Viel Spaß mit den Lustigen Weibern von Windsor
Farbe, Slapstick, gute Laune und eingängige Musik: Otto Nicolais Oper im Martinipark kommt beim Publikum gut an, auch wenn ein bisschen mehr Tiefgang nicht gestört hätte.
Von Halrun Reinholz

Anna (Olena Sloia) hat sich für Fenton (Claudio Zazzaro) entschieden, die Nebenbuhler Spärlich (Oliver Huttel, links) und Dr. Cajus (Markus Hauser) gehen leer aus.
Was man bei der erst kürzlich erfolgten Carmen-Premiere im Martinipark vermisst hatte, bei Otto Nicolais „Lustigen Weibern von Windsor“ ist es reichlich vorhanden: Farbe, Spaß und Irrwitz. Genau wie Shakespeares Komödie zeigt Nicolai mit seiner komischen Oper die Albernheit und Selbstgefälligkeit einer vermeintlich „geordneten“ Gesellschaft in ihren Widersprüchen.
Shakespeares für die Volksbühne geschriebene Vorlage hat da schon einiges in petto. Sir John Falstaff, ein von seinem umwerfenden Charme überzeugter Möchtegern-Verführer (ideal besetzt mit dem opulenten Bassbariton Avtandil Kasperli), schreibt gleich zwei gleichlautende Briefe an die verheirateten Frauen „Frau Fluth“ (Sally duRandt) und „Frau Reich“ (Kate Allen) und verabredet sich mit ihnen zum Schäferstündchen. Blöd nur, dass die Frauen gut befreundet sind und einander von den Avancen erzählen. Da bietet es sich doch förmlich an, dem Lackaffen einen Streich zu spielen. Auch um den Preis der Eifersucht der beiden Ehemänner (Wiard Withold und Shin Yeo), die das Spiel natürlich nicht durchschauen und sich auf den Schlips getreten fühlen. Und da ist auch noch die Tochter der Fluths (grazil-mädchenhaft verkörpert von Olena Sloia), deren Eltern sie gern unter die Haube bringen wollen – sich dabei allerdings nicht einig sind: der Vater bevorzugt den Junker Spärlich (Oliver Huttel), die Mutter hätte dagegen lieber Dr. Cajus (Markus Hauser) als Schwiegersohn. Anna selbst hat sich allerdings schon für Fenton (Claudio Zazzaro) entschieden, den sie bis zuletzt natürlich auch bekommt.

Der Möchtegern-Verführer Falstaff (Avtandil Kasperli) wird beim Sommernachtsfest im Käfig vorgeführt. Fotos: Jan-Pieter Fuhr
Regisseur Christian Poewe ist mit Otto Nicolais Oper zum ersten Mal in Augsburg tätig. Vor einem zunächst eher ernüchternden Bühnenbild im grünlichen OP-Look kontrastieren farbenfrohe Kostüme, vor allem des Falstaff, der entfernt an einen leicht orientalisch angehauchten Papageno aus der Zauberflöte erinnert. Die bürgerlich-gelangweilten Frauen tragen zwar auffällige gelbe Kleider, aber deren Schnitt karikiert eher die biedere Zeit der 50er und 60er Jahre. In diese Kerbe schlägt auch die selbstgefällige Eifersucht der Ehemänner und die plumpe Anmache der beiden Galane um Anna, die sich dabei gegenseitig übertrumpfen, während der lachende (und auserwählte) Dritte lachend im Busch sitzt. Wie im Sommernachtstraum löst sich schließlich alles in einer irrealen, farbenfrohen nächtlichen Zwischenwelt in Wohlgefallen auf. Für ständige Bewegung auf der Bühne sorgt auch der Chor und die sechs „Hunde der Fluths“, eine Art Butler mit Hundemasken, deren Funktion sich nicht so ganz erschließt.
Die Assoziation zum Sommernachtstraum und noch einigen anderen Musikwerken ist nicht zu weit hergeholt, denn Nicolai verwendet ganz bewusst musikalische Zitate und Anklänge mit Erkennungswert für das (damalige) Publikum. Domonkos Héja und die Augsburger Philharmoniker zeigen Spielfreude und Präzision in der schwierigen Martinipark-Situation ohne Orchestergraben. Die Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne sind, wie bei Komödien üblich, nicht nur musikalisch, sondern auch darstellerisch gefragt, was unterschiedlich, aber insgesamt recht stimmig gelingt. Ein besonderer Gag des Regisseurs ist, dass bei den Dialogen jeweils die eigene Muttersprache der Sängerin oder des Sängers eingesetzt wird. Das Kauderwelsch aus Koreanisch, Georgisch, Niederländisch, Amerikanisch, Italienisch, Ukrainisch, Bairisch usw. scheint auf der Bühne zu keinerlei Missverständnissen zu führen und sorgt im Publikum für große Heiterkeit (obwohl die Dialoge leider nicht übertitelt werden).
Wer allerdings ein bisschen mehr Tiefsinn und Differenziertheit in der Handlungs- und Personenführung erwartet hat, dürfte enttäuscht worden sein. Das kann man bei der Inszenierung, wenn man will, wohl als verpasste Chance verbuchen. Aber Dank der doch sehr professionellen, präzisen und lustvollen Ausführung steht sie insgesamt durchaus in der Tradition des Shakespeareschen Volkstheaters: „Nun eilt herbei, Witz, heitre Laune, die tollsten Schwänke, List und Übermut!“ Eine Produktion, wie gemacht für den Silvesterabend. Das Theater hatte da wohl andere Prioritäten, aber auch an jedem anderen Abend können die lustigen Weiber für gute Laune sorgen.




