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Freitag, 19.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Neue Wege gegen alte Demagogen

Anhebung von Arbeitslosengeld II und Einführung einer Sozialcard in Augsburg



Man hätte meinen können, dass diejenigen, die seit 20 Jahren lauthals verkünden, Sozialabbau und Schikane von Arbeitssuchenden (“Fordern und Fördern”) brächte die Wirtschaft zum Blühen und senke die Langzeitarbeitslosigkeit drastisch, kleinlaut geworden seien. Schließlich ist infolge der Finanzkrise die Arbeitslosigkeit wieder gestiegen, nur durch Ausdehnung der Kurzarbeit aufgefangen. Und schließlich hat das Bundesverfassungsgericht doch deutlich gemacht, dass die Regelsätze des Arbeitslosengeldes gegen die Menschenwürde verstossen. Das Gericht hat ferner festgestellt, dass die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums für Hilfebedürftige ein Grundrecht ist. Zu diesem Existenzminimum gehören auch die Mittel, die unerlässlich sind, um in einem Mindestmaß am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben teilzuhaben.

Doch weit gefehlt, die (a)soziale Demagogik feiert fröhliche Urstände – insbesondere in Gestalt einer schäumenden Westerwelle. Von spätrömischer Dekadenz war die Rede. Diese Demagogik spaltet die Gesellschaft und löst kein Problem. Rom ist wohl eher zugrunde gegangen, weil die Oberschicht den finanziellen Beitrag zum Erhalt des Reiches nicht mehr leisten wollten und schlecht bezahlte Arbeitskräfte (Sklaven, Leibeigene) unproduktiv waren.

Es ist richtig, dass Arbeit sich wieder lohnen muss – und dazu brauchen wir flächendeckende, existenzsichernde Mindestlöhne. Es ist schlicht menschenverachtend, zu sagen, wir wollen Menschen mit Kindern nur vier bis fünf Euro zahlen, und deshalb müssen Arbeitslose mit Kindern noch weniger bekommen. So nach dem Motto: wir sind alle für Menschenwürde – außer natürlich, sie kostet Geld. Zumal der Verzicht auf den sinnlosen Krieg in Afghanistan und das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, in der Kommune der Verzicht auf sinnlose Prestigeprojekte wie die Kongresshalle, Neue Messehallen oder den Flughafen viel Geld in die Kassen spülen würde.

Diese soziale Demagogie wird leider nicht nur von FDP-Politikern vertreten, auch in einem Hamburger Nachrichtenmagazin

lautet die Argumentation, man müsse Kindern nicht mehr zahlen, weil es die Tafel gebe – der Ersatz eines Rechtsanspruchs durch ein Almosen. Und es gebe überall ein Sozialticket oder eine Sozialcard, mit der Bedürftige den ÖPNV und Kulturelle Einrichtungen gegen einen geringen Betrag nutzen könnten.

Die Sozialcard gibt es zwar schon in einigen Städten wie Köln, München und Gera, was beweist, dass sie funktioniert und auch in finanziell schwierigen Zeiten machbar ist. In den meisten Großstädten, etwa in Augsburg, gibt es sie aber noch nicht. Vor etwa einem Jahr wurde die Sozialcard von der Linken Stadtratsgruppe gefordert. Die Mehrheit hat eine Überprüfung zugesagt. Es bildet sich im Moment ein Bündnis, das diese Forderung forciert. Die Augsburger Linke bleibt dran.

Augsburg, 21. Februar 2010

Benjamin Clamroth

Die Linke Kreisverband Augsburg