DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

CSU: Die ewige Lust an der Destruktion

Kommentar von Siegfried Zagler

“Es ist immer so. Man versteht nie etwas. Eines Abends endet es damit, dass man daran stirbt.” (Eddie Constantine in Jean-Luc Godards Film “Alphaville”)

Wer die CSU in Augsburg verstehen will, tut sich schwer. Wenn man es nicht schwer haben will, dann das geht so: In Augsburg stehen sich in der CSU zwei Lager unversöhnlich gegenüber: Die einen stehen hinter Christian Ruck und OB Gribl, die anderen gruppieren sich im Kreisverband West um Tobias Schley und die so genannte NAM (Neue Augsburger Mitte) um Baron von Hohenhau, der unverdrossen Politik gegen den Bahnhofsumbau macht, weil er meint, es gehe der Stadt nicht darum, die Straßenbahn unter die Erde zu kriegen, sondern soviel Geld wie möglich zu verschwenden.

Wenn man also meint, dass sich in der CSU zwei Lager gebildet hätten, die kriegerisch mit einem hohen Maß aus Überzeugung um Inhalte ringen – oder eben auch „nur“ um den Bahnhofsumbau, dann liegt man falsch. Besser gesagt: ganz falsch, auch wenn die Protagonisten des Streits gerne die Legendenbildung der Inhaltsorientierung pflegen. Der Zwist in der CSU geht tiefer und das ganze Ausmaß der Abgründe, in die man hineinschauen muss, wenn man verstehen will, hat eine Dimension, die einem Drama aus Shakespeares Feder gleicht. Nun soll also CSU-Urgestein Bernd Kränzle auf die Opferbank geführt werden.

„Bernd Kränzle hat Kurt Gribl zum OB gemacht, ihm Vieles aus dem Weg geräumt, dafür gesorgt, dass er die Mehrheiten im Stadtrat bekommt, was nicht immer leicht war und nun unterschreibt Gribl so einen billigen Antrag“, so ein CSU-Stadtrat zur DAZ.

„Nehmt ihr Ruck aus dem Spiel, nehmen wir Kränzle raus“

Kränzle habe während seiner Ägide zu vielen Leuten zu viel versprochen, weil er es jedem recht machen wollte. Ruck habe ein wildes Chaos übernommen, ohne erkennbare Strukturen und mit jeder Menge Befindlichkeiten, die aus Hinterzimmerpolitik und damit verbundenen Versprechungen, die nicht alle eingehalten werden konnten, entstanden seien. So kann man Rucks Aussagen im DAZ-Interview interpretieren. Kränzle habe bei Rucks Entmachtung mitgespielt, weil Ruck ihn zu wenig schätze und ihn ausgegrenzt habe. Und nun bilden sich die unterschiedlichsten Allianzen, da der Zeitpunkt günstig sei, um alte Rechnungen zu begleichen. „Nehmt ihr Ruck aus dem Spiel, nehmen wir euren Kränzle raus.“ Ist das Theater um den Fraktionsvorsitzenden nur eine kindische Retourkutsche oder steckt möglicherweise eine taktische Überlegung dahinter? Würde sich Johannes Hintersberger davon abbringen lassen, gegen Ruck anzutreten, wenn er Kränzles Job bekäme? Falls an beiden Gedanken nur ein Jota dran sein sollte, müsste man den Unterzeichnern des „Antrages gegen Kränzle“ eine schwer heilbare Naivität attestieren. Falls nichts dran sein sollte, fiele die Diagnose auch nicht besser aus.

Die Aktion der dreizehn Krieger gebiert Ungeheuer

Bernd Kränzle hat sich entschlossen, sich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Damit ist das Vorhaben der Antragsteller, Kränzle aus dem Spiel zu nehmen, bereits gescheitert. Eine Zweidrittelmehrheit für einen Gegenkandidaten wird sich nicht finden lassen. Gribl und Ruck haben sich weder bei der Wahl des Vorsitzenden des Kreisverbandes West noch bei der Ausbootung von Bernd Kränzle klug angestellt. Charmanter kann man die Anfängerfehler des Parteivorsitzenden und des Oberbürgermeisters nicht umschreiben. Auf der CSU-Klausur in Bad Wörishofen am 12. März hat man Bernd Kränzle noch in seinem politischen Tun bestärkt. Er solle dann aufhören und seinen Nachfolger bestellen, wenn er meine, dass es dafür Zeit sei. So will es Kränzle halten. Und bis 2014 wird er möglicherweise der Stadtregierung noch die eine oder andere Abstimmungsmehrheit organisieren. Oder vielleicht auch nicht, denn eine Aktion wie die der dreizehn Krieger gebiert Ungeheuer und das Gift, das für Kränzle bestimmt war, wird kaum den Weg zurück in den Giftschrank finden. Dafür ist in der CSU die Lust an der Destruktion zu tief verankert.