Was ist das Bahnprojekt Ulm-Augsburg?
Seit einigen Tagen ist bekannt, dass das Bahnprojekt Ulm-Augsburg wegen fehlender Mittel auf einer Streichliste des Bundesverkehrsministeriums steht. Wirtschaft, Kommunen und Fahrgastverbände sind besorgt. Doch was ist eigentlich das Bahnprojekt Ulm-Augsburg?
Ausgeleuchtet:
Das Bahnprojekt Ulm–Augsburg ist der Neubau einer 70 Kilometer langen, zweigleisigen Fernverkehrsstrecke zwischen Ulm und Augsburg, zusätzlich zur Bestandsstrecke. Ziel ist es, die Fahrzeit von derzeit 38 bis 43 Minuten auf 26 Minuten zu verkürzen.
En détail:
Zweck
Das Bahnprojekt Ulm-Augsburg mit seinen verkürzten Fahrzeiten soll das Schienennetz an den Deutschlandtakt, einen deutschlandweit abgestimmten Zielfahrplan anpassen.
Streckenführung
Die beiden neuen Gleise verlaufen nicht parallel zur Bestandsstrecke. Stattdessen folgt die Trasse zu etwa 80 Prozent der Autobahn A8 (zwischen den Anschlussstellen Neusäß und Leipheim). Die übrigen 20 Prozent liegen vor Neu-Ulm entlang der bestehenden Bahnstrecke.
Rund 20 Kilometer der Strecke müssen in Tunneln geführt werden, um die maximal zulässige Steigung von 0,8 Prozent einzuhalten. Der längste Tunnelabschnitt liegt zwischen Adelsried und Zusmarshausen. Die Trasse ist für Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h ausgelegt.
Türkis: die geplante Vorzugsvariante Ulm-Augsburg
Hintergrundkarte: © Bayerische Vermessungsverwaltung (2025), Datenquelle: Geoportal Bayern www.geoportal.bayern.de; Bearbeitung: DAZ
Deutschlandtakt nur mit Halt in Günzburg
Heute schon machbar:
44 Minuten Fahrzeit mit Halt in Günzburg
Der Deutschlandtakt sieht einen stündlichen Halt in Günzburg vor. Dafür müssen die Züge – aus Augsburg kommend – bei Burgau auf die Bestandsstrecke wechseln, in Günzburg halten und bei Echlishausen wieder in die Neubaustrecke einfahren. Die Fahrzeit liegt dann bei 40 Minuten – nur vier Minuten schneller als heute. Da der gesamte Schnellverkehr einmal im 30-Minuten-Takt laufen soll, wird die Fahrzeit von 26 Minuten nur von jedem zweiten Zug erreicht.
Güterfernverkehr
Die Neubaustrecke wird auch vom Güterverkehr benutzt. Um Überholungen zu ermöglichen, ist in Bubesheim ein rund zwei Kilometer langer Ausweichbahnhof vorgesehen. Die Begrenzung der Steigung auf 0,8 Prozent geht ebenfalls auf die Anforderungen des Güterverkehrs zurück.
Zeitplan
ICE – Symbolbild
Die Planung durch die DB InfraGO begann 2019. 2024 legte die Bahn als Ergebnis die sogenannte Vorzugsvariante vor. Anschließend begann die parlamentarische Befassung im Bundesverkehrsministerium. Dort hakt es zurzeit.
Sollte das Ministerium das Projekt an den Bundestag weiterleiten und dieser zustimmen, schlösse sich ein mehrjähriges Planfeststellungsverfahren an, eine Art überregionales Baugenehmigungsverfahren. Ein Baubeginn wäre frühestens Ende des Jahrzehnts realistisch.
Zur reinen Bauzeit äußert sich die DB bislang nicht. Kolportiert wird nur eine Fertigstellung „in den 30er Jahren“. Für Stuttgart 21, ein von der Größenordnung vergleichbares Projekt, waren neun Jahre Bauzeit veranschlagt. Tatsächlich werden es dort wohl 17 Jahre.
Baukosten
Die ersten Schätzungen von 2016 lagen bei knapp 2,0 Milliarden Euro. Zuletzt wurden 5,5 Milliarden Euro veranschlagt. Zum Vergleich: Bei Stuttgart 21 lagen die Schätzungen zu Baubeginn bei 4,5 Milliarden Euro, derzeit rechnet man mit Gesamtkosten von etwa 12 Milliarden Euro.
Fazit
Das Projekt verkürzt die Fahrzeit zwischen Augsburg und Ulm im Deutschlandtakt um lediglich vier Minuten, bei durchgehenden Verbindungen ohne Halt immerhin um 12 Minuten.
Wahrscheinlich wird das Vorhaben jedoch über 10 Milliarden Euro verschlingen – und die Realisierung noch rund 15 Jahre dauern.
Zum Schluss ein Blick in die Statistik: Fast die Hälfte aller Fernzüge verspätet sich um mehr als 6 Minuten, ein Drittel sogar um mehr als 15 Minuten. Die teuer erkauften Minuten Fahrzeitverkürzung könnten also schon beim Warten auf verspätete Züge wieder verloren sein.