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Freitag, 17.05.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Die ganze Mobilitätsdrehscheibe aufs Spiel gesetzt“

Von Siegfried Zagler

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs BayVGH bezüglich des Bebauungsplanes Nr. 500 “Königsplatz und Augsburg-Boulevard” (DAZ berichtete) nahmen die im Rathaus vertreten Fraktionen zum Anlass, um mit grobem Schrot auf die Stadtregierung zu schießen.



Fast alle Fraktionen zeigten sich über das Urteil „bestürzt“, entwarfen Baustopp-Szenarien oder spekulierten, dass man befürchten müsse, dass durch die Verfahrenslücke in Sachen B-Plan 500 das gesamte Projekt „Mobilitätsdrehscheibe“ auf Spiel gesetzt werde (Grüne). Die nicht im Augsburger Stadtrat vertretene FDP sieht gar mit großem Schrecken einem Superstau entgegen und orakelte in der in Augsburg inzwischen sprichwörtlich gewordenen „Miriam-Gruss-Manier“ (für Oberflächlichkeit) von dem Fortgang der Serie „Pleiten, Pech und Pannen“. Ob das VGH-Urteil nicht so einfach heilbar ist, wie Oberbürgermeister Kurt Gribl und Baureferent Gerd Merkle vermuten, oder ob das Projekt aufgrund eines „Formal-Fehlers seitens der Stadt weiteren Schaden nimmt“ (SPD), wird sich zeigen; eine Urteilsbegründung ist noch nicht bekannt. Auszüge aus den politischen Statements der Parteien:

Grüne: „Die ganze Mobilitätsdrehscheibe aufs Spiel gesetzt“

Die Grünen sprechen von einer Stolperei von einer Notoperation zur nächsten und ziehen dabei einen politischen Vergleich zum Curt-Frenzel-Stadion. Es sei auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht geklärt worden, was mit dem Begriff der vorsorglichen Entlastungsstraße gemeint gewesen sei. „Die Stadtregierung muss klar sagen, was sie mit der Entlastungsstraße will und wie dies mit den Plänen eines autofreien Königsplatzes, der Reduzierung des Durchgangsverkehrs und der Bevorzugung des ÖPNV vereinbar ist. Durch dieses Verfahren hat die Stadtregierung nicht nur erneut viel Zeit verloren, sondern ein weiteres Mal die ganze Mobilitätsdrehscheibe aufs Spiel gesetzt.“

SPD: „Das Projekt nimmt weiteren Schaden“

Die SPD zeigt sich darüber „bestürzt“, dass „dieses für die Stadt so wichtige – und streitbehaftete – Projekt nun an einem Formalfehler seitens der Stadt weiteren Schaden nimmt.“ Die Rathaus-SPD habe seinerzeit die Fortführung des Planfeststellungsverfahrens unter der Leitung der Regierung von Schwaben verlangt, was der Baureferent jedoch als „unnötig und unflexibel“ abgelehnt habe. „Er wollte das Bebauungsplanverfahren, das nun beim VGH aufgehoben wurde.“

Freie Wähler: „Eine Farce“

Die Freien Wähler (FW) sprechen von einer „Farce“ im Sinne der Bürgerbeteiligung: „Wenn OB Gribl und Baureferent Merkle jetzt schon wissen, dass der Fehler heilbar ist und die Auslegung und erneute Beteiligung der Bürger keine Auswirkungen auf das Verfahren und den Bebauungsplan Nr. 500 haben, erklären Sie damit die Beteiligung zur Farce und haben bereits eine Vorentscheidung getroffen“, so das Statement vom inoffiziellen FW-Pressesprecher, Volker Schafitel.

FDP: „Nun droht endgültig der Superstau“

Die Augsburger FDP, die nicht im Stadtrat vertreten ist, lässt bestellen, dass die Stadt „erneut die Quittung für grobe Fehler im Rahmen des Großprojekts Mobilitätsdrehscheibe erhält.“ Jetzt sei es offiziell bestätigt worden, dass „die Verantwortlichen es versäumt haben, die Öffentlichkeit und insbesondere die betroffenen Anwohner einzubeziehen. Dass der Stadtregierung erneut ein solch dicker handwerklicher Patzer unterläuft, ist mehr als peinlich und setzt die Serie von Pleiten, Pech und Pannen fort.“ Nun drohe wohl endgültig der Superstau in Augsburgs Innenstadt, so Miriam Gruß, Bundestagsabgeordnete und Augsburger FDP-Kreisvorsitzende.

NCSM: „Aufhebung lediglich aus formellen Gründen“

Es sei bedauerlich, dass der Bebauungsplan 500 vom VGH für unwirksam erklärt worden ist, so die Fraktionsvorsitzende Claudia Eberle der Neuen CSM. „Nach derzeitiger Kenntnislage erfolgte die Aufhebung lediglich aus formellen Gründen. „Dies bedeutet, dass materiellrechtlich der B-Plan rechtmäßig ist. So wie es derzeit aussieht, bestehen keine Zweifel an den Verkehrsprognosen der Verkehrsgutachten zum Beispiel über die Leistungsfähigkeit des Kaiserhof-Knotens.“

CSU: „Es darf unter gar keinen Umständen zu einem Baustopp kommen“

Sehr zugeknöpft gibt sich die CSU-Fraktion: „Es ist nun die Aufgabe des Stadtrates, alles zu tun, dass auch vor dem Hintergrund des VGH-Urteiles ohne Zeitverlust der vom VGH beanstandete Verfahrensfehler geheilt wird. Die im Auslegungsverfahren von den Bürgern eventuell vorgebrachten Einwendungen sind ernsthaft zu überprüfen. Entscheidend ist aber für uns, dass es im Konsens dabei bleibt, dass der Bypass (die so genannte vorsorgliche Entlastungsstraße) unbeanstandet bleibt. Es darf unter gar keinen Umständen zu einem Baustopp kommen.“