Sinfoniekonzert: Blick über den Ärmelkanal
Unter der Überschrift „Britain`s got Talent“ widmete sich das 3. Sinfoniekonzert der Augsburger Philharmoniker der Musik aus England
von Halrun Reinholz
Dass ein „englisches“ Konzert mit Musik von Joseph Haydn anfängt, dessen Sinfonie Nr. 102 B-Dur, ist symptomatisch. Ein eigentlich „musikverrücktes“ Land, wie Haydn notierte, hat im 18. Jahrhundert für eine ganze Weile keine eigenen Komponisten aufzuweisen. Dafür aber ein dankbares Publikum. „Ich machte diesen Abend vier tausend Gulden“, schrieb Haydn. „So etwas kann man nur in England machen.“ Haydn wurde in London wie ein Star gefeiert und hat dort zwölf Sinfonien komponiert. Domonkos Héja ließ auf die Sinfonie Nr. 102, deren erster Satz „die Wucht Beethovens vorwegnimmt“, dann doch einen waschechten Engländer folgen: William Walton, aus der Generation „Talent regained“. Die leider wegen Krankheit verhinderte Solobratschistin Ruth Kilius, „artist in residence“ der Philharmoniker, wurde kurzfristig von Nils Mönkemeyer vertreten, Professor an der Münchner Musikhochschule und erfolgreicher Bratschist. Er zeigte alle Facetten von Waltons Konzert für Viola und Orchester, das zuweilen Anklänge an Gershwin durchblicken lässt. Nach der Pause folgte Edward Elgar, dessen „Pomp and Circumstance“ Marsch in England eine Art Ersatzhymne ist und entsprechend Kultstatus hat.
Im Programm der Philharmoniker standen auch die 14 „Enigma“-Variationen zu einem Thema, wo Elgar Porträts von Freunden musikalisch skizziert – humorvoll und treffsicher, eine musikalische Karikatur sozusagen. Das war wieder sehr britisch und deshalb ein hervorragender Abschluss für den Konzertabend. Domonkos Héja hatte an dem Wochenende vor dem Konzert in einem Gespräch mit Deutschlandradio Kultur bekräftigt, dass er sich „sowohl in Augsburg als auch in seiner Haut“ sehr wohl fühle. Auch das Augsburger Publikum schätzt ihn offenbar.
Allerdings war die letzte Spielzeit, die mangels GMD als Interim geplant wurde, geprägt von hochrangigen Gästen. Das vermisst man in dieser Spielzeit etwas, fast alle Konzerte sind mehr oder weniger „hausgemacht“. Daher wäre für die Planung der nächsten Spielzeit eine gute Mischung von Eigenleistung und Gästen dringend zu wünschen. Dem sehr vielseitigen und charismatischen GMD kann man dabei sicher einiges zutrauen.