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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Phantasie an die Macht

Zur Ablehnung des Theater-Wirtschaftsplans durch „Die Linke“ im Stadtrat

„Phantasie an die Macht“ war einer der originelleren Sprüche der 68er. Nicht nur Linke wäre gut beraten, diesem Slogan von Zeit zu Zeit zu folgen. Nun wollen wir Augsburgs Kultur-Bürgermeister Phantasie gar nicht vollständig absprechen. Seine Phantasie scheint sich jedoch vor allem auf kreative Buchführung und deren erstaunliche Begründung zu konzentrieren.

So hat Herr Grab bei der Erstellung des Wirtschaftsplans des Theaters im Sommer dessen Kaufmännischen Direktor eine erhöhte Zuwendung des Freistaats von 640.000 Euro hineinschreiben lassen, ohne die der Etat bei weitem nicht ausgeglichen wäre.

Noch kurz vorher hat er in einer internen Beratung der Stadtratsfraktionen und -gruppen wahrheitsgemäß betont, dass er diesbezüglich nichts versprechen könne. Die Erhöhung von Seiten des Freistaats war erst für spätere Jahre avisiert worden.

Wenn man sehr wohlwollend ist, könnte man sagen, nun gut, wenn der Kulturausschuss diesen Plan vorläufig beschließt, ist noch nichts kaputt: Bis zur endgültigen Beschlussfassung im Oktober durch den Stadtrat kann der Referent das ja in harten Verhandlungen erreicht haben. Tatsächlich hatten im Juli noch gar keine Verhandlungen stattgefunden, der Freistaat wusste nichts von seinem „Glück“. Und seither wurde wohl darüber gesprochen, das Land hat aber keine Bereitschaft für eine Erhöhung der Zuwendung gezeigt.

Macht nix, meint Herr Grab: Man könne es dennoch in den Wirtschaftsplan schreiben, schließlich wolle der Stadtrat doch jetzt nicht legitime Forderungen aufgeben.

Leider ist die Zeit längst vorbei, in der Wünschen etwas geholfen hat. Und es bleibt abzuwarten, ob zum Beispiel Handwerker oder Schauspieler/innen fromme Wünsche als allgemeines Zahlungsmittel anerkennen.

„Die Linke“ im Stadtrat hat den Wirtschaftsplan nicht nur deshalb abgelehnt: Es wurde zudem eine pauschale Erhöhung der Eintrittspreise um 2,50 € vorgenommen. An sich ist gegen eine Anpassung nichts einzuwenden: Sie sollte aber sozial gestaffelt werden: Auf den günstigen Plätzen im Kinder -und Jugendtheater sollte keine Erhöhung stattfinden, der „Unternehmersgattin aus Aystetten“ (Mitberichterstatter Jäckel) würde eine stärkere Erhöhung bei der Opernpremiere hingegen wenig ausmachen. Für solche Erwägungen äußern andere Parteien im Stadtrat zwar verbale Zustimmung, winken aber die pauschale Erhöhungen dennoch durch: Das Bildungsbürgertum will unter sich bleiben.

 

Benjamin Clamroth

Stadtratsgruppe DIE LINKE