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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Weiterer Meilenstein der Erinnerungskultur

Zur Erinnerung an die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses Hallstraße Nr. 14 wurde im Anschluss an eine öffentliche Gedenkveranstaltung unter dem Titel „Entrechtet – Beraubt – Deportiert“  im Theatersaal des Holbein-Gymnasiums von OB Eva Weber eine Gedenktafel am „Judenhaus“ eingeweiht.

Von Udo Legner

Foto: privat

In seiner Begrüßung verwies Schulleiter Bernhard Stegmann auf die Vielzahl unterschiedlicher  Kulturen, Wertvorstellungen und Traditionen am Holbein Gymnasiums, deren 1200 Schülerinen und Schüler 41 verschiedene Staatsangehörigkeiten aufweisen. Die Schulgemeinschaft des Holbein Gymnasiums, die sich als „Schule gegen Rassismus“ und als „Schule mit Courage“ versteht, leiste wie viele weitere Augsburger Schulen einen herausragenden und gewichtigen Beitrag zum friedlichen Miteinander in der Stadtgesellschaft. Ein weiterer Grund für die Ausrichtung der Gedenkveranstaltung am Holbein Gymnasium sei die unmittelbare Nachbarschaft zum „Judenhaus“. Auch wenn in den Jahren 1933 – 1945 die Nachbarn viel zu oft weggesehen, denunziert oder sich gar bereichert hätten, gab es auch einige beeindruckende Zeugnisse engagierter Nachbarschaftshilfe, die von der Unterstützung im Alltag bis zum Verstecken der Bewohnerinnen und Bewohner des „Judenhauses“ reichte. An diese Beispiele guter Nachbarschaft gelte es anzuknüpfen und darauf hinzuwirken, dass Ähnliches nie wieder vorkomme.

Massive Einschränkung der Rechte der jüdischen Bevölkerung

In weiteren Redebeiträgen wiesen OB Eva Weber, der Historiker Alfred Hausmann und Miriam Friedmann, die Nachfahrin der Augsburger Familien Friedmann und Oberndorfer, auf die Restriktionen der Rechte der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten hin. Ab 1939 zwangen die Wohnungsbehörden auch in Augsburg Jüdinnen und Juden in bestimmte Häuser einzuziehen. So wurde die im Deutschen Reich verbliebene jüdische Bevölkerung isoliert und kontrollierbar gemacht. Für viele der Bewohnerinnen und Bewohner waren diese Häuser die erste Station auf dem Weg zur Deportation und Ermordung.

Zwischen 1939 und 1943 waren in dem sogenannten „Judenhaus“ Hallstraße 14 insgesamt 66 Jüdinnen und Juden auf engstem Raum zwangsweise einquartiert. Die meisten von ihnen wurden von den Nationalsozialisten in Ghettos und Konzentrationslager (u.a. Auschwitz, Theresienstadt) deportiert und ermordet und nur wenigen gelang die Flucht ins Ausland.

An diese Schicksale soll mit der Einweihung einer Gedenktafel am Haus Hallstr. 14 erinnert werden. Ergänzend zum Gedenkformat „Augsburger Weg der Erinnerung“ möchte die Stadt Augsburg auch künftig Gedenktafeln an Häusern mit vergleichbarer Geschichte anbringen. 

Zukunftsmusik: Gedenktafeln an Augsburger Schulen

Das Anbringen an  Gedenktafeln an Augsburger Schulen – ein Vorschlag, der von Schulleiter Bernhard Stegmann ausdrücklich begrüßt wurde – wäre ein weiterer Meilenstein auf dem Augsburger Weg der Erinnerung. Dies wäre nicht nur ein nachhaltiges Ergebnis der Anne-Frank Ausstellung, sondern ein weiteres augenfälliges Mahnmal für mehr Toleranz, Miteinander und gegenseitigem Respekt in der Stadtgesellschaft.