FCA in Bochum: Die „Unabsteigbaren“ wollen aufsteigen
„Die Unabsteigbaren“, wie die Kicker des Revierklubs von ihrem Anhang genannt werden, treffen am frühen Sonntagnachmittag zu Hause auf den FC Augsburg. Ein in der deutschen Sportgeschichte sehr bedeutungsvoller Moment geschah am 29. Mai 1993 im ausverkauften Münchner Olympiastadion. Die Initialzündung ging von den Fans des VfL Bochums aus.
Von Siegfried Zagler
Die Besucher des vorletzten Bundesligaspieltages in der Saison 92/93 hatten sich auf Geheiß des Stadionsprechers zu einer Gedenkminute für die Opfer der von Neonazis verübten Brandanschläge in Hoyerswerda, Rostock und Solingen erhoben. Nach der Schweigeminute skandierte der Bochumer Block „Nazis raus“ und die 66.000 Stadionbesucher folgten mit Inbrunst dem Bochumer Staccato. An diesem Tag wurde erstmals minutenlang in der Öffentlichkeit mit unvorhersehbarer Wucht und Leidenschaft den neonazistischen Umtrieben nach der Wiedervereinigung Deutschlands ein konsequentes „No-Go“ signalisiert. Vielleicht war dieser Samstagnachmittag im Mai 93 die wirkliche Geburtsstunde des wiedervereinten Deutschlands. Die deutsche Finsternis wurde zuerst an einem Ort bekämpft, an dem man seine Präsens am stärksten befürchtete: in einem Fußballstadion. Diesem historischen Moment, der der erfolgreichen Antirassismus-Kampagne des DFB den Weg ebnete, wurde im Trubel der alltäglichen Ereignisse im Frühjahr 1993 nicht die öffentliche Aufmerksamkeit zuteil, die er verdient gehabt hätte. An der Weser verlor der HSV mit fünf Toren Differenz gegen die Bremer, die mit diesem Kantersieg durch das bessere Torverhältnisses an den Münchnern vorbeizogen und schließlich am letzten Spieltag Deutscher Meister wurden.
Der Bochumer Anhang gilt in Trainerangelegenheiten nicht als geduldig
Friedhelm Funkel hatte bereits damals seine Spielerlaufbahn beendet und trainierte den Krefelder Bundesligisten Bayer Uerdigen. Es war Funkels erste Trainerstation nach einer langen Ära als Spieler bei den Krefeldern. Einer seiner damaligen Spieler war Jos Luhukay, der unter Funkel einige Jahre später in Köln zu seinem ersten Co-Trainerjob kam. Am morgigen Sonntag treffen die beiden als Kontrahenten im Spitzenspiel der Zweiten Bundesliga aufeinander. Die einst als „Unabsteigbaren“ bezeichneten Bochumer sind letztes Jahr abgestiegen und gelten zusammen mit der Berliner Hertha und dem FC Augsburg zu den Aufstiegsfavoriten in dieser Saison. Sollte der FCA am dritten Spieltag in Bochum gewinnen und die Reise der Bochumer im Lauf der nächsten Spieltage nicht Richtung Erste Liga gehen, könnten die Tage von Bochums Chefcoach Funkel gezählt sein. Der Bochumer Anhang gilt in Trainerangelegenheiten nicht unbedingt als geduldig. Am zweiten Spieltag hat der VfL beim Aufsteiger Aue nicht überzeugt und verloren.
„Wir glauben an uns“
FCA-Trainer Jos Luhukay sitzt sicherer denn je auf seinem Augsburger Trainerstuhl, obwohl der FC Augsburg seit der Pokalniederlage in der vergangenen Saison in Bremen nicht mehr richtig in Form kam und auch derzeit weit unter seinen Möglichkeiten spielt. Trotzdem sind die Augsburger gut in die Saison gestartet. Nach dem optimalen Startergebnis mit sechs Punkten aus den ersten beiden Ligaspielen, geht Jos Luhukay selbstbewusst in die Partie: “Wir glauben an uns und wollen diesen optimalen Start auch in Bochum fortsetzen”, so Luhukay, der dennoch Respekt vor dem Gegner hat. “Bochum gehört für mich neben Hertha BSC Berlin zu den Top-Teams der Liga und damit auch zu den Aufstiegsfavoriten. Sie haben eine eingespielte Mannschaft, die zwar im letzten Jahr nicht viele Erfolgserlebnisse hatte, aber qualitativ sehr gut besetzt ist”.
Der FC Augsburg und der VfL Bochum spielen zum ersten Mal gegeneinander. Die Statistik fängt somit am Sonntag an. Ein Sieg würde den FCA fester an der Spitze verankern und seinen Favoritenstatus mit einem dicken Ausrufezeichen versehen. Das sieht die Augsburger Vereinsführung in dieser Saison ähnlich. Für Peter Bircks gehört der FCA neben der Berliner Hertha und dem VfL Bochum zum erweiterten Kreis der Aufstiegsfavoriten. Dem will Bundesliga-Urgestein Friedhelm Funkel nicht widersprechen. Als sicheren Aufstiegsanwärter lässt Funkel aber nur die Berliner gelten: „Hinter Hertha kommen mehrere Klubs. Dazu gehören wir, Augsburg, Düsseldorf, Fürth, Cottbus und Duisburg“.