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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

AUSSTELLUNG

Ein glanzvolles Vermächtnis: Augsburger Silber aus der Sammlung von Kurt F. Viermetz

Die Augsburger Ausstellung „Glanzvolles Andenken“ zeigt eindrucksvoll Werke der Gold- und Silberschmiedekunst

Von Dr. Helmut Gier

Zwei Salièren Silber, getrieben, gegossen, ziseliert, punziert, teilvergoldet, Albrecht von Horn (Meister um 1616, † 1665), Augsburg, 1639-1649, Inv. Nr. 2018/140 a, b Augsburg, © Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Foto: Lenz Mayer

Im Maximilianmuseum spiegelte sich für den gebürtigen Augsburger Kurt F. Viermetz die glanzvolle Vergangenheit der einstigen Reichsstadt. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1999 setzte sich der erfolgreiche Bankier daher aus Stolz auf die große Kunst- und Kulturgeschichte seiner Vaterstadt für die Neugestaltung des Museums und den Ausbau seiner Sammlung ein. Schon 2004 legte er in einem Vorwort zu dem handlichen Band über dieses reichsstädtische Schatzhaus in der Reihe Augsbuch ein Bekenntnis dazu ab, das jetzt nach seinem Tod gleichsam als sein geistiges Vermächtnis zu lesen ist und aus dem zu Recht Auszüge am Beginn der Ausstellung zu seinem Andenken zitiert werden. Er hebt dabei „den Einsatz engagierter Augsburger“ für die Bereicherung der Sammlungen um wertvolle Erwerbungen hervor.

Seine besondere Bewunderung galt der berühmten Augsburger Gold- und Silberschmiedekunst des 17. und 18. Jahrhunderts. Schon damals waren besonders seiner Unterstützung zwei herausragende Erzeugnisse dieses Kunsthandwerks zu verdanken, die in dem Band beschrieben und auch im neuen Ausstellungskatalog abgebildeten werden: die 2001 erworbene Terrine aus dem Rigaer Gouvernementsservice Katharinas der Großen und das 2002 angekaufte Patent des Kurfürsten Carl Theodor für den jüdischen Bankier Veit Caula.

Werke der Gold- und Silberschmiedekunst gehörten für Kurt F. Viermetz aber nicht nur zu den größten Attraktionen des von ihm geförderten Museums, dessen Bestände er bereichern wollte. Er besaß auch eine persönliche Beziehung zu diesem Zweig des Augsburger Kunstgewerbes. Die jetzt im Maximilianmuseum präsentierte Ausstellung „Glanzvolles Andenken“ zeigt dies eindrucksvoll. Sie führt den Sammler Kurt F. Viermetz vor Augen, der über viele Jahre einen reichhaltigen Bestand an kostbaren Erzeugnissen der Augsburger Gold- und Silberschmiedekunst aufgebaut hat. Dass er diese Sammlung dem von ihm so geschätzten, mit seinem Namen für immer verbundenen Museum nach seinem Tode vermacht hat, ist das letzte Zeugnis seiner mäzenatischen Gesinnung. Eine Reihe von besonders wertvollen Objekten aus seiner Sammlung hatte er seit dem Jahre 2002 zu besonderen Anlässen bereits geschenkt. Sie werden jetzt zusammen mit den Stücken aus dem Nachlass präsentiert, so dass eine umfassende Begegnung mit der Sammlerpersönlichkeit möglich ist. Zu diesen früheren kostbaren Gaben gehören bedeutende Werke, die in der Ausstellung die Blick auf sich ziehen: ein in seltener Vollständigkeit erhaltenes Reiseservice aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die einzige freie Silberplastik in der Sammlung, die von Georg Lotter um 1700 gefertigte, technisch vollendete Figur eines Harlekin, und eine frühe Lavabogarnitur von Jeremias Nathan aus der Zeit um 1600.

