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Sonntag, 19.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Juristisch NEIN – politisch JA

Stadtrat entscheidet über Bürgerbegehren

Nicht leicht machte sich der Stadtrat gestern die Behandlung des Bürgerbegehrens „Sanierung Maximilianstraße“. Trotz einer Ablehnung der Zulässigkeit aus juristischen Gründen machte er sich per Beschluss dessen sachliche Inhalte weitgehend zu eigen.

An der Anzahl der abgegebenen Stimmen scheitere das Bürgerbegehren nicht. Bei 9.851 habe man die Zählung abgebrochen, 9.720 wären zur Erreichung des Quorums erforderlich gewesen. Mit diesen Ausführungen leitete gestern OB Kurt Gribl die Debatte um die Zulässigkeit des Begehrens ein, in dem die Bürger die Sanierung der Maximilianstraße, den dortigen Betrieb einer regulären Straßenbahnlinie und die Sperrung der Hallstraße für den Durchgangsverkehr gefordert hatten – umzusetzen bis 2012.

Stadtdirektor Josef Schwarz erläuterte zunächst, warum die Verwaltung das Begehren aus juristischer Sicht für unzulässig hält. Sechs Argumente hatten die Stadtjuristen gefunden, die gewichtigsten: Die Fragestellung verstoße gegen das Koppelungsverbot, weil sachlich nicht eng miteinander verbundene Fragen in einem Begehren verknüpft seien. Weiter werde gegen das Abwägungsgebot des Baugesetzbuches verstoßen, weil das Ergebnis des Bebauungsplan-Verfahrens Maximilianstraße vorweggenommen werde. Außerdem verlange das Begehren mit dem Fertigstellungstermin 2012 etwas Unmögliches.

„Beim Stadtbad haben wir das auch nicht gemacht“

Angeregter Argumentetausch (v.l.): Rainer Schönberg (FW), Mit-Initiator des Begehrens Volker Schafitel und Alexander Süßmair (Die Linke)

Angeregter Argumentetausch (v.l.): Rainer Schönberg (FW), Mit-Initiator des Begehrens Volker Schafitel und Alexander Süßmair (Die Linke)


In der dreistündigen Debatte schlossen sich nur die CSU und Pro Augsburg uneingeschränkt der Argumentation der Verwaltung an. Die Opposition setzte sich teils differenziert mit der schwierigen juristischen Materie auseinander. Für SPD-Fraktionschef Stefan Kiefer zog das Argument „Koppelungsverbot“ nicht: Ein Umbau der Maxstraße sehe anders aus, je nachdem, „ob die Hauptzufahrt Hallstraße offen oder zu ist“. Damit sei der sachliche Zusammenhang gegeben. Und fasse man das Abwägungsgebot so eng auf wie die Stadtjuristen, könne man „fast gar kein Bauvorhaben mehr zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens machen“. Den von den Bürgern vorgegebenen Termin 2012 müsse man wohlwollend als „so schnell wie möglich“ auslegen.

Alexander Süßmair (Die Linke) wies darauf hin, dass man über ein den Bürgern verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht entscheide. Ihm wäre es wohler, an Stelle einer parteiischen Verwaltungsvorlage das Gutachten einer externen Stelle, beispielswiese ein Gerichtsgutachten zu haben. Die im Gutachten als Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot gerügten finanziellen Auswirkungen ließ er als Ablehnungsgrund nicht gelten: „Beim Stadtbad haben wir das auch nicht gemacht“. Bezüglich des Termins verwies Süßmair auf einen Zeitungsartikel vom November 2009, in dem Baureferent Gerd Merkle damit zitiert wird, bei entsprechender finanzieller Ausstattung die „Vision einer schicken Flaniermeile“ bis 2012 realisieren zu können. Rainer Schönberg (Freie Wähler) argumentierte ähnlich: Die Bürger hätten terminlich nichts Unmögliches gefordert, „sie haben dem Baureferenten geglaubt“.

„Mit dem Herzen bei dem, was die Bürger wollen“

OB Kurt Gribl brachte das Dilemma, das alle Stadträte spürten, auf den Punkt, bevor es in eine fast einstündige Sitzungsunterbrechung ging: Es sei schwierig, eine vom Gesetzgeber verlangte rechtliche Entscheidung zu treffen, „wenn man gleichzeitig mit dem Herzen bei dem ist, was die Bürger wollen“. Man dürfe heute nicht gleichzeitig eine Entscheidung treffen ohne zu sagen, wie es weitergehe.

Nach der Sitzungspause legten CSU, SPD und Grüne drei Anträge vor, die tendenziell die selbe Stoßrichtung hatten. Alle Fraktionen wollten den Tenor des Bürgerbegehrens aufnehmen und in einen Beschluss kleiden. Bezüglich der Zulässigkeit des Begehrens blieben die Fraktionen jeweils bei ihrer Position. CSU, Pro Augsburg und die Grüne Stadträtin Verena von Mutius stimmten für die Unzulässigkeit des Begehrens, die mit 32:26 Stimmen festgestellt wurde. In der anschließenden Abstimmung über die drei Anträge von CSU, SPD und Grünen wurde mit großer Mehrheit der CSU-Antrag angenommen (siehe Kasten).

Der CSU-Antrag vom 29. Juli 2010 im Wortlaut



1. Die Verwaltung wird beauftragt, dem Stadtrat in seiner Sitzung im Oktober 2010 ein Konzept für die Verkehrsberuhigung Hallstraße und den Umbau der Maximilianstraße vorzulegen, mit folgenden Bestandteilen:

a) Ablauf Wettbewerb Hallstraße bzw. notwendige Verfahren

b) Ablauf der Vollzugsmaßnahmen

c) Möglichkeit vorgezogener Maßnahmen zur Verkehrsregelung

2. Das Konzept ist so auszugestalten, dass ein Vollzug ehestmöglich begonnen werden kann.

3. Wir streben an, dass die Umsetzung im Jahr 2013/2014 erfolgt ist.

Damit werden weitgehend die mit dem „Bürgerbegehren Maximilianstraße“ angestrengten Maßnahmen aufgenommen.