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Sonntag, 21.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Das M.T.heatre auf dem Weg zu den Bayerischen Theatertagen

„Schule ist mehr“ – mit diesem Motto ist die Grafik (Nontira Kigle) zum Leitbild des städtischen Maria-Theresia Gymnasiums überschrieben. Einen wichtigen Baustein bilden hierbei Kreativprojekte, aus denen die Aufführungen des M.Theatres seit vielen Jahren herausragen. Nach der Verjüngung an der Spitze der MT-Theatertruppe – erstmals führte das Tandem Katja Bergmann und Markus Chech Regie – war das Publikum auf deren Premiere und die Aufführungen des Stücks „Der junge Hitler“ von Franzobel in der letzten Schulwoche vor den Osterferien besonders gespannt.

Von Udo Legner

Grafik: MTG - Schule ist mehr. (c) NONTI

Grafik: MTG - Schule ist mehr (c) NONTI


Schwerer Tobak für ein Schultheater war die Wahl des Stücks „Der junge Hitler“. Hiermit setzten sich die Newcomer-Regisseure mit ihrer neuen Truppe programmatisch von dem bisherigen Kurs des M.Theatres ab, das seinem Publikum in den letzten Jahren meist leichte Komödien als Unterhaltungskost kredenzt hatte.

In Franzobels Stück „Der junge Hitler“ wird die Frage gestellt, ob Hitler zu verhindern gewesen wäre, wenn man ihn rechtzeitig einer psychiatrischen Behandlung unterzogen hätte. Oscar, Peter und die Weinigerin sind die Patienten im sogenannten Hitlerzimmer und sie haben eines gemeinsam: sie sind alle wegen Hitler wahnsinnig geworden. Bei der Weinigerin war es die Auseinandersetzung mit “Mein Kampf”, den Führerreden und den Nürnberger Prozessen und – runder Gag mit Rand – Lebkuchen, die sie ins Irrenhaus brachten. Besessen von der Idee, die Welt vor Hitler zu bewahren, eifert und geifert sie pausenlos und ruft zum Feldzug und totalem Krieg für den Frieden auf. Sie bringt das Pflegertrio dazu, ihre Dissertation über Hitlers Leben als Theaterstück zu inszenieren. Anfangs noch widerwillig, lassen diese sich mit zunehmender Begeisterung darauf ein. Am Ende nimmt das Stück einen unerwarteten Verlauf. Dem Publikum und auch den Akteuren ist bald nicht mehr klar, wer hier Patient und wer hier Arzt ist. Die vermeintlich Irren entpuppen sich als Professoren, die an den verführten Pflegern ein Experiment durchführen.

Franziska Rosenbaum als Weinigerin. Foto: Martin Aulbach

Franziska Rosenbaum als Weinigerin. Foto: Martin Aulbach


Wer A sagt, will auch B sagen

Dass dieses irre Verwirrspiel am Ende aufgeht und die M.T.heatre-Truppe vom Publikum mit minutenlangen Standing Ovations gefeiert wurde, hatte viele Gründe. Dies lag zum einen am perfekten Zusammenspiel der Akteure und der geradezu professionellen Textsicherheit, die ein äußerst intensives Spiel ermöglichte. Herausragend in Sachen Intensität Franziska Rosenbaum, der die Rolle der Weinigerin geradezu auf den Leib geschnitten war. Ihre irre Performanz trug das gesamte Stück und glich einem Geistertanz der Geierwalli mit den drei Hexen in Macbeth. Auch die beiden anderen Insassen, Lars Reinecke als Peter – besonders bei seinem chaplinesken Auftritt als Hitler – und Paula Keckeisen als Oskar gaben dem Stück eine Aura, wie sie von der Guckkastenbühne der altehrwürdigen MT-Turnhalle schon lange nicht mehr versprüht worden war. Dass die drei Pfleger, Benedikt Schalk (als Niki Haltlos), Mert Yilmaz (als Kevin Kopflos) und Helena Kahn (als Michi Mundlos) bei diesen Sternstunden des Schultheaters etwas weniger im Rampenlicht standen, lag – Nomen est Omen – weniger an deren minderen schauspielerischen Qualitäten – Mert Yilmaz hatte bereits im letzten Jahr bei dem vielbeachteten Bad Boys-Projekt des Augsburger Stadttheaters geglänzt, als an ihren etwas weniger ausgebauten Rollen.

Großes Lob verdienten auch das minimalistische Bühnenbild und die Kostüme (Rebecca Bilger und Katja Bergmann) sowie die Technik-Crew des M.Theatres, die nicht wenig Anteil an diesem M.T.heatre-Erfolg hatten. Einziger Kritikpunkt: Vor der Pause hätten der Aufführung ein paar Textstreichungen und die Fokussierung auf die Kernaussagen gut getan. Für die M.T.heatre-Truppe, die fast ausnahmslos aus Schülern des Abschlussjahrgangs bestand, beginnen gleich nach den Osterferien die Abiturprüfungen. Dass diese ebenfalls in der MT-Turnhalle über die Bühne geben, sollte ein gutes Omen sein. Nach dem Abitur kann nach Vorstellung der Regisseure und Schauspieler der Ernst des Lebens ruhig noch etwas auf sich warten lassen. Dann soll es nämlich – darauf hoffen jetzt alle – erst einmal zu den Bayerischen Tagen nach Bamberg gehen.