Prunkplatte mit musizierendem Paar, Silber, getrieben, gegossen, ziseliert, punziert, vergoldet, Marx Weinold (Meister um 1665, † 1700), Augsburg, 1679-1683, Inv. Nr. 2018/128 © Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Foto: Lenz Mayer

Wie es dem Charakter einer persönlichen Privatsammlung entspricht, enthält diese keine großen Kirchengeräte und prunkvollen Möbel, es dominieren eher die Gegenstände kleineren Formats für die aristokratische und großbürgerliche Tischkultur. Das vermittelt ein realistisches Bild von diesem Gewerbe, denn das Tafelsilber stellte die Hauptaufgabe und wichtigste Einnahmequelle dar. Die Vorliebe von Kurt F. Viermetz galt Terrinen und Schüsseln, Tee- und Kaffeekannen, Bechern und Humpen sowie Weinprobierschalen bis hin zu Senftöpfchen und Zuckerstreuern. Beim Betrachten der Objekte fällt die stilistische Vielfalt auf. Neben ausgesprochen modern wirkenden Gegenständen wie den Kugelfuß- und Schlangenhautbechern stehen kunst- und phantasievolle, mit reichem dekorativen und figürlichem Schmuck versehene Salièren und Trinkschalen. In der Ausstellung sind die Arbeiten von 20 Augsburger Goldschmieden zu sehen, die bisher in der Sammlung des Maximilianmuseum nicht vertreten waren. Verwundern kann das nicht angesichts der großen Zahl an Vertretern dieses Kunstgewerbes in dieser Stadt, in der es im 17. und 18. Jahrhundert mehr Goldschmiede als Bäcker gab.

Erzeugnisse der Augsburger Goldschmiedekunst sind in fast allen großen, das Kunstgewerbe miteinbeziehenden Museen und Schatzkammern vor allem Mittel- und Osteuropa zu sehen. Das hängt natürlich damit zusammen, dass die künstlerisch anspruchsvollsten Werke der Augsburger Meister Aufträge für die Höfe in diesem Raum, also Exportartikel waren. Will ein Museum am Herstellungsort, in der Heimatstadt, einen Eindruck davon vermitteln, ist es eine große dauernde und fordernde Aufgabe, bei sich bietender Gelegenheit einige dieser bedeutenden Werke zurückzukaufen. Kurt R. Viermetz hat sich in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten tatkräftig dafür eingesetzt, auch einige der herausragenden und eindrucksvollsten Stücke aus seiner Privatsammlung reihen sich in diese Anstrengung ein. Zu nennen sind hier der Elfenbeinhumpen aus dem Besitz des Pfälzer Kurfürsten Carl Philipp, dem Erbauer des Mannheimer Schlosses, die für den Großherzog von Mecklenburg-Schwerin Friedrich Franz I. Angefertigte große Deckelterrine und die Lavabogarnitur für die Reichsabtei Salem. Eine Vielzahl ganz unterschiedlicher erlesener und im wahren Sinne glänzender Werke lassen damit für jeden Betrachter den herausragenden, augenfälligsten Teil der großen Geschichte Augsburgs als Kunstgewerbe- und Luxusgütermetropole lebendig werden. Das sollte sich kein an der Kunst- und Kulturgeschichte der einstigen Reichsstadt am Lech Interessierter entgehen lassen.

Zugleich wird damit einer Persönlichkeit Reverenz erwiesen, die den Titel Augsburger Ehrenbürger wahrlich verdient hat und in ihrem kulturellen Wirken für diese Stadt in den letzten Jahrzehnten singulär ist. In ihrem schönen Vorwort zu dem reich bebilderten Ausstellungskatalog führt seine zweite Frau Hannelore Viermetz das Mäzenatentum ihres Mannes sicher zu Recht auf „das großartige Beispiel amerikanischer Philanthropen“ zurück. Kurt F. Viermetz hat jahrzehntelang an leitender Stelle für die J. P. Morgan Bank gearbeitet, deren Gründer mit dem Aufbau der Pierpont Morgan Library in New York, einer der kostbarsten Bibliotheken der Welt, selbst ein wohltätiger Sammler gewesen ist. In dieser Überzeugung, der Gemeinschaft einen Teil seines Vermögens zurückgeben zu sollen, hat sich Kurt F. Viermetz um seine Vaterstadt verdient gemacht. Das Maximilianmuseum mit seinen Schätzen wird in Zukunft vom Wirken dieses großen Mäzens künden.