischen Anspruch, der den Augsburgern jeden Tag signalisieren soll: ich bin ein Provisorium, das schnell wieder weg soll. Schreckt Sie das ab oder hat das einen besonderen Reiz?

lab binaer: Das ist eine konzeptuelle Herangehensweise und als solche finden wir sie zunächst einmal gut. Sicherlich gibt es inhaltlich verschiedenste Ansätze, die es zu diskutieren gilt. Als Medienkünstler liegt uns natürlich nicht nur der konzeptuelle Ansatz, sondern auch die ästhetische Ausführung am Herzen.

DAZ: Die temporäre Spielstätte beim Theater wird Augsburg vermutlich ein ganzes Jahrzehnt lang begleiten. Kann man Fassadenbespielung über Jahre durchhalten?

lab binaer: Es gibt zahlreiche Beispiele von medial inszenierten Gebäuden, die nicht temporär geplant sind, sondern bei denen ein solches Konzept fest in die Architektur verwoben und von Anfang an eingeplant war. Als Beispiel kann man hier die Medienfassade der PSD-Bank in Münster anführen oder die „Seven Screens„, die prominent am Mittleren Ring vor dem OSRAM-Gebäude in München stehen. Wahrscheinlich jedem bekannt ist die Illumination der Allianz Arena.

DAZ: Bürgermeister Peter Grab, der als Kulturreferent für die Kunst im Bau zuständig ist, wäre auch einer Kunst am Bau nicht abgeneigt, wie er der DAZ mitgeteilt hat. In Zeiten der Wirtschaftskrise wird er aber an den Kosten gemessen werden. Ist eine Fassadenbespielung teuer?

lab binaer: Teuer ist hier relativ. Wie Sie ja selbst sagen, wird uns dieser Bau einige Jahre begleiten und somit seine Strahlkraft in die Region tragen. Wenn es uns gelingt, mit dieser Einrichtung eine Aufmerksamkeit zu generieren, die neben vollen Vorstellungen dafür sorgt, dass Augsburg in den Köpfen der Leute eine weitere positive Assoziation hervorruft, sind wir uns sicher, dass eine solche Investition ihr Geld Wert ist, also „preiswert“ sein kann. Im Idealfall erzeugt man damit auch über die Region hinaus Aufmerksamkeit.

DAZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Bruno Stubenrauch.

» lab binaer

» Der Kommentar: Kein Platz für Architektur