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Donnerstag, 09.10.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Chatkontrolle: FDP warnt vor „Dammbruch für digitale Grundrechte“

Die FDP hat eine Petition gestartet, um gegen die geplanten EU-weiten Regelungen zur soge­nannten Chat­kontrolle zu protestieren. Die Liberalen sehen darin eine massive Bedrohung der digitalen Privat­sphäre und der Freiheit aller Bürger. Messenger-Dienste wie WhatsApp und Signal sollen ver­pflichtet werden, Nach­richten vor dem ver­schlüs­selten Versenden auf verdächtige Inhalte zu scannen.

Von Bruno Stubenrauch

Screenshot Petitionsseite, zum Besuchen anklicken

Die FDP kritisiert den Vorschlag scharf als einen „Dammbruch“ für die digitale Grund­rechte­architektur in Europa, da er zu anlassloser Massen­über­wachung führe und die Bürger unter General­verdacht stelle (DAZ berichtete). Anstatt auf fehler­anfällige Über­wachungs­techno­logie zu setzen, fordert die FDP gezielte, rechtsstaatliche Ermittlungs­instru­mente und eine bessere Ausstattung der Straf­verfolgungs­behörden.

EU-Abstimmungstermin und deutsche Position

Die Entscheidung über die umstrittene Chat­kontrolle im EU-Ministerrat (Rat der Europäischen Union) steht kurz bevor, voraus­sichtlich am Dienstag, den 14. Oktober 2025.

Die Position Deutschlands gilt als ent­scheidend für den Ausgang der Abstimmung. Aktuell besteht ein Ressort-Konflikt in der schwarz-roten Koalition:

Die Bundesministerin der Justiz, Dr. Stefanie Hubig (SPD), lehnt die Pläne klar ab und argu­mentiert, die anlass­lose Massen­über­wachung verstoße gegen die Grund­rechte und den Rechts­staat. Im Gegen­satz dazu wird das Bundes­innen­mini­sterium (CSU) das Vorhaben tenden­ziell unter­stützen, da es als wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Kindes­miss­brauch gesehen wird. Die finale Stimme Deutschlands hängt somit von der Einigung zwischen diesen Ministerien ab.

Modalitäten der EU-Ratsabstimmung

Die Entscheidung über die Verord­nung im EU-Ministerrat (Justiz und Inneres) erfolgt in der Regel mit qualifizierter Mehrheit. Für eine qualifi­zierte Mehrheit ist erforderlich:

  • Mindestens 55% der Mitgliedstaaten
    (derzeit 15 von 27);
  • diese Staaten müssen zusammen mindestens 65% der Gesamtbevölkerung der EU repräsentieren.

Umgekehrt kann ein Vorhaben durch eine Sperr­minorität blockiert werden. Dafür sind nötig:

  • Mindestens 4 Mitgliedstaaten, die den Vorschlag ablehnen;
  • diese ablehnenden Staaten müssen zusammen minde­stens 35% der EU-Bevölkerung repräsen­tieren.

Da Deutschland das bevölkerungs­reichste EU-Land ist und die Mitglied­staaten Luxem­burg, Öster­reich und Polen ebenfalls Bedenken geäußert haben, ist die deutsche Stimme maß­geblich dafür, ob die Gegner der Chat­kontrolle die nötige Sperr­minorität erreichen können.


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