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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Wir sind die wählbare Alternative“

CSM-Spitzenkandidat Hermann Weber im DAZ-Interview

Sprach mit der DAZ über eine Regierung ohne Koalitionen: Hermann Weber (Foto: CSM)

Sprach mit der DAZ über eine Regierung ohne Koalitionen: Hermann Weber (Foto: CSM)


Die Frage, wie eine Augsburger Stadtregierung nach dem 16. März aussehen könnte, beschäftigt im politischen Augsburg nicht wenige Köpfe. Die Feststellung, dass dies immer noch der Wähler zu entscheiden habe, ist natürlich zutreffend. Für wen sich der Wähler entscheidet, könnte allerdings auch davon abhängen, wie sich nach der Wahl die gewählten Räte verhalten. Um es zu vereinfachen: Wer Grün wählt, wählt im Geiste auch immer ein wenig die SPD mit, weil der Grüne Wähler davon ausgeht, dass Rot-Grün in Augsburg nach der Wahl eine Koalition schmieden, falls es dafür eine Mehrheit gäbe. Welche möglichen Koalitionen stehen noch im Raum? Mit wem könnte zum Beispiel die CSU koalieren? Auf dem Neujahrsempfang der CSU staunten Insider nicht schlecht, als die beiden Frontmänner der möglichen bürgerlichen CSU-Koalitionspartner CSM und Pro Augsburg (Hermann Weber und Peter Grab) desavouiert wurden, indem sie weder begrüßt noch erwähnt wurden.

Die DAZ verfolgt nun zwei Monate vor der Wahl das Ziel, herauszuarbeiten, wer mit wem im Rathaus nach der Wahl eine Regierungskoalition bilden könnte. Damit der Wähler weiß, wen oder was er möglicherweise im Geiste mitwählt, sollen sich die Augsburger Spitzenpolitiker gegenüber der DAZ in dieser Hinsicht über ihre Präferenzen äußern. Hermann Weber hatte dabei im DAZ-Interview nicht das geringste Problem. Die CSM will mit niemand koalieren, sondern die Referenten nach Sitzanzahl der Fraktionen verteilen. „Ein Einbinden aller von den Wählern gewählten Stadtratsfraktionen halte ich bei einem Kollegialorgan für kommunalrechtskonform“, so Weber.

DAZ: Herr Weber, Sie sind seit der Abspaltung von der CSU im Jahre 2010 der Kopf und auch das erste Gesicht der CSM, der die DAZ kurz nach ihrer Gründung die politische Legitimation absprach. Die SPD nahm den Ball auf und legte ein Veto bei der Regierung von Schwaben ein. Der Hauptvorwurf: Steuergeldverschwendung. Sie können sich sicher noch an diese Debatte erinnern.

Weber: Ja, ich erinnere mich noch sehr gut.

DAZ: Beschreiben Sie doch bitte aus ihrer Sicht die Genese der CSM von Anfang bis heute.

Weber: Das Vorgehen der CSU bei der Neuwahl des Kreisverbandes Augsburg West und dem folgenden “Durchziehen” der Mehrheit, bei der das Mehrheitslager Schley den Ortsverbands-Willen bei der Delegiertenbildung ignorierte, war der Ursprung. Die Beleidigungen einzelner Personen in der Fraktion sowie “verschwundene Post” in den Fraktionsfächern und die daraus folgende Umkehrung von Täter/Opfer bei der CSU-Fraktion hat den Ausschlag gegeben, dass das Vertrauensverhältnis mit der CSU-Fraktion nicht mehr da war. Die Bildung (und die Anerkennung) einer eigenen Fraktion ging nur mit einer “Loslösung” vom Wählerpotential und somit nur mit dem Austritt aus der CSU. Ansonsten wäre die Anerkennung einer eigenen Fraktion nicht möglich gewesen.

DAZ: Nun machen Sie Wahlkampf gegen die CSU, deren Oberbürgermeister Sie ursprünglich unterstützen wollten. Wie geht das zusammen?

Weber: Wir machen nicht Wahlkampf gegen irgendjemand, sondern wir werben für die CSM. Wir stellen keinen OB-Kandidaten auf, weil wir die Arbeit von OB Gribl gut finden.

DAZ: Auf dem Neujahrsempfang der CSM haben Sie dem Kabarettisten Wolfgang Krebs Details der Augsburger CSU preisgegeben. Mein Eindruck: Sie wollen die CSM als die bessere CSU verkaufen. Sehe ich das falsch?

Weber: Wir sind die Christsozialen, die die Würde der Augsburger Mitmenschen achten. Wir sind die wählbare Alternative.

DAZ: Sie haben am Freitag auf dem CSM-Neujahrsempfang großen Wert darauf gelegt, dass die CSM Referate wie Ausschüsse nach dem System “Hare Niemeyer” verteilt werden sollen. Können Sie unseren Lesern kurz und anschaulich erläutern, wie das bei den Referaten konkret aussehen soll?

Weber: Nach heutiger Verteilung ergäben sich bei Hare Niemeyer oder d’Hondt folgende Aufteilungen, wenn wir von acht Referaten ausgehen: SPD 19 Stadträte entspricht 3 Referenten, CSU 17 Stadträte entspricht 2 Referenten, Grüne 6 Stadträte entspricht 1 Referent, CSM 6 Stadträte 1 Referent, Pro Augsburg 5 Stadträte entspricht 1 Referent, Freie Wähler 3 Stadträte entspricht 0 Referent, Die Linken 2 Stadträte ebenfalls 0 Referent. Zwei fraktionslose Stadträte entsprechen ebenfalls 0 Referenten.

DAZ: Die Frage zielte eher darauf ab, wie man sich einigen kann, wer welches Referat bekommt, wenn die Referate auf 4 Parteien (oder ggfs. 5 Parteien) verteilt werden sollen. Und dies möglicherweise ohne Koalitionsvertrag. Sobald es ernsthafte Differenzen bei den Verhandlungen geben sollte, werden Koalitionsverhandlungen wahrscheinlich. Und somit 4 Referenten für die CSU und 4 Referenten für die SPD, deren Mitglieder darüber murren könnten, wenn ihre Kandidaten nur zwei statt vier Referate herausschlagen. Schließlich haben sie einen politischen Wahlkampf für die SPD gemacht, Plakate geklebt undsoweiter. Das gleiche gilt auch für die CSU. Ist das von Ihnen nicht ein wenig zu ideal-typisch gedacht?

Weber: Die Haltung der CSM geht auf eine fraktionsübergreifende Regierung hinaus und dies ist in unserem Programm festgelegt.

DAZ: Das hieße ja, dass es eine bürgerliche Koalition mit der CSM nicht geben würde.

Weber: Ich spreche den anderen Parteien die bürgerliche Legitimation nicht ab.

DAZ: Lassen Sie uns konkret sein. Was geschähe, wenn die CSU und die CSM zusammen auf 32, 33 Sitze kämen?

Weber: Auch dabei würden wir eine Minderheit nicht ausschließen wollen.

DAZ: Das bedeutet nichts anderes, um es politisch festzuhalten, dass man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine bürgerliche Koalition mit der CSU ausschließen kann. Können Sie das so bestätigen?

Weber: Im Prinzip ja. Ich würde aber auch gleichfalls die CSU nicht ausschließen.

DAZ: Logischerweise käme dann für die CSM auch keine Koalition mit Rot-Grün in Frage.

Weber: Das ist so. Ein Einbinden aller von den Wählern gewählten Stadtratsfraktionen halte ich bei einem Kollegialorgan für kommunalrechtskonform.

DAZ: Herr Weber, vielen Dank für das Gespräch.

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Fragen: Siegfried Zagler