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Samstag, 23.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Bundesliga

FCA: Neustart mitten in der Saison

Seit Enrico Maaßen Cheftrainer beim FC Augsburg ist und mit Markus Krapf ein neuer Präsident die Zügel in der Hand hat, ist beim FCA eine neue Handschrift, eine neue Philosophie zu erkennen.

Von Siegfried Zagler

Mit Berisha und Demirovic wurden zwei Offensivkräfte kurz nach Beginn der Saison verpflichtet, die Raffinesse und Kampfkraft mitbrachten und mit ihren Abschlussqualitäten dem müden FCA-Sturm Beine machten. Und es wurde nachgelegt, sodass auch diese beiden positive Erscheinungen nicht zu Säulenheiligen mutieren, sondern harte Konkurrenz auf ihren Positionen erhalten haben.

Im Januar 2023 hat der FC Augsburg einen Wechseleifer hingelegt, wie man ihn bisher in der Bundesliga nur von Felix Magath trainierten Klubs kannte: Sieben neue Spieler schlüpften im Januar für die Fotografen ins FCA-Trikot, während drei Abgänge vermeldet wurden, die mehr Einnahmen brachten, als für die Neuzugänge ausgegeben wurde. Zwei davon spülen dem FCA zirka fünf Millionen Euro in die Transferkasse. Für Carlos Gruezo erhielten die Augsburger stolze drei Millionen Euro Ablöse vom MLS-Klub San Jose Earthquakes, Sergio Cordova soll nach Informationen der DAZ ebenfalls in die MLS wechseln – für zwei Millionen Euro Ablöse. Wie der Kicker berichtet, brachten die Ausleihmanöver von Lukas Petkov (Fürth), Raphael Framberger (Sandhausen) und Frederik Winther (Bröndby) zirka 300.000 Euro nach Augsburg, für Florian Niederlechner, der fest zur Berliner Hertha wechseln durfte, erhielt der FCA 400.000 Euro.

Auf Anhieb Stammspieler? Arne Engels Foto: FCA

Für die Verpflichtung des 20-jährigen Stürmers Dion Beljo von NK Osijek und den Transfer des 22-jährigen Außenverteidigers David Colina von Hajduk Split, musste der FCA 3,3 Millionen Euro berappen. Drei Millionen für Beljo, 300.000 für Colina. Für Arne Engels bezahlte der FCA an Brügge, wo er lediglich in der zweiten Mannschaft zum Einsatz kam, gerade mal 100.000 Euro Ablöse. Drei Granaten, die dem FCA sofort weiterhalfen – und dies für 3,4 Millionen Euro! Es folgten Irvin Cardona von Stade Brest für 500.000 Euro, Kelvin Yeboah ablösefrei mit Kaufoption von Genua und in letzter Sekunde vor Transferschluss kamen Nathanaël Mbuku (Stade Reims) mit 80 Pflichtspielen aus der 1. Liga Frankreichs und Renato Veiga für 200.000 Euro Leihgebühr mit Kaufoption von Sporting Lissabon. Mbuku, Engels und Beljo sind Spieler, die dem FCA sofort mehr Qualität in der Tiefe bringen. Bei den anderen Neuzugängen muss man mit Vorschusslorbeeren noch ein wenig warten. Yeboah kam in einer schlechten konditionellen Verfassung nach Augsburg, wurde zweimal eingewechselt und steuerte in jedem Spiel einen Assist bei. Feststeht jedenfalls, dass der FCA trotz der vielen Neuzugänge zirka eine Million mehr auf dem Konto hat als davor, was die Schwaben den satten Ablösesummen für Gruezo und Cordova zu verdanken haben.

“Hut ab!”, möchte man sagen, zumal die Neuen teilweise noch sehr jung sind, und somit noch genügend Entwicklung nach oben möglich ist.

Nach dem wohl dümmsten Bundesligatransfer aller Zeiten (pardon aber man kann es kaum anders sagen) – gemeint sind 16 Millionen versenkte Euro für einen Durchschnittskicker mit bestenfalls Zweitligaformat, scheint sich der FCA nach Hofmanns und Weinzierls Abgang auf eine Systemlinie a lá Freiburg einzupendeln. Möglich macht das neben einem Trainer, der bekannt dafür ist, junge Spieler weiter zu entwickeln, auch der neue Vorstandsvorsitzende Markus Krapf, der wohl außerordentlich intensiv an der neuen FCA-DNA mitarbeitet.

Die neue Philosophie des FCA ist nicht aus dem Hut gezaubert, und somit einfach zu beschreiben: Jede Position wird doppelt und gleichwertig mit jungen Spielern besetzt, die neben ihrem aktuellen Bundesligapotential auch die Option mitbringen, zu echten Spitzenspielern reifen zu können. Das ist leicht gedacht und noch leichter gesagt, da diese Philosophie mit Risiken verbunden ist, da die Leistungskurven der jüngeren Spieler oft sehr schwankend sind. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass der FCA mit seinem “Nichtabstiegsfußball” in den letzten Jahren sein Publikum vergrault hat – und aktuell deshalb mit einem verhaltenen Zuschauerzuspruch zu kämpfen hat.

Der “Code-Augusta” lautet also von nun an: “Vorwärts!” – Und dabei nicht vergessen, dass man nur mit einer starken Abwehr in der Bundesliga bestehen kann. Aus diesem Grund mutet es leichtfertig an, dass der FCA sein Torhüter-Problem schleifen lässt. Rafal Gikiewicz gehört eher ins untere Leistungssegment der Bundesligatorhüter und hinter ihm stehen Koubek und Co.. Das ist viel zu wenig für einen Bundesligaklub, der ein stärkeres Triebwerk zünden möchte, um in einen neuen Orbit zu kommen.

Morgen steht in der WWK-Arena Augsburgs “Problemgegner” Bayer Leverkusen auf dem Programm (20.30 Uhr). Der einzige Verein der Bundesliga, gegen den der FCA noch nie ein Heimspiel gewinnen konnte. Wer die Position des gelbgesperrten Demirovic einnimmt, ist nicht klar. Vermutlich wird Maaßen wie im Heimspiel gegen Gladbach rechts mit Maier und Pedersen beginnen. Interessant wird auch sein, wie viele Spielminuten Niklas Dorsch erhält. Sollte der FCA gegen Bayer im 24. Versuch seinen zweiten Bundesliga-Dreier einfahren, wäre das eine weitere Überraschung. Eine schöne Überraschung, denn in der Tabelle würde man sich dem Mittelfeld annähern.