Podcast-Einblicke ins Staatstheater: alles stabil
Im aktuellen Podcast „Augsburg direkt“ ziehen Oberbürgermeisterin Eva Weber und Theaterarchitekt Stefan Sinning eine Zwischenbilanz zur Sanierung des Staatstheaters. Das Gespräch bietet inhaltlich keine großen Überraschungen, doch es vermittelt eine neue strategische Ruhe und Stabilität im Projekt – und es ist zugleich ein leidenschaftliches Plädoyer für Kultur als essenzielle Infrastruktur. Reinhören lohnt sich.
Von Bruno Stubenrauch
Man merkt dem Podcast an, dass sich hier zwei Personen unterhalten, die – jede in ihrem Bereich – maximale Verantwortung für die Sanierung und Erweiterung des Augsburger Staatstheaters tragen. Für ein Vorhaben, das extrem unter dem „Mikroskop der Öffentlichkeit“ steht, wie es Oberbürgermeisterin Eva Weber formuliert.
Nach den personellen und planerischen Umbrüchen der vergangenen eineinhalb Jahre scheint das Projekt nun in ruhigerem Fahrwasser zu navigieren. Im Dialog mit Stefan Sinning, dessen Architekturbüro HENN nach der Kündigung des Vorgängerbüros Achatz die Gesamtleitung übernommen hat, wird deutlich, dass die Stadtspitze auf Transparenz und eine neue Erzählweise setzt: Das Theater als „Dritter Ort“ und Teil der kommunalen Daseinsvorsorge.
Synergien statt Schnittstellenverluste
Ein interessantes Detail des Gesprächs ist die Genese der Zusammenarbeit aus Architektensicht. Stefan Sinning, gebürtiger Augsburger, schildert, dass sein Büro zunächst nur für das Kleine Haus und das Betriebsgebäude angetreten sei. Erst später sei das Große Haus hinzugekommen.
Der Vorteil dieser „Fusion“ liegt für Sinning auf der Hand: Die drei Gebäudeteile – Großes Haus, Kleines Haus und das flächenmäßig größte Bauteil, das Betriebsgebäude – sind technisch so eng miteinander verwoben, dass Schnittstellenverluste zwischen verschiedenen Architekten das Risiko für Verzögerungen massiv erhöht hätten. „Die Schnittstellen im eigenen Haus zu lösen, wenn alle in einem Team arbeiten, ist einfacher“, so Sinning rückblickend über die Konsolidierungsphase der letzten zwölf Monate.
Alles wird nochmal angefasst
Architektonisch bleibe das Projekt ein Kraftakt. Das Große Haus werde zwar äußerlich als bekanntes Denkmal erhalten, doch im Inneren gleiche die Sanierung einem Neubau. Sinning verdeutlicht, dass von der kompletten statischen Ertüchtigung des Bühnenturms bis hin zu Brandschutz und Haustechnik „jede Decke und jede Tür“ angefasst werde.
Besonderes Augenmerk liege zurzeit auf der Optimierung der Publikumsbereiche im Kleinen Haus. Sinning betont, dass man die ursprünglichen Planungen noch einmal „umgedreht und geschüttelt“ habe, um Enge und Zwänge in den Foyers zu beseitigen. Ziel sei ein einladendes Angebot, das Schwellen abbaut und das Gebäude über die reine Vorstellungszeit hinaus belebt.
Kultur als Fundament der Demokratie
Besonders deutlich wird Sinning bei der Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz. Für ihn sind Kulturbauten keine Luxusprojekte, sondern „ganz wesentliche Bausteine unserer Gesellschaft und die Fundamente unserer Demokratie“. Er stellt die rhetorische Frage, warum über die immensen Summen für technische Infrastruktur wie Brücken kaum debattiert werde, während Kulturbauten permanent unter Rechtfertigungsdruck stünden. Architektur schaffe hier „Dritte Orte“ – Räume für analoge Begegnung in einer zunehmend digitalen Welt.
Im städtischen Haushalt verarbeitbar
Oberbürgermeisterin Eva Weber nutzt das Gespräch für eine klare ökonomische Einordnung. Der Kostenrahmen von 417 Millionen Euro – abzüglich der 75-prozentigen Bezuschussung der förderfähigen Kosten durch den Freistaat – werde durch eine langfristige Finanzierung gestemmt. Mit einer jährlichen Belastung von acht bis zehn Millionen Euro im Gesamthaushalt von 1,5 Milliarden Euro sei das Projekt „verarbeitbar“, ohne andere städtische Aufgaben zu blockieren.
Ein stabiler „Spirit“ für die Zielgerade?
Weber und Sinning sparen nicht mit gegenseitigem Lob für die neue Kommunikationskultur: Nach den „Stürmen“, die Weber für ihre Entscheidung zum Planerwechsel geerntet habe, sei das Projekt nun „klar strukturiert und stabilisiert“. Besonders der Dialog zwischen dem Baureferat als Geldgeber und dem Kulturreferat als Nutzer funktioniert laut Sinning derzeit mit einem hohen Maß an Vertrauen.
Einig sind sich die Gesprächspartner am Ende, dass das Staatstheater einmal mehr sein wird als ein saniertes Bauwerk. Es ist, so Sinning, die „Bühne für das, was dann entstehen soll: Das Leben durch die Gäste und den Diskurs.“ Für Augsburg bleibt zu hoffen, dass dieser „Spirit“ die kommenden vier Jahre der Realisierung trägt.
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