FCA: Gegen Hannover als Tiger abgesprungen, als Bettvorleger gelandet
Der FC Augsburg steht in der Quartalsbilanz in der Leistungsmitte der Fußballbundesliga: drei Siege, drei Unentschieden, drei Niederlagen – 12 Punkte nach neun Spielen. Ausgeglichener könnte eine Bilanz nicht ausfallen, doch das Bild ist trügerisch. Nach der dramatischen Heimniederlage gegen Hannover muss alles wieder auf Anfang.
Von Siegfried Zagler
Vier Punkte trennen die Augsburger von einem Champions League-Platz, fünf Punkte vom Relegationsplatz. Nach dem Ende der Startphase definiert der FCA mit seinen 12 Punkten das Mittelfeld, das es im Grunde in der Bundesliga erst ab dem 30. Spieltag gibt. Auch in diesem Jahr darf man damit rechnen, dass es wieder Klubs mit Achterbahnfahrten von der Abstiegsangst hin zur Euphorie der Europa League-Qualifikation und wieder zurück gibt. Der FCA könnte in dieser Saison einer dieser Klubs sein. Eine seriöse Prognose lässt sich jedenfalls noch immer nicht geben. Zu Paradox fällt die Punkteverteilung aus: Gegen Hannover und Hamburg verlor der FCA als eindeutig bessere Mannschaft. Beide Niederlagen trugen die gleiche Signatur: vorne mangelnde Verwertungstechnik, hinten zu fehleranfällig. Finnbogason, Gregoritsch, Schmid und Koo sind schwache Chancenverwerter – und hinten sind Danso und Co. öfters am Patzen als es in der Bundesliga erlaubt ist.
Gegen Hannover verschenkte man zuletzt drei Punkte aus Nachlässigkeit und Dummheit. Das mag ein wenig hart klingen. Doch wie ließe es sich schmeichelhafter umschreiben, wenn es einer haushoch überlegenen Heimmannschaft gelingt, eine Gästemannschaft stark zu machen, die 60 Minuten kein Bein vor das andere bringt? Der FCA ist gegen Hannover als Tiger abgesprungen und als Bettvorleger gelandet – im Krankenzimmer eines Klubs, der um seine Identität ringt und dessen innere Zerrissenheit bis unters Tribünendach zu spüren war.
Wenn man in der Bundesliga spielt, sollte man eine Mannschaft haben, deren Spieler in der Lage sein sollten, einfache Bälle zu stoppen. Stammspieler Finnbogason verstolpert jeden dritten Ball und vergibt Großchance um Großchance. Mit Alfred Finnbogason setzt sich eine Reihe von Zentrumsstürmern fort, die sich beim FCA nicht weiterentwickelten. Eine Reihe, die mit Mölders begann und über Bance, Matavz weiterlief und bei Finnbogason endet. Seit Thurks Abgang musste sich der FCA mit Mittelstürmern herumplagen, deren Stärken bestenfalls im Pressing zu erkennen waren. Mittelstürmer, die Probleme mit einfacher Ballkontrolle haben, schmerzen das Publikum und bringen Mannschaften aus dem Tritt. Sie sind nicht selten dafür verantwortlich, dass es abwärts geht.
Platz | Mannschaft | Spiele | S-U-N | Tore | Pkt. |
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1. | FC Bayern München | 34 | 27-03-04 | 92:28 (+64) | 84 |
2. | FC Schalke 04 | 34 | 18-09-07 | 53:37 (+16) | 63 |
3. | 1899 Hoffenheim | 34 | 15-10-09 | 66:48 (+18) | 55 |
4. | Borussia Dortmund | 34 | 15-10-09 | 64:47 (+17) | 55 |
5. | Bayer 04 Leverkusen | 34 | 15-10-09 | 58:44 (+14) | 55 |
6. | RB Leipzig | 34 | 15-08-11 | 57:53 (+4) | 53 |
7. | VfB Stuttgart | 34 | 15-06-13 | 36:36 (0) | 51 |
8. | Eintracht Frankfurt | 34 | 14-07-13 | 45:45 (0) | 49 |
9. | Borussia Mönchengladbach | 34 | 13-08-13 | 47:52 (-5) | 47 |
10. | Hertha BSC | 34 | 10-13-11 | 43:46 (-3) | 43 |
11. | Werder Bremen | 34 | 10-12-12 | 37:40 (-3) | 42 |
12. | FC Augsburg | 34 | 10-11-13 | 43:46 (-3) | 41 |
13. | Hannover 96 | 34 | 10-09-15 | 44:54 (-10) | 39 |
14. | 1. FSV Mainz 05 | 34 | 09-09-16 | 38:52 (-14) | 36 |
15. | SC Freiburg | 34 | 08-12-14 | 32:56 (-24) | 36 |
16. | VfL Wolfsburg | 34 | 06-15-13 | 36:48 (-12) | 33 |
17. | Hamburger SV | 34 | 08-07-19 | 29:53 (-24) | 31 |
18. | 1. FC Köln | 34 | 05-07-22 | 35:70 (-35) | 22 |
Der Matchplan gegen Hannover hat nicht funktioniert. Das muss nicht immer am Trainer liegen. In diesem Fall muss man Manuel Baum jedoch den Vorwurf machen, dass er in der Matchphase drei, als der FCA sich tiefer stellte, um mit langen Bällen zu operieren, Finnbogoson viel zu spät vom Platz nahm. Finnbogasons Aufstellung lässt sich ohnehin nur mit der Taktik des intensiven Pressings rechtfertigen.
Beim FCA fehlt der Sinn für das maßgerechte Haushalten: Nach vorne viel investieren, ohne zu übersteuern und ohne die Abwehr zu weit zu öffen. Hinten kompromislos sichern, ohne einfach die Bälle nach vorne zu schlagen. Bis auf die Mittelstürmerposition ist der Kader wohl gut genug, um sich Abstiegssorgen vom Leib zu halten. Gegen Hoffenheim hätte der FCA gewinnen können, gegen Hannover gewinnen müssen. Dann hätte man sich aus Augsburger Sicht gegen Bremen (am Sonntag/ 15.30 Uhr) auf angenehme Weise unter Erfolgsdruck setzen können. Was allein schon deshalb wohltuend gewesen wäre, um den Abschied vom Augsburger Demuts- und Bescheidenheitsmuster einzuleiten. Der FC Augsburg muss sich nämlich neue Ziele setzen. Ein Verein, der nicht mehr will, als nicht absteigen, stirbt im Lauf der Jahre an Bescheidenheit und verliert zudem an Glaubwürdigkeit und Zuschauerinteresse.