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Mittwoch, 24.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Brahminen kontra Wagnerianer: Das erste Sinfoniekonzert der neuen Spielzeit

Die Gegenüberstellung zweier Komponisten, die zu ihrer Zeit das Publikum polarisierten, hatte sich Domonkos Héja als Einstieg in die neue Konzertsaison vorgenommen. Fast schien es, als wollte der GMD die Augsburger auch polarisieren, zur Entscheidung drängen. Für viele Konzertbesucher hörte sich das Thema wohl eher spröde an, denn es fanden sich ungewohnterweise doch noch recht viele freie Plätze. Diejenigen, die sich nicht abschrecken ließen, erwartete ein dichtes musikalisches Programm in hochkarätiger Aufführung.

Halrun Reinholz

Domonkos Héja

Domonkos Héja


Der erste Teil des Abends war Brahms gewidmet, der, obwohl zwanzig Jahre jünger als Wagner, als der Konservative galt. Nach dem Einstieg mit der „Tragischen Ouvertüre d-Moll“ folgten die nicht eben häufig gehörten „Vier ernsten Gesänge op. 121“. Bariton Oliver Zwarg, den das Augsburger Publikum als Gast bei „König Kandaules“ erleben durfte, intonierte die „gottlosen Kirchenkompositionen“ nach Texten aus der Bibel mit seinem angenehmen Timbre und erhielt den wohlverdienten Applaus vor der Pause. Bei aller Freude darüber, selten Gespieltes zu hören: Für  Brahms sind die beiden gewählten Werke nicht sehr typisch, also etwas unfair für einen „Wettbewerbsbeitrag“ mit dem „Kontrahenten“.

Im zweiten Teil erwiesen Orchester und Solist dann Richard Wagner, dem revolutionären Newcomer seiner Zeit, die Reverenz. Aus dem „Fliegenden Holländer“ gab es die Ouvertüre gefolgt vom Monolog des Protagonisten („Die Frist ist um …“). Mit dem Siegfried-Idyll wurden die zarten, lyrischen Aspekte von Wagners Musik sichtbar. „Wotans Abschied und Feuerzauber“ aus der Walküre machte schließlich wieder den Einsatz des (vor allem mit Bläsern) verstärkten Orchesters erforderlich. Anders als bei Brahms gab es bei den Wagner-Werken eher Bekanntes und Populäres, daher neigte sich die Gunst des Publikums wohl eher auf seine Seite. Zumal der Gesangssolist auch hier überzeugte.   Um wirklich „Brahminen“ und „Wagnerianer“ einem heute nicht so polarisierten Publikum in ihrer Konkurrenz nahezubringen, hätte man bei Brahms eingängigere und facettenreichere Musik wählen können.

Aber wir wollen Héja nicht unterstellen, Partei ergreifen zu wollen. Ohrwürmer bot der Abend jedenfalls nicht, aber sehr intensive Hörerlebnisse. Das Orchester (allen voran die Bläser) und sein GMD zeigten an diesem ersten Konzertabend wieder ihre Klasse, was das Publikum mit überzeugtem Applaus würdigte.