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Donnerstag, 28.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Fünffingerlesturm: Stadtrat hält den Baustopp für rechtens

Die Zuschauerplätze waren zu Beginn der zweiten öffentlichen Stadtratsitzung nach der Sommerpause wieder einmal bis zum letzten Platz gefüllt. Grund war der zweite Tagesordnungspunkt „Fünffingerlesturm“. Die „Bürgerinitiative gegen den Treppenanbau“ wollte dem Stadtrat signalisieren, dass das Thema unverändert Bedeutung hat.

Dass der Fünffingerlesturm am 2. Oktober im Stadtrat zur Debatte stand, war allein der SPD zu verdanken. Sie wollte den Antrag stellen, der Stadtrat möge die Bauverwaltung anweisen, auf Rechtsmittel gegen die altaugsburggesellschaft zu verzichten und den im April verhängten Baustopp zurücknehmen. Der Fraktionchef der SPD, Stefan Kiefer, führte zur Begründung seines Antrages aus, dass der Baustopp politisch zu bewerten sei. Der damalige Stadtbaurat habe in dieser Phase „eine Gefälligkeit erfüllen“ wollen. Vor der Politisierung der Treppe sei sich der Stadtrat über das Projekt schließlich einstimmig einig gewesen. (Lauter Zwischenruf von Frau Schabert-Zeidler, PRO AUGSBURG: „Nicht einstimmig!“) „Außerdem“, fuhr Kiefer schnippisch fort, „ist bei Rücknahme des Widerspruchs durchaus eine Einigung möglich, sogar im Sinne von Ihnen da hinten.“ Gemeint war die Zuhörerschaft, die sich, wie Kiefer richtig erkannte, zum größten Teil aus Treppengegnern zusammensetzte.

OB Kurt Gribl stellte fest, dass die Angelegenheit eine Sache des Verwaltungsvollzugs sei. Der Stadtrat habe hier nichts zu entscheiden. Der Antrag sei deshalb unzulässig. Dennoch entwickelte sich – außerhalb des baurechtlichen Minenfeldes rund um den Fünffingerlesturm – eine muntere politische Diskussion quer durch alle Fraktionen. Reiner Erben, Fraktionsführer der Grünen, sprach von einem kompromisslosen Vorgehen beider Seiten. Kulturreferent Peter Grab konnte das nicht gelten lassen und wies darauf hin, dass die BI immer gesprächsbereit gewesen sei. Sein Vorschlag zur Mediation sei im Herbst 2007 von der altaugsburggesellschaft brüsk zurückgewiesen worden. Statt dessen habe man einen Baum gefällt.

Grab wehrte sich auch gegen Stefan Kiefers Verharmlosung von „5 bis 10 cm“ Grenzüberbau, die „nicht die Bohne“ interessieren würden. Einzelhändler in der Innenstadt hätten wegen weniger cm in den Gehweg ragender Markisen oder Werbeeinrichtungen erhebliche Schwierigkeiten mit der Stadt bis hin zum Rückbau gehabt. Der Fraktionschef der CSU, Bernd Kränzle, betonte, dass selbst die Baugenehmigung rechtlich zur Disposition stünde, denn so sei nicht genehmigt worden. Alexander Süßmair von den Linken hatte die Lacher auf seiner Seite, als er ausführte, dass man die beiden Konfliktparteien wohl nur befrieden könne, wenn man die Treppe abreiße und den Turm östlich der Stadt als Bollwerk gegen die wilden Bajuwaren verfrachte. Den größten Fehler habe aber die altaugsburggesellschaft gemacht. Sie hätte niemals im März 2008 überraschend mit dem Bau beginnen dürfen. „Es waren viele Unterschriften vorgelegen“, so Süßmair, und es sei klar erkennbar gewesen, wie emotional aufgeladen die Atmosphäre in der Stadt war.

Baureferent Gerd Merkle erstattete dem Stadtrat einen ausführlichen Bericht. Das Verwaltungsgericht, das Anfang September den Baustopp als rechtswidrig angesehen hatte, sei von falschen Sachverhalten ausgegangen. Über den Beamer präsentierte Merkle die Bauantragszeichnung und legte eine Folie mit dem tatsächlichen Grundstücksverlauf darüber. Eine eindrucksvolle Demonstration, auch für die SPD. Jeder im Saal konnte erkennen, dass Plan und Realität um mehr als einen halben Meter voneinander abwichen. Die Sondernutzungsgenehmigung für 5 m² öffentlichen Grund, auf die sich die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts stützt, sei nicht für den Gehweg selbst, sondern für die Benutzung der Grünfläche unmittelbar hinter dem Gehweg erteilt worden.

SPD-Stadtrat Stefan Quarg, selbst Architekt, räumte daraufhin „zur Ehrenrettung“ ein, dass der Baustopp in Ordnung gehe und die SPD bei der Stellung des Antrags wohl von falschen Voraussetzungen ausgegangen war. Die SPD beantragte eine Sitzungsunterbrechung und zog anschließend ihren Antrag zurück. Evi Hannen, Initiatorin des Bürgerbegehrens gegen den Treppenbau, sah das Thema Fünffingerlesturm erstmalig adäquat behandelt und war erfreut darüber, dass sich der Stadtrat mehrheitlich gegen die Treppe positioniert habe. Sogar Stefan Kiefer, habe mehrmals eingeräumt, dass nicht der Stadtrat, sondern nur der Bauausschuss seinerzeit der Treppe zugestimmt habe.