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Donnerstag, 21.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Blödheit und Korruption in Strunzenöd und anderswo

„Blödheit und Korruption in Strunzenöd und anderswo“, so könnte man Michael Altingers Auftritt in der Stadthalle Gersthofen betiteln

Michael Altinger in Gersthofen © Sabine Sirach

Dort stellte Michael Altinger sein Programm „Lichtblick“ vor –  den 3. Teil seiner Trilogie. Er singt, rockt, tanzt, blödelt, spielt Gitarre – aber vor allem bietet er Kabarett. Und alles im schönsten Niederbayerisch.

Gleich zu Anfang heizt Altinger dem Publikum mit seinem Rock-Lied zur E-Gitarre von Andreas Rother ein und aktiviert die Zuschauer, ihm nachzusprechen: „Wir hier drin sind die Guten, und draußen lauter Deppen!“

Altinger zieht über soziale Medien und andere Technologien her, mit dem Handy lässt sich allerhand „digitaler Schwachsinn“ erzeugen. In eine langweilige Party kann man Schwung bringen, indem man zum Googeln einlädt, etwa behauptet, James Dean und Helmut Kohl seien im selben Jahr geboren. Dann zieht es sich durchs Programm, wenn er immer wieder „Wissen, das man nicht googeln kann“ einschiebt – völlig abstruse Vergleiche und Assoziationen. Passend dazu singt er das Lied „Verarsch den Algorithmus“.

Ohnehin überrascht Altinger das Publikum mit seinem musikalischen Können: Er singt Lieder, spielt selbst auf der Gitarre und bringt sogar Musical-Gesangseinlagen, mit richtig guter Stimme! Während des ganzen Programms gibt es musikalische Untermalung mit Akustik- und E-Gitarre von Andreas Rother – die beiden sind ein eingespieltes Team. Seinen geduldigen Freund Andy veralbert er immer wieder, der gibt ihm aber auch Kontra.

In großzügiger Beliebigkeit zielt er auf Impfgegner, gutgläubige Homöopathie-Anhänger, die Eingeladenen in VIP-Lounges (mit goldenem Bändchen am Arm), Bully-Bus-Fans (wie seinen Gitarristen, der hat einen Bully), allzu hohes Anspruchsdenken und Nostalgiker. Dennoch singt Altinger ein versöhnliches Lied mit dem Refrain „Ich find dich gar nicht blöd, nur deine Meinung“.

Er mokiert sich darüber, dass Freiwilligkeit in Deutschland nicht funktioniert, sichtbar etwa bei der Diskussion ums Tempolimit: Wenn die zwei Drittel der Deutschen, die für ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen sind, freiwillig 130 fahren würden…aber nein, das funktioniert eben nicht.

Gegen die „Arschloch-Kinder“ heute und damals singt er in seinem Lied „Rockstar wern“ an: Der Bua, der nach dem Wunsch seiner antiautoritären Eltern Rockstar werden soll, entwickelt sich zum Spießer, trägt Bundfaltenhosen und studiert BWL!

Frauen, Bürgermeister und Korruption in Strunzenöd

Sein fiktives Heimatdorf Strunzenöd muss für so manche gesellschaftstypischen Phänomene herhalten. 

Der Mann ist ein Macho, weil er Angst hat; schließlich sind Frauen besser gebildet, ertragen Schmerzen besser und sind fleißiger. Aber: „In Strunzenöd haben wir ein Matriarchat! Man beugt sich den Wünschen der Frauen, denn die Frauen von Strunzenöd wollen starke Männer – weswegen sich die Männer als extreme Machos entpuppen!

Zwischendurch ehrt Altinger immer wieder Helmut Lux, den Bürgermeister von Strunzenöd, mit Gedichten auf einem Zinnzeller – allesamt geblödelt nach dem Motto „Reim dich, oder ich fress dich“.

Richtig gutes Kabarett bietet er am Schluss mit seiner bissigen Kritik an der Korruption in Strunzenöd: Der Bürgermeister Helmut Lux lässt gegen Proteste eine Startrampe mitten ins Wasserschutzgebiet bauen, aber wenn er dann ein Frühlingsfest organisiert, sind alle wieder gut. In Strunzenöd gibt es viele Frühjahrs-, Sommer- und Herbstfeste, und so wird jeder Konflikt gelöst.

Nach der Zugabe mit dem „Rocklied“ vom Anfang macht Altinger Werbung für Kleinkunst, Kabarett und Theater: Durch Corona sei viel Publikum verloren gegangen (was auch an der recht kleinen Zuschauerzahl in Gersthofen zu sehen war) und die Leute blieben daheim auf dem Sofa. Kabarett solle man aber gemeinsam erleben, dann mache es ja besonders Spaß. Wie dieser Abend bewies.