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Dienstag, 08.10.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Das Spiel ist aus!

Warum das IHK-Schulungszentrum am Theodor-Heuss-Platz nicht kommt

Von Siegfried Zagler

Nicht den eigenen, sondern fremden Grund im Visier: Parkanlage der IHK

Stellen Sie sich vor, sie würden auf dem Augsburger Stadtmarkt einen Fisch angeboten bekommen, dem die Maden aus den Augen quellen und dessen Gestank einen grauenvollen Brechreiz auslöst. Und nun stellen Sie sich vor, Sie müssten dem Fischhändler in aller Freundlichkeit erklären, warum Sie diesen Fisch nicht kaufen wollen. Der dreiste Fischhändler ist die IHK, der bedauernswerte Kunde ist die CSU. Die Freien Wähler, die Grünen und Pro Augsburg haben das einzig Richtige gemacht, nämlich der IHK diesen Fisch um die Ohren geschlagen, womit der Fischhändler blamiert und das Projekt erledigt ist.

Die CSU wird das nicht mittragen

Falls die CSU und Oberbürgermeister Kurt Gribl tatsächlich das Projekt in die Ausschüsse vordringen lassen sollten (zusammen mit der SPD, die sich gegenüber der DAZ noch nicht geäußert hat), dann wird eine Debatte aufleben, die man vor knapp sechs Monaten abgeschlossen wähnte. Kein Projekt wurde in der langen Geschichte der Stadt dergestalt intensiv und schmerzhaft diskutiert wie der Bebauungsplan 500. Der Königsplatzumbau hat zu zwei Bürgerentscheiden geführt, hat eine Stadtregierung zerschlissen und die Nachfolgeregierung durch das so genannte Tunnelbegehren in erhebliche Schwierigkeiten gebracht. Die Durchsetzung des Bebauungsplans 500 wurde von der Stadtregierung wie ein Staatsakt besiegelt und nach jahrelangem politischen Zwist als Gemeinschaftsprojekt gefeiert. Und nun soll wegen einer privatwirtschaftlichen Überlegung der Schwäbischen Industrie- und Handelskammer erneut in dieses hochsensible Werk des politischen Konsenses eingriffen werden. Die CSU wird das nicht mittragen, wie eine gezielte Recherche der DAZ ergeben hat.

Die Bürger haben die IHK abblitzen lassen

Die große Regierungspartei ist zwar nach dem überraschend schnellen Nein des Koalitionspartners Pro Augsburg noch dabei, sich zu sortieren, doch lange wird es nicht mehr dauern, bis endgültig mit Hurra das politische Ende des IHK-Bauprojektes verkündet wird – noch bevor es den ersten Verwaltungsakt dazu gegeben hat. Die CSU wird den Grünen, Pro Augsburg und vor allen den Freien Wählern nicht die Freude machen, mit diesem Projekt den Wahlkampf 2014 gestalten zu können. Die Bürgerschaft hat OB Kurt Gribl bereits eine Petition mit 1000 Unterschriften überreicht und die IHK auf zwei Informationsveranstaltungen abblitzen lassen. „Damit werden wir uns auseinandersetzen“, so wird der IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Saalfrank zitiert, der sich laut Augsburger Allgemeine noch zu einer weiteren Dummheit hinreißen ließ: „Entschieden wird politisch vom Stadtrat und vorher noch von den 120 Unternehmern in der IHK-Vollversammlung.“

Wie konnte die IHK dergestalt entspannt auf ein Minenfeld spazieren?

Man will es gar nicht glauben, welche Zugeständnisse die IHK dem Stadtrat so macht. Vorher wolle man noch die IHK-Vollversammlung befragen. Wer mit so viel Chuzpe ein zerschossenes Projekt lebendig redet, hat mehr als nur Pläne in der Tasche. Es handelt sich schließlich um ein Projekt, das man – so die vollmundigen Verlautbarungen der IHK – nicht gegen den Willen der Anwohner durchsetzen wollte. Nachdem man von den Anwohnern den Laufpass bekam, gibt man das Problem flugs an den Stadtrat weiter. Nicht in der politischen Gedankenlosigkeit der IHK liegt der Skandal, sondern in der stillschweigenden Duldung des Vorhabens seitens der Stadtregierung, ganz als wäre sie an der Sache unbeteiligt. Eine Stadtregierung, die auf ihre eigenen Pläne zur Stadtentwicklung pfeift, wenn es dafür ein wenig im Stadtsäckel klingelt – handelt es sich bei der Liegenschaft am Theodor-Heuss-Platz doch um einen Millionenwert. Die Opposition sollte sich nicht damit zufrieden geben, dass dieses Vorhaben in Kürze vom Tisch ist, sondern mit Beharrlichkeit nachfragen, wie es so weit kommen konnte, dass die IHK die Stirn hatte, dergestalt entspannt auf ein Minenfeld zu spazieren.