DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Corona und Politik

Freistaat startet Maßnahmenpaket zur Pandemiebekämpfung — Weihnachtsmärkte landesweit abgesagt

Im Kampf gegen die 4. Welle der Pandemie hat der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder die Reißleine gezogen. In Bayern werden Discos, Klubs und Bars dichtgemacht und ausnahmslos Weihnachtsmärkte abgesagt.

Abgesagt: Christkindlesmarkt Augsburg @ Lina Mann

Dies verkündete Söder heute um 13 Uhr nach einer Sitzung des Kabinetts. Bayern reagiert somit als erstes Bundesland auf die Extrembelastung des Gesundheitssystems durch rapide ansteigende Covid-19- Erkrankungen mit einem massiven Maßnahmenpaket. Am kommenden Dienstag muss der Bayerische Landtag den neuen Regularien noch zustimmen.
Corona-Hotspots mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 1000 müssen das öffentliche Leben schwer einschränken. Abweichungen wird es nur für Kitas, Schulen und den Handel geben. Alle Weihnachtsmärkte werden abgesagt. Bars, Discos und Klubs müssen zunächst für drei Wochen geschlossen werden. Es müsse dort Kontaktvermeidung verordnet werden, wo die meiste Ansteckungen stattfinden, so Söder, der für Ungeimpfte einen “De-facto-Lockdown” aufgrund der flächendeckenden 2G-Verordung definierte. Zusätzlich wird es im privaten Bereich tiefer gehende Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte geben. Sie dürfen sich nur noch mit maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen.
Söder: Ich habe auf die Eigenverantwortung der Veranstalter gehofft

Heute Abend noch 30.000 Zuschauer möglich. Ab Mittwoch nur noch 7.500: WWK Arena © DAZ

Kultur- und Sportveranstaltungen sollen nur noch mit einer Zuschauer-Auslastung von maximal 25 Prozent inklusive 2G-plus-Regel erlaubt werden. “90 Prozent der Coronapatienten in Krankenhäusern sind ungeimpft. Ungeimpft zu sein, ist ein echtes Risiko. Leider ist die Impfquote im Süden des Landes historisch niedriger als im Norden.” – So begründete Markus Söder Bayerns rigorose Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Der Freistaat will demnach nur den Handel von der 2G-Regel ausschließen, aber die Zahl der Kunden auf eine Person pro zehn Quadratmeter reduzieren. Die gesamte Gastronomie soll ab 22.00 Uhr schließen.
In Richtung der Stadtregierungen von Nürnberg und Augsburg konnte sich Bayerns Ministerpräsident einen Rüffel in Sachen Weihnachtsmärkte nicht verkneifen: Er habe auf die Eigenverantwortung der Veranstalter gehofft und sehe sich nun zu dem Schritt gezwungen. Für Beschicker, die die Absagen hart treffen würden, stellte Söder finanzielle Hilfen in Aussicht.

OB Eva Weber: Die Entscheidung tut mir vor allem für alle Marktkaufleute ungeheuer leid

Die Stadt Augsburg kommentierte am späten Nachmittag die Maßnahmen der Landesregierung. Für Oberbürgermeisterin Eva Weber sei die Entscheidung bei der herrschenden Infektionslage klar nachvollziehbar, wenn auch ausgesprochen bedauerlich: “Verantwortung zu übernehmen erfordert leider, auch harte Entscheidungen treffen zu müssen. Wir tragen diese zwar schweren Herzens, aber auch aus Solidarität mit”, so Weber, die sich dabei auf Klinikmitarbeiter bezog, “die sich im Gesundheitswesen gerade für uns alle aufreiben und seit Monaten jeden Tag und jede Nacht selbstlos an ihre Belastungsgrenzen gehen”. Auch für die Erkrankten und deren Angehörigen gelte die Solidarität der Stadt.

Weiter heißt es im Statement von OB Weber: “Die Entscheidung des Freistaats, die Weihnachtsmärkte auszusetzen, ist hart – nicht nur für die Menschen, die sich nach all der langen Zeit der Entsagung so sehr darauf gefreut haben und mit ihrer Impfung auch zur Bekämpfung der Pandemie beigetragen haben, sondern besonders für die betroffenen Marktkaufleute des Augsburger Christkindlesmarktes, die nach fast zwei Jahren so dringend auf diese Zeit angewiesen wären. Es stehen Existenzen auf dem Spiel. Wir haben bis zuletzt gehofft, dass eine solche Entscheidung nicht getroffen werden muss.” Nun sei es, so Weber abschließend an Bund und Land, die existentiellen Härten auszugleichen, um dafür zu sorgen, dass nächstes Jahr nach Beendigung der Pandemie die Marktkaufleute rund um den Christbaum die Adventszeit wieder bereichern können.

Wirtschaftsreferent Hübschle: Stadt hat bis zuletzt am Konzept gearbeitet

Mit einem hauseigenen Regel- und Hygienekonzept (weniger Buden und weiteren dezentralen Standplätzen in der Innenstadt) hatte die Stadt eine corona-angepasste Durchführung des Christkindlesmarktes vorbereitet. Dazu äußerte sich auch Augsburgs Wirtschaftsreferent Dr. Wolfgang Hübschle: “Die Stadt Augsburg hat bis zuletzt an Konzepten gearbeitet, damit der Christkindlesmarkt stattfinden kann, weil bei einer Absage des Christkindlesmarktes Verdrängungseffekte in geschlossene Räume befürchtet wurden. Auch schienen isolierte Verbote von Weihnachtsmärkten als Veranstaltungen unter freiem Himmel mit geringem Infektionsrisiko bei nur wenigen Einschränkungen in anderen gesellschaftlichen Bereichen mit höherem Infektionsrisiko zur Pandemiebekämpfung wenig geeignet”, so Hübschle, der die vom Freistaat vorgestellten Gesamtmaßnahmen zur Pandemiebekämpfung als notwendige und entscheidende Schritte bewertet: “Die Schließung von Bars, Clubs und Diskotheken, aber auch eine Sperrstunde ab 22 Uhr für die Gastronomie sind entscheidende Schritte in der Pandemiebekämpfung. Damit muss die Stadt Augsburg dann auch mit großem Bedauern den diesjährigen Christkindlesmarkt absagen.